MÖSSINGEN-BELSEN. Am bislang heißesten Wochenende des Jahres flogen in Mössingen zwar nicht die Fetzen, sondern zunächst die Mountainbiker. Auf dem Gelände des Turnvereins Belsen hat man sich beim »Back 2 The Jumps«-Festival zwei Tage lang gewissermaßen warm gefahren für das zweite, weitaus größere Event im Stadtgebiet - den Rosenmarkt am Sonntag.
Die Aktiven und Besucher der 12. Auflage des Mountainbike-Freestyle-Festival hatten Glück, ihre Veranstaltung noch im Vorfeld des großen Hitzesonntags über die Bühnen und Sprungrampen des Ernwiesenstadions zu bringen. Wobei die dicht stehenden und hohen Bäume am Öhrnbach zwar auf der Fahrstrecke, dem Pumptrack, für ausreichend Beschattung sorgten. Aber der »Funpark« daneben lag in der prallen Sonne. Das hat der Veranstaltung einiges an Besuchern gekostet; der Brückentag in den Pfingstferien tat ein Weiteres dazu bei, dass die Tausender-Grenze nicht geknackt wurde.
Zwei Nachmittage lang wirbelten nahezu ununterbrochen Zweiradfahrer über das Gelände. Im Vorjahr war es nur ein Tag gewesen Die Welt der Dirt Jumper ist eine Welt für sich. Deutsche Begriffe gibt es bei der Spaßsportart nicht, bei der es um das Springen mit dem Fahrrad, pardon Mountainbike über Erdhügel geht: Best Whip, Highest Jump, Fast Tricks, Best Line, Big Tricks.
Die einzelnen Wettbewerbe haben nur ein Ziel: Mit möglichst spektakulären Sprüngen über die Hindernisse zu schanzen und dabei die waghalsigsten Kunststücke zu zeigen. Sieger der unterschiedlichen Kategorien wurden mit Goodies oder aus Bike-Resten kunstvoll gefertigten Pokalen belohnt. Bei »Beer4tricks« gabs Spezi und alkoholfreies Weizen für die besten Einlagen. Schlimmstenfalls landeten allzu kühne Sprungakrobaten im dämpfenden Mulchteppich hinter dem letzten Erdhügel – stets im Blick der aufmerksamen DRK-Bereitschaft.
Normale Mountainbikes kommen dabei jedoch nicht zum Einsatz, sondern Dirt Bikes, also sehr stabile Drahtesel mit kleinerem Rahmen und einer Laufradgröße zwischen 24 und 26 Zoll, während der normale Tourenfahrer in der Regel ein 28-Zoll-Radmit einem Felgendurchmesser von 622 mm hat.
Am Eröffnungstag waren rund 30 junge Fahrer am Start, fast doppelt so viele dann am Samstag. Angereist aus der ganzen Republik, aus der Schweiz und Österreich und gar aus Kanada. Auch namhafte Leute wie Jascha Frei, wusste Falk Spehle voller Stolz zu berichten. Der junge Dirtbiker ist seit März neuer Abteilungsleiter der dynamischen Sportsparte des TV Belsen. Und Nachfolger von Andreas Bibow, der altersbedingt sein Erfolgskonzept in junge Hände gegeben hat. Zusammen mit einem Team von fast zwei Dutzend Helfern – Aktive aus der Szene - hat der Neue den diesjährigen Event perfekt auf die Beine gestellt. »Bei uns gibt es keine Hierarchie, jeder bringt sein Können ein«.
Der zum jungen Familienfest avancierte »Back 2 The Jumps«-Contest zog Leute aller Altersschichten an. »Dank der vielen Sponsoren konnten wir die Veranstaltung auch dieses Jahr wieder ohne Eintritt anbieten«, so Spehle. Den Besuchern wurde an vielen Ess- und Verkaufs-Ständen einiges geboten. Von Tofu bis Tatoos sozusagen. Die Freestyle Mountainbike-Showeinlagen, bei denen die vorwiegend jungen Besucher dicht gedrängt an der Strecke standen, moderierte der Szene-Profi und Radio-Mann Julian Schnaubelt. Parallel lockten Skateboard-Contests und die Pumptrack-Strecke für Anfänger und Kinder – und dazu gabs zwei Abende mit Livemusik.
Gleich drei Livebands traten auf: Gönnermusik 79 aus Freiburg mit Hiphop, die Stuttgarter Dumb Bats-Punker und Kraut-Pop von Thier, made in Tübingen. Dazu die DJs Don Nod aus Tübingen, Gerölheimer und Milan Raskopf aus Innsbruck.
»Belsen ist in der Szene einzigartig, weil es hier neben dem eigentlichen Dirt Jump auch Musik gibt«, so Spehle. »Die Kombination von Rad und Fun kommt sehr gut an.« So gut, dass auf einem improvisierten Campingplatz neben dem Sportheim rund dreißig Autobesatzungen ihre Zelte aufgeschlagen haben oder mit Luma und Schlafsack die Sommernacht unter freiem Himmel verbrachten. (GEA)