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Aktuell Volksverhetzung

Ofterdinger vor Gericht: Nazi-Vergleich kein Witz

Die Anklage lautete: Volksverhetzung und Angriff auf Beamte – am Donnerstag hatte sich Querdenker Manuel Tharann vor dem Landgericht Tübingen zu verantworten.

Das Gerichtsgebäude in der Tübinger Doblerstraße.
Das Gerichtsgebäude in der Tübinger Doblerstraße. Foto: Foto: Archiv
Das Gerichtsgebäude in der Tübinger Doblerstraße.
Foto: Foto: Archiv

TÜBINGEN. In seinem damaligen Wohnort Ofterdingen veranstaltete Manuel Tharann am 14. und am 28. Mai 2021 Protest-Kundgebungen gegen die Maßnahmen der Regierung während der Corona-Pandemie. In seiner Rede geißelte er die damals eingeführten Regelungen des Staates, allen voran die Pflicht, in der Öffentlichkeit Maske zu tragen, als Misshandlung vor allem an Kindern.

Während der zweiten Kundgebung wiederholte er, was er zwei Wochen zuvor über die während der Corona-Zeit impfenden Ärzte geäußert hatte: »Mengele« sei »ein Witz dagegen!« Damit meinte er das Vorgehen des Nazi-Arzts und Kriegsverbrechers Josef Mengele, der im Konzentrationslager Auschwitz Millionen Menschen in den Tod geschickt hatte. Zwei Besucher der Kundgebung, die gestern als Zeugen geladen waren, zeigten Tharann an.

Entgegen seiner Ankündigung erschien der Angeklagte vor Gericht

Entgegen seiner Ankündigung am ersten Verhandlungstag vor etwas über zwei Wochen erschien der heute 44-Jährige gestern vor dem Gericht. Die Anklage der zweifachen Volksverhetzung wegen des Mengele-Vergleichs bezeichnete er als »absurd.« Dabei bestätigte der Angeklagte die Vorwürfe. Staatsanwalt Lukas Bleier: »Er hat den Vergleich bewusst gezogen.«

Tharann, erneut ohne Verteidiger, hielt an seiner Überzeugung fest, die Impfungen seien mit Menschenversuchen gleichzusetzen. Dagegen anzugehen bezeichnete er als Zivilcourage, dies nicht zu tun ebne »den Weg ins vierte Reich.« Er habe den schlimmsten Vergleich gewählt, der ihm eingefallen sei. Damit habe er Aufmerksamkeit erregen und Wirksamkeit erzielen wollen, um seiner Argumentation Nachdruck zu verleihen: »Sonst schlafen die Leute ein.«

»Die freie Meinungsäußerung gilt nicht uneingeschränkt«, hielt ihm Staatsanwalt Bleier in seinem Plädoyer entgegen. Man könne über die Corona-Impfungen denken, was man wolle. Sie seien jedoch nicht im Entferntesten mit dem Völkermord der Nationalsozialisten vergleichbar. Und solch ein Vergleich stehe vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte unter Strafe. »Nach hiesiger Auffassung handelt es sich dabei um Volksverhetzung«, stellte Bleier fest.

Die freie Meinungsäußerung gilt nicht uneingeschränkt

2021 handelte sich der heute im spanischen Andalusien lebende Tharann zwei weitere Verfahren ein, die ebenfalls mit Corona zu tun hatten: Zum einen wurde er während einer Querdenken-Veranstaltung wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt verhaftet. Zum anderen geriet er in einer Tankstelle, die er ohne Maske betreten hatte, aus diesem Grund in Streit mit einer Angestellten und einem Kunden. Beide Verfahren hatten Auswirkungen auf das gestrige Urteil: Richterin Elena Weber verhängte eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen á 68 Euro.

Wegen tätlichem Angriff auf Polizeibeamte mit versuchter Körperverletzung während einer Durchsuchung in seinem damaligen Ofterdinger Haus verhängte Richterin Weber eine weitere Geldstrafe von 120 Tagessätzen in Höhe von 50 Euro. Macht zusammen 14.160 Euro. (GEA)