TÜBINGEN. Im Streit um gekürzte Kita-Öffnungszeiten in Tübingen hat Oberbürgermeister Boris Palmer vorgeschlagen, ukrainische Flüchtlingskinder in Spielgruppen statt in Kitas unterzubringen. »Momentan haben die Kinder von Geflüchteten das gleiche Recht auf einen Kita-Platz wie alle anderen. Da kann man Abstriche machen«, sagte Palmer in einem Interview der »Zeit«, das als Gespräch mit betroffenen Tübinger Eltern geführt wurde. Wer neu in Tübingen ankomme, benötige nicht dasselbe Betreuungsangebot wie beispielsweise die alleinerziehende berufstätige Mutter, die bei dem Gespräch dabei war. Palmer sagte weiter: »Mir ist klar, dass mir so ein Vorschlag den Vorwurf der Diskriminierung einbringen würde, aber er entlastet die Kitas.«
Auf Rückfrage der Mutter sagte der Oberbürgermeister, er behaupte nicht, die Geflüchteten seien das Problem. »Ich sage nur: Irgendwo müssen wir kürzen. Das Problem ist, man kann einem Nackten nicht in die Tasche greifen.«
Der oft polarisierende Palmer hatte im Januar seine dritte Amtszeit als Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen angetreten. Seine Mitgliedschaft bei den Grünen ruht bis Ende 2023 wegen eines Streits um Tabubrüche und Rassismusvorwürfe.
Der Fachkräftemangel in Kitas beschäftigt derzeit Eltern und Politiker. Das Thema hatte neue Brisanz bekommen mit der Entscheidung des Tübinger Gemeinderats, dass zahlreiche Kitas in der Stadt künftig wegen Personalmangels die Öffnungszeiten verkürzen müssen. Viele Eltern bringt das in die Bredouille, ganze 50 Gruppen der städtischen Kitas schließen dann schon um 13.15 Uhr. Auch in anderen Städten kündigten einzelne Kindertagesstätten an, demnächst früher schließen zu müssen. (dpa)