MÖSSINGEN. Rennradfahrer auf den Straßen und Mountainbiker im Wald. Der Hobby-Radsport gehört zu den konfliktreichsten Freizeitaktivitäten auf den Straßen- und Wanderwegenetzen. Nicht nur Spaziergänger fühlen sich von den Gelände-Radfahrern gestört oder auf engen Pfaden bedrängt. Auch für Jäger und Förster sind die Strecken durch die Waldhänge durch das Wild-Aufscheuchen und Erosionsschäden an Hängen ein Problem. Für Naturschützer sowieso.
Um diesem Konflikt, zumindest auf der Gemarkung von Mössingen, die Schärfe zu nehmen, ihn aus der rechtlichen Grauzone herauszuholen, hat der TV Belsen gemeinsam mit Behörden ein Konzept erarbeitet und es letztendlich geschafft, einen öffentlichen und kostenlos nutzbaren Mountainbike-Trail im Firstwald anzulegen.
Entwickelt hat die Anlage die Abteilung Dirtpark des Traditionsvereins, die weit über die Region für ihre jährlichen Dirtjump-Veranstaltungen bekannt ist, so der Vorsitzende Klaus-Peter Kocher. Man habe, obgleich zunächst mit Bedenken, »weil die Anlage weit von unserem Stadion entfernt liegt«, die Trägerschaft übernommen. »Denn als Breitensportverein mit rund 1.000 Mitgliedern wollen wir eine breite Palette an Bewegungsangeboten bieten.«
Gelungene Zusammenarbeit
Zusammen mit der Mössinger Verwaltung und der Forstbehörde hat federführend Jakob Schill, der in der Jugendvertretung der Stadt mitarbeitet, die seit gut fünf Jahren reifende Idee nun in die Tat umsetzen können. Mit äußerster Hartnäckigkeit und Geduld, gegen alle behördlichen Widrigkeiten.
Am Samstag wurde nun die Anlage am nordwestlichen Randbereich des Höhenzugs feierlich in Betrieb genommen, rund zehn Gehminuten vom Firstwald-Gymnasium entfernt. Eine Hundertschaft von Radbegeisterten hatte den steilen Anfahrts- und Anlaufweg in Kauf genommen. Der Startpunkt liegt auf 550 Höhenmetern, der unterste Wendepunkt auf 500 Metern.
Zwei Strecken auf zwei Kilometer Länge
Zwei Strecken umfasst der MTB-Trail. Eine für Anfänger und eine für Fortgeschrittene. Sie sind insgesamt rund zwei Kilometer lang. Die moderate Route führt, ähnlich einer Achterbahn, in Serpentinen den Hang hinunter. Flowtrail nennt sich so eine flüssig zu befahrene Strecke. »Schill-Hill« haben die Mitwirkenden diesen Start-Bereich aus Dankbarkeit für den unermüdlichen Initiator genannt – und ein passables Holztafel-Tor aufgestellt.
Daneben steht der Durchlass zum »Roten Trail«, auf dem es so steil hinuntergeht, dass man auch als Fußgänger Adrenalinschübe beim Abstieg bekommt. Deshalb gibt es zwei Rettungspunkte (TUE-5001 und 5002), so Björn Heilemann, der Leiter der Gruppe, die die aufwändige Beschilderung durchführte. Die Tafeln-Nummern mindern natürlich nicht das Unfallrisiko, sondern helfen beim Absetzen eines Notrufs, dass der Rettungsdienst zielgenau anfahren kann.
Unfälle will keiner haben. Deshalb gibt es auch eine Tafel mit Trail-Regeln – die sich eigentlich von selbst verstehen: Helmpflicht, nur Mountainbikes, Fahrverbot bei Dunkelheit, Nebel und Nässe. Oberbürgermeister Michael Bulander zeigte sich sehr angetan. »Ich was skeptisch. Aber Sie haben Mut und Ausdauer bewiesen, das hat sich nun gelohnt.« Er sei stolz auf das Team: »Ihr habt an Euch geglaubt und nun ein wohnortnahes, attraktives Freizeitangebot geschaffen.«

Der damals 14-jährige Schill hatte die Idee, Mountainbikern in Mössingen eine eigene Strecke zu ermöglichen. Im Juli 2021 hatte der Schüler in der Jugendvertretung einen Plan vorgelegt, am Farrenberg einen Trail einzurichten. Das wurde aus naturschutzrechtlichen Gründen verworfen. Trotz bürokratischer Hürden kam es zu einem weiteren Versuch. Im Mai 2023 beschloss der Gemeinderat einstimmig, ein städtisches Waldgebiet nördlich der Schulanlage zur Verfügung zu stellen. Fördermittel in Höhe von 9.100 Euro flossen aus dem »Jugend engagiert sich«-Projekt.
Rund sechzig ehrenamtliche Helfer scharte Schill schließlich vom April letzten Jahres um sich. Vor ihnen lag eine gewaltige Aufgabe: den Waldhang mit Muskelkraft (aber auch mithilfe eines Baggers) in einen ansprechenden Parcours zu verwandeln. »Manchmal waren wir nur zu dritt mit der Hacke im Hang und dachten, das schaffen wir nie, aber dann ging es halt noch weiter«, schilderte Schill die schwierige Bauphase.
Forstrevierleiter Joachim Kern veranschaulichte die Problematik anhand des Landeswaldgesetzes. Zwar dürfe jeder den »Wald zum Zwecke der Erholung betreten«, gleichwohl sei »das Radfahren auf Wegen unter zwei Meter Breite nicht gestattet«. Jedoch kann die Forstbehörde Ausnahmen zulassen. Was letztlich am Firstwald, außerhalb der geschützten Flächen, nun nach gründlicher Prüfung und Abwägung mit behutsamen Eingriffen in die Natur möglich gemacht wurde - auch mit dem Verzicht auf größere Schanzen. »Alle Beteiligten haben sich ziemlich reingehängt - denn gute Dinge brauchen halt ihre Zeit.« (GEA)



