KUSTERDINGEN. Der Erdhügel bewegt sich stoßartig, hier ist ein Maulwurf am Werk. Doch der kleine Insektenfresser reckt weder seine Schaufeln, noch seine Nasenspitze ins Freie. Wozu auch? Draußen ist es eiskalt, in seinen Gängen - bis zu 30 Metern sind sie lang - kann er ungestört auf Nahrungssuche gehen. Kein Bussard oder Fuchs kann ihn dann erspähen.
Auf dem Kusterdinger Friedhof ist das Leben eingekehrt. Mehrere Maulwurfshügel zieren Wiesenflächen. Stört das? »Bei mir sind noch keine Beschwerden eingegangen«, sagt Kusterdingens Bürgermeister Jürgen Soltau. »Eigentlich kann man sich ja auch freuen, dass auf dem Friedhof Leben ist. Ein Friedhof hat mit seinen Wiesen, Bäumen und Hecken ja auch die Funktion eines Biotops. Er ist ein Lebensraum für viele Tierarten. Hier wird auch nicht gedüngt«, betont Soltau.
Die Maulwürfe fühlen sich dort zu Hause. Die Gemeinde hat sich seit Ende 2023 in mühevoller Kleinarbeit daran gemacht, die mittlerweile etwa 20 Maulwurfshügel abzutragen, um die Tiere zu vertreiben. Doch das half nicht. Die Maulwürfe ließen sich nicht vertreiben. In Kooperation mit dem Landratsamt wurden danach »Lebendfallen« aufgestellt. Ziel war die Umsiedlung, nicht die Tötung. Denn die wäre sowieso nicht zulässig. Maulwürfe sind nach der Bundesartenschutzverordnung eine besonders geschützte Art. Als letzte Möglichkeit, den kleinen Graber loszuwerden, bliebe auf Ausgrabungstour zu gehen. Das ist nicht nur sehr aufwendig, sondern keine Option, da Maulwürfe auch unter Gräbern unterwegs sind. Die Tunnel können mehrere Ebenen beanspruchen und enthalten Nestkammern.
Eigentlich sind Maulwürfe Waldtiere, leben aber auch auf Wiesen. »Sie sind keine Nagetiere, sondern gehören zur Ordnung der Insektenfresser, wie etwa der Igel«, erläutert der Rathauschef, der auch Biologie studiert hat. »Ihre Nahrung besteht überwiegend aus Würmern und Insekten, aber sie fressen auch Mäusejungen. Somit sind sie auch 'nützlich', da etwa Wühlmäuse gerne an Baumwurzeln knabbern.« Ganz selten bekommt man einen Maulwurf zu sehen, da diese unterirdisch unterwegs sind. »Maulwürfe sind fast blind, aber ihre Schnurrhaare sind sehr empfindlich. Sie haben keinen Haarstrich, so können sie leichter nicht nur vorwärts, sondern auch rückwärts krabbeln«, weiß Soltau.
Eigentlich könne man sich ja auch freuen, dass auf dem Friedhof Leben ist. Die Maulwürfe dürfen bleiben. Die Bauhof-Mitarbeiter werden weiterhin nur die Hügel abtragen. (GEA)