MÖSSINGEN. Die Hoffnung von Michael Bulander erfüllte sich nicht. »Vielleicht wird es etwas kühler, wenn wir uns jetzt mit diesem Thema beschäftigen«, sagte der Mössinger OB, als er im Gemeinderat den Tagesordnungspunkt »Entgeltermäßigung für Kunsthandwerk-Stände beim Weihnachtsmarkt« aufrief. Es war vergeblich. Die Hitze stand nach wie vor im Sitzungssaal, und eine besinnliche Stimmung wollte auch nicht aufkommen angesichts der Tatsache, dass es wieder einmal ums Geld ging. Einziger Trost: Der Gemeinderat billigte den Vorschlag einstimmig.
Den Anlass für die hochsommerliche Beschäftigung mit dem Weihnachtsmarkt war die Beobachtung, dass in den vergangenen Jahren nicht nur die Gesamtzahl der Stände abgenommen hat, sondern vor allem der Anteil der Anbieter von Kunsthandwerk deutlich geringer geworden ist gegenüber reinen Bewirtungsständen. Dabei sind es ja gerade die Kunsthandwerker und nicht die Glühwein-Verkäufer, die für weihnachtliche Stimmung auf dem Markt sorgen.
Vorschlag: Gebühren senken
»Die Corona-Pause hat einen Einschnitt bedeutet«, berichtete Silvia Maier, Sachgebietsleiterin für Kultur, Sport und Freizeit. »Ältere Standbetreiber haben einfach aufgehört, andere haben auf Online-Verkauf umgestellt.« Schließlich sei der Aufwand relativ hoch, der Umsatz mit Kunsthandwerk aber deutlich niedriger als mit Bewirtung. Das hat dazu geführt, dass zuletzt nur noch die Hälfte der Stände Kunsthandwerk angeboten hat. Vor Corona waren es gut zwei Drittel.
Das ist aber keine Mössinger Besonderheit. »Wir haben uns bei anderen Gemeinden umgehört, und viele haben ähnliche Erfahrungen gemacht«, berichtete Silvia Maier. Was sich aber auch gezeigt hat: In Gemeinden, die Gebühren für Kunsthandwerker gesenkt haben, nahm deren Zahl wieder zu. »Deshalb ist unser Vorschlag, die Gebühren ebenfalls zu senken.«
Bisher mussten Kunsthandwerk-Anbieter den vollen Satz an Standentgelt und Strompauschale blechen. Mössinger Vereine mussten die Hälfte zahlen, Schulklassen und Kindergärten und Elterninitiativen gar nichts. Jetzt sollen die Kunsthandwerker – das sind alle, die nicht bewirten – den Vereinen gleichgesetzt werden.
Diese Reduzierung fällt nun ausgerechnet zusammen mit einer Anhebung der Gebühren, die der Gemeinderat 2022 beschlossen hat. 2023 trat die erste Stufe der Erhöhung in Kraft, jetzt folgt die zweite Stufe. Damit steigt das Standentgelt von 3 auf 3,50 Euro pro Quadratmeter, die Pauschale für den Normalstromanschluss von 20 auf 25 Euro, für den 16-A-Anschluss von 60 auf 75 und für den 32-A-Anschluss von 120 auf 150 Euro.
Ein Verein mit einem sechs mal drei Meter großen Stand und einem 16-A-Anschluss muss jetzt 84,75 Euro zahlen, das sind 14,25 Euro mehr als bisher. Würden Kunsthandwerker nicht den Vereinen gleichgesetzt, müssten sie das Doppelte bezahlen. Auf die Frage von Dr. Eberhard Heinz (CDU), auf wie viel Geld die Stadt durch die Ermäßigung verzichtet, nannte Silvia Maier eine Größenordnung von etwa tausend Euro. »Das ist für die Stadtkasse nicht viel, für den einzelnen Betreiber aber schon.«
Verträge bereits abgeschlossen
Aber liegt es wirklich nur am Geld? »Liegt es vielleicht auch daran, dass der Weihnachtsmarkt in dieser hässlichen Stadtmitte ohne Flair abgehalten wird?«, fragte Claudia Jochen (LiSt). Laut Silvia Maier sind die Rückmeldungen der Standbetreiber aber schon so, dass der Aufwand zu hoch sei für den Ertrag.
Ein bereits vorliegender Antrag der Linken, den Weihnachtsmarkt in die Falltorstraße im alten Ortskern zu verlegen, werde möglicherweise noch vor den Sommerferien behandelt, erklärte OB Bulander. Für dieses Jahr ändert sich aber nichts mehr, denn die notwendigen Verträge sind bereits geschlossen. »Der Platz in der Stadtmitte ist auch mit Anschlüssen für Strom und Wasser versehen. In der Falltorstraße müssten wir das neu machen, und das wäre finanziell schon eine Hausnummer«, gab Fachbereichsleiterin Heidrun Bernhard zu bedenken.
Zumal die Stadt wegen zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen ohnehin mit deutlich höheren Kosten zu rechnen hat, wie Silvia Maier auf Nachfrage von Steffen Eißler (FWV) bestätigte: »Wir haben beim Weihnachtsmarkt Wassersäcke wie beim Rosenmarkt, aber dafür braucht man auch zusätzliches Personal, das die Hindernisse bei einem Notfall schnell wegräumen kann.«
Hatte die Stadt 2024 noch Ausgaben von 22.500 Euro für den Markt, rechnet die Verwaltung für dieses Jahr mit 35.000 Euro. Die erwarteten Einnahmen steigen dagegen nur von 4.300 auf 5.000 Euro. Das gilt nicht nur für den Weihnachtsmarkt, betonte OB Bulander: »Wir werden bei allen Veranstaltungen einen deutlich höheren Aufwand haben. Das wird uns einiges kosten.« (GEA)