MÖSSINGEN. Es war ein Blick zurück und nach vorn im Mössinger Gemeinderat: zuerst die Einbringung des Haushalts 2025, gleich danach die Verabschiedung des Nachtragshaushalts 2024. Was beiden gemeinsam ist: Beide Jahre sind gekennzeichnet durch ein Defizit im Haushalt, das aus den Rücklagen gedeckt werden kann, und in beiden Jahren muss die Stadt nach einer langen Phase ohne neue Schulden wieder Kredite aufnehmen. Und: Im neuen Haushalt tauchen viele altbekannte Posten wieder auf.
Manche, weil sich Vorhaben über Jahre hinziehen wie der Bau des Kinderhauses Hinter Höfen oder die Sanierung der Öschinger Filsenbergschule. Andere müssen einfach weitergeschoben werden wie die Erneuerung der Bahnbrücke im Bereich Ernwiesen in Belsen, eine Aufgabe der Bahn, an der sich die Stadt aber mit insgesamt 1,975 Millionen Euro beteiligt, weil sie damit Verbesserungen für den Verkehr erreichen will. Weil die Bahn sich mit dem beauftragten Unternehmen überworfen hat, ist in diesem Jahr nichts daraus geworden. Angepeilt für den Bau ist jetzt die zweite Hälfte des nächsten Jahres. Dafür ist eine Million Euro im Haushalt, der Rest folgt 2026.
Besonders bitter für Mössingen ist beim Blick auf den Nachtragshaushalt, dass der Stadt mindestens 400.000 Euro an Einnahmen aus Bußgeldern entgehen. Als Folge des Cyberangriffs vom November vergangenen Jahres konnten Filme aus den Blitzern über mehrere Wochen nicht ausgewertet und die Bescheide nicht innerhalb der Verjährungsfrist festgesetzt werden. Da hilft auch keine Cyberversicherung: Sie ersetzt den Einnahmeausfall nicht.
Viel Lust auf Rückblick hatte der Gemeinderat nicht. Ohne eine Wortmeldung dazu wurde der Nachtragshaushalt einstimmig beschlossen.
Dafür ging der Blick bei der Einbringung des Haushalts 2025 weit nach vorn, auch wenn es bei den Investitionen vor allem darum geht, bereits begonnene Maßnahmen abzuschließen. Ansonsten legt OB Michael Bulander Wert auf »eiserne Disziplin« bei den Ausgaben. »Die Unterhaltungsmaßnahmen decken nur die allerdringlichsten Maßnahmen ab«, erklärte er. »Für den dauerhaften Substanzerhalt wäre deutlich mehr zu tun.« Hier beschränke man sich »auf das absolut Notwendige im Sinne der Betriebssicherheit«.
Dennoch schlagen sich große Vorhaben im Haushalt in Form von Planungskosten nieder. Neben den 600.000 Euro für eine neue Sporthalle sind 280.000 Euro eingestellt für Maßnahmen zur Stadtentwicklung, etwa im Pausa-Quartier und auf dem Hoeckle-Areal sowie für Bebauungspläne und Verkehrs- und Radwegplanungen.
24 Millionen Euro fürs Personal
Dringend notwendig ist aus Bulanders Sicht, Vorbereitungen zu treffen für die Schaffung neuer Gewerbeflächen. Hier hat sich der Gemeinderat bereits für die Fläche Schlattwiesen II entschieden, östlich des bestehenden Gewerbegebiets in Richtung Nehren bis zum Nordring. »In nachfolgenden Haushalten«, mahnte Bulander, »ist die Entwicklung dieser Flächen in finanzieller und personeller Hinsicht zwingend zu berücksichtigen.« Konkreter wird es bereits für das Gewerbegebiet Hegwiesen/Vor Dörnach: Für den Grunderwerb im Rahmen der Umlegung sind 440.000 Euro veranschlagt.
Noch weiter in die Zukunft, sicher bis in die Mitte der 1930er-Jahre, reicht der Blick beim Thema Regionalstadtbahn. »Die Stadt der Zukunft kennt eine andere Mobilität, als wir sie heute kennen«, ist der OB überzeugt. Deshalb sei in den nächsten Jahren ein Mobilitätszentrum mit einer Verknüpfung unterschiedlichster Angebote im Quartier um das Rathaus und den Bahnhof zu planen. Wesentliche Voraussetzungen für die Akzeptanz des neuen Verkehrsmittels seien die Erreichbarkeit und die Umsteigebeziehungen. Schließlich sollen einmal bis zu zehn Züge in der Stunde vom Mössinger Bahnhof nach Tübingen, Reutlingen und Balingen fahren.
Ein weiterer Aspekt für die Zukunft ist das Personal in der Verwaltung. Insgesamt gibt die Stadt im kommenden Jahr rund 24 Millionen Euro dafür aus, drei Prozent mehr als in diesem Jahr. Dabei sind die Tarifsteigerungen mit 1,5 Prozent eher knapp kalkuliert. Die Gewinnung von qualifiziertem Fachpersonal sei die Herausforderung der nächsten Jahre, betonte Bulander mit Blick auf die Altersstruktur im Rathaus: »Rund zehn Prozent unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind über 60 Jahre. Im Öffentlichen Dienst wird bis zum Jahr 2030 jede fünfte Stelle nicht mehr besetzt werden können.« Deshalb haben Stadt und Stadtwerke gemeinsam eine Kampagne zur Personalgewinnung erarbeitet, die sie demnächst vorstellen wollen.
Am 30. November ist von 9 bis 13 Uhr eine öffentliche Haushaltsklausur im Rathaus. Die Verabschiedung des Haushalts im Gemeinderat ist für Montag, 20. Januar, angesetzt. (pp)