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Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu Besuch auf den Feldern rund um Wurmlingen

Der Nabu und der Landesjagdverband stellten dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann das Projekt "Rebhuhn retten- Vielfalt fördern vor. Mit Blühflächen sollen sich die Feldvögel wieder in Ackerlandschaften ansiedeln.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Mitte) informierte sich über die Lage der Rebhühner im Neckartal.  LInks: Sabine Geißler
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Mitte) informierte sich über die Lage der Rebhühner im Neckartal. LInks: Sabine Geißler-Strobel, rechts: Staatssekretär Andre Baumann. Foto: Nadine Nowara
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Mitte) informierte sich über die Lage der Rebhühner im Neckartal. LInks: Sabine Geißler-Strobel, rechts: Staatssekretär Andre Baumann.
Foto: Nadine Nowara

ROTTENBURG-WURMLINGEN. Vor dem Wasserhäusle auf den Wurmlinger Feldern warteten am Mittwochnachmittag bei sommerlichen Temperaturen etwa 40 Menschen auf prominenten Besuch. Der Nabu und der Landesjagdverband hatten zu einem Feldspaziergang geladen.

Nach über einer halben Stunde Verspätung fuhr ein schwarzer Mercedes den Feldweg entlang. Der Ehrengast, Ministerpräsident Winfried Kretschmann gab sich die Ehre im Rahmen seiner Sommertour. Andere Stationen an diesem Tag waren unter anderem ein Parkhaus aus Holz und das Technikunternehmen Tesat in Backnang. Es handelt sich um die weltweit erste Anlage zur industriellen Fertigung von Laser-Terminals und Equipment für die Satellitenkommunikation.

Das Thema in Wurmlingen war das Bundesprojekt »Rebhuhn retten - Vielfalt fördern.« Der Projektzeitraum geht von 2023 bis 2029 und wird von der Abteilung Naturschutzbiologie der Uni Göttingen, dem Deutschen Verband für Landschaftspflege und dem Dachverband Deutscher Avifaunisten koordiniert. Neben Kretschmann ließen es sich auch Rottenburgs Oberbürgermeister Stephen Neher, Landrat Joachim Walter, Ortsvorsteher Michael Elmenthaler und Staatssekretär Andre Baumann und Wurmlingens Ortsvorsteher Michael Elmenthaler es sich nicht nehmen, beim Termin vorbeizuschauen.

Naturschützer und Jäger arbeiten zusammen

Der Nabu und der Landesjagdverband machen in Baden-Württemberg bei diesem Vorhaben gemeinsame Sache. Das Rebhuhn gehört in Deutschland zu den besonders geschützten Arten. Mithilfe von mehrjährigen Blühbrachen in der Ackerlandschaft soll sich der Feldvogel wieder etablieren können. Auch andere Arten, wie etwa der Kiebitz, profitieren von diesen Flächen.

»Der Rebhuhnbestand in Baden-Württemberg ist von 1995 bis 2020 um 82 Prozent eingebrochen, bei den Kiebitzen sind es 92 Prozent«, warnte Johannes Enssle, Nabu-Vorsitzender in Baden-Württemberg. Er lobte das Biodiversitätsstärkungsgesetz, für das sich Kretschmann starkgemacht hatte. »Das Gesetz ist Ihr Vermächtnis, Herr Kretschmann«, sagt er. Nach diesem sollen zehn Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Refugialflächen werden, in denen Tiere und Pflanzen Rückzugsorte finden können.

2015 habe es kein einziges Rebhuhn-Vorkommen mehr im Neckartal gegeben. »Im Neckartal gibt es nun 21 Reviere«, erläuterte Sabine Geißler-Strobel. Die promovierte Agrarbiologin kennt sich mit der vom Aussterben bedrohten Vogelart aus: »Ein Rebhuhn ist ein traditioneller Feldvogel. Die Weibchen legen bis zu 20 Eier. Sie brüten auf dem Boden. Die Jungen ernähren sich überwiegend von Insekten. Auch wenn der Acker abgeerntet ist, finden sie noch zahlreiche Insekten in den Blühbrachen.« Auch in lückigen Getreideäckern seien die Rebhühner gerne zu Hause. Die erwachsenen Feldvögel essen Kräuter und Samen. Im Winter schließen sie sich zu größeren Familienverbänden zusammen. Im Frühjahr nehmen sie ihre Reviere ein.

Rebhühner siedeln sich auf Äckern an. Sie brauchen einen guten Überblick über das Geschehen.
Rebhühner siedeln sich auf Äckern an. Sie brauchen einen guten Überblick über das Geschehen. Foto: Nadine Nowara
Rebhühner siedeln sich auf Äckern an. Sie brauchen einen guten Überblick über das Geschehen.
Foto: Nadine Nowara

Eine wichtige Aufgabe beim Projekt übernehmen die Bauern, die für das Anlegen von Blühbrachen entschädigt werden. Biolandwirt Roland Saile ist einer von ihnen. »Ich freue mich natürlich, wenn ich über meinem Feld Kiebitze und Rebhühner laufen sehe. Aber ich möchte auch nicht draufzahlen. Von Spaß alleine kann ich nicht leben«, sagte er.

Damit die Hühner sicher brüten können, sind die Jäger gefragt. Jörg Friedmann, Landesjägermeister beim Landesjagdverband Baden-Württemberg, berichtete, dass in seiner Kindheit Rebhühner noch gejagt wurden. »Es schmerzt mich, dass sie nun vom Aussterben bedroht ist«, sagte er. Benjamin Gut, zuständig für das Wildtiermanagement, zeigte, wie eine Beton-Rohrfalle Fuchsfalle funktioniert. Mit dieser werden Füchse und andere Beutegreifer mit Eiern oder Köderhappen angelockt, gefangen und der Fund wird automatisch übermittelt. Ein Mitarbeiter würde dann den Fuchs erledigen.

»Ich finde es toll, dass der Nabu und die Jägerschaft diese Aufgabe gemeinsam angehen. Früher waren sie sich ja auch eher feindlich gesinnt«, lobte der Ministerpräsident. Auf die Bitte nach Fördermitteln zeigte er klare Kante. »Ich kann das nicht versprechen. Alle wollen sie Geld. Dafür müsste es aber steigende Steuereinnahmen geben.« Fördermittel seien flexibel und müssten im Fall der Fälle als erstes gestrichen werden. Er betonte aber auch: »Strukturbrüche wollen wir aber natürlich vermeiden.« (GEA)