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Aktuell Waldumgang

Mit dem Rückepferd im Kirchentellinsfurter Wald

Die Vielfalt der Baumarten ist das Pfund, mit der die Kirchentellinsfurter in ihrem Wald wuchern können. Weshalb es an manchen Stellen gut ist, mit dem Pferd das Holz zu ernten, erfuhren die Besucher beim Waldumgang.

Kraftvoll zieht das Pferd »Dolch« Baumstämme aus dem Schönbuch.
Kraftvoll zieht das Pferd »Dolch« Baumstämme aus dem Schönbuch. Foto: Irmgard Walderich
Kraftvoll zieht das Pferd »Dolch« Baumstämme aus dem Schönbuch.
Foto: Irmgard Walderich

KIRCHENTELLINSFURT. »Dolch« ist sieben Jahre alt, 800 Kilogramm schwer und ein rheinisch-deutsches Kaltblut. Beeindruckend ist es, das mächtige, schöne Tier beim Arbeiten im Wald zu erleben. Rund 50 Besucher des Waldumgangs der Gemeinde staunten, als das Pferd Holzstämme aus dem Wald zog. Dass dies kein nostalgischer Auftritt war, erklärt Forstwirt Max Gläßer. Es sei eine pflegliche Art der Holzgewinnung. Flexibel können die Arbeiter mit dem Tier gefällte Bäume an die Rückegassen ziehen. Das schont den Waldboden und die Pflanzen, die darauf wachsen.

Förster Michael Warias beim gut besuchten Kirchentellinsfurter Waldumgang.
Förster Michael Warias beim gut besuchten Kirchentellinsfurter Waldumgang. Foto: Irmgard Walderich
Förster Michael Warias beim gut besuchten Kirchentellinsfurter Waldumgang.
Foto: Irmgard Walderich

Gerade an dieser Stelle im Kirchentellinsfurter Wald ist das besonders wichtig. Hier wachsen Bäume heran, die Revierförster Michael Warias als Zukunftsbäume gekennzeichnet hat. Jetzt sind sie noch jung, aber irgendwann sollen sie so aussehen, wie die Eiche am Wegesrand, an der die Besucher des Waldumgangs vorbeigegangen sind: ein hoher, gerader und astloser Stamm, darauf eine umfangreiche Krone. Die heutige Forstwirtschaft setzt nicht mehr auf Quantität, sondern auf Qualität. Es gehe darum, »wenige, sehr vitale Bäume« zu bekommen, sagt Warias.

Der Einsatz des Pferdes ist der krönende Abschluss nach einem rund eineinhalbstündigen Gang durch den Forst an der Schönbuchsteige. Eine große Vielfalt an Baumarten gibt es dort, erklärt der Förster. Das liege nicht nur an den guten Böden, sondern auch an der vorausschauenden Arbeit des früheren Revierförsters Jürgen Schneider.

Artenreichtum ist im Klimawandel existenziell

Für den Wald im Klimawandel ist der Artenreichtum existenziell. Im Jahr 2100 werde hier ein Klima herrschen wie derzeit südlich der Alpen, sagt Warias. Was für manchen Besucher nichts Erschreckendes hat, bedeutet für einige Baumarten den Tod: Tanne, Fichte und Lärchen werden künftig Probleme bekommen, erklärt der Revierförster. Eiche, Elsbeere, Esskastanie, Kirsche und Douglasie kommen dagegen mit den steigenden Temperaturen besser zurecht. Das alles wächst schon im Kirchentellinsfurter Wald. »Das ist ein großes Pfund«, sagt Warias. Die Baumvielfalt hat aber auch ihre Schattenseiten: Sie sei war sehr schön, aber auch »wahnsinnig anspruchsvoll.«

Rund 1.500 Bäume werden in diesem Jahr im 110 Hektar großen Kirchentellinsfurter Wald gepflanzt. Wie das vonstatten geht, demonstrieren die beiden Forstwirte Anna und Max Gäßler dem staunenden Publikum. In einer Reihe werden die Containerpflanzen in den weichen Waldboden gesetzt. Das erleichtert die anschließenden Arbeiten. Plastikröhrchen zum Schutz gegen Wildverbiss kommen nicht mehr zum Einsatz. Geschützt werden die Jungpflanzen mit Sprossenstäben aus unbehandeltem Holz. Das Ziel sei, so Anna Gäßler: »Plastik raus aus dem Wald.«

Jede Baumart hat spezielles Wachstum

Anschließend wird ausgemäht, vor allem schnell wachsende Brombeertriebe machen oft den Jungbäumen zu schaffen. Sind die Bäume groß, braucht es ein gutes Waldmanagement, dass sie sich zu stattlichen Exemplaren entwickeln. Jede Baumart hat ihr spezielles Wachstum - während die Birke in der ersten Zeit über einen halben Meter im Jahr wächst, legt die Eiche erst im Alter von 20 bis 30 Jahren deutlich zu. Wirtschaftlichkeit, Wald und Klima, Naturschutz und Erholungsraum - all das sind Kriterien, die ein Förster zu berücksichtigen hat. Eine anspruchsvolle Aufgabe also, die Warias bewältigen muss.

Genussvoll geht es dagegen für die Beteiligten des Waldumgangs am Freitagabend weiter: Am Kirchentellinsfurter Bauhof gibt es Grillwürstchen, deren Fleisch aus dem Schönbuch stammt. Es wird wohl die letzte Veranstaltung am alten Bauhof sein, sagt Bürgermeister Bernd Haug. Das Gebäude wird abgerissen und macht bald einem Neubau Platz. (GEA)