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Aktuell Kunst

Kusterdinger Ausstellung: Menschen und Natur im Blick

Die aktuelle Ausstellung im Gemeindepflegehaus Härten präsentiert Fotografien des Tübingers Dr. Martin Willke.

Die Organisatorin der Ausstellung Ingrid Rilling und der Fotograf Dr. Martin Willke vor den Rückenansichten Tübinger Marktleute.
Die Organisatorin der Ausstellung Ingrid Rilling und der Fotograf Dr. Martin Willke vor den Rückenansichten Tübinger Marktleute. Foto: Raphaela Weber
Die Organisatorin der Ausstellung Ingrid Rilling und der Fotograf Dr. Martin Willke vor den Rückenansichten Tübinger Marktleute.
Foto: Raphaela Weber

KUSTERDINGEN. Eine elegante Dame vor dem Schaufenster der ehemaligen Buchhandlung Gastl in Tübingen, das Ufer des Bodensees am Ende eines Tages oder die Côte de Granit Rose in der Bretagne, jedes dieser Motive hat Dr. Martin Willke nicht einfach nur fotografiert, er hat auch die besonderen Stimmungen mit der Kamera eingefangen. Zu sehen sind diese Fotografien gerade in der aktuellen Schau im Gemeindepflegehaus Härten. »Ich habe für die Ausstellung Bilder mit szenischen Besonderheiten ausgewählt, die an diesen Ort passen und persönliche Erinnerungen bei den Betrachtern wecken«, so Willke.

Das kann etwa durch Naturfotos geschehen, die in der Region entstanden sind und eine einzigartige Ruhe ausstrahlen. Einmal sind es die Stocherkähne auf dem Neckar, ein anderes Mal ist es die Platanenallee oder die Allee auf dem Einsiedel. Willke führt die Betrachter auch durch Tübingen, vorbei an einer Eisformation in der Steinlach, durch den Schlosshof und hinter die Stiftskirche.

Ohne Bildbearbeitung

Insgesamt 40 Fotos sind in den Gängen der Senioren-Einrichtung aufgehängt, darunter solche mit filigraner Ästhetik und Struktur, wenn Willke etwa Äste ohne Blätter fotografiert hat.

Bei seinen Aufnahmen geht es Willke nicht um technische Perfektion. »Ich mache auch keine Bildbearbeitung. Eine Korrektur gibt es nur bei der Belichtung und beim gewählten Ausschnitt.« Es gehe ihm um den »Blick«, den Augenblick und den besonderen Blick und Blickwinkel auf die fotografischen Gegenstände. »Was sehe ich überhaupt, was fällt mir auf, was greife ich heraus, was finde ich der Aufmerksamkeit wert?«, so Willke. Ein originelles Beispiel dafür ist das Foto, das er in München auf dem Max-Joseph-Platz gemacht hat. Es zeigt einen Mann mit nacktem Oberkörper und einem Fahrrad. Der Clou: Auf dem Gepäckträger transportiert der Mann eine Kiste, in der eine lebende Gans sitzt.

Die aktuelle Ausstellung trägt den Titel »Menschen und Natur« und wurde wieder von Ingrid Rilling organisiert. Seit über 20 Jahren lädt sie Künstlerinnen und Künstler aus ganz unterschiedlichen Schaffensbereichen ins Gemeindepflegehaus Härten ein, damit sie dort ihre Werke präsentieren können und auch Abwechslung in den Alltag der Bewohner, ihrer Angehörigen und der Mitarbeitenden bringen. Zweimal, 2009 und 2019, stellte Rilling ihre eigenen Bilder aus, die zum Teil als kreativer Ausgleich zu ihrem Beruf als Lehrerin entstanden.

»Wenn ich unterwegs bin, habe ich immer eine Kamera dabei«, so Willke. So entstand auch das farbenfrohe Foto eines Stiers im Gras, der einer Wandergruppe beim Vespern zusah. Oft sind es Details, die den promovierten Juristen faszinieren. Auf dem Tübinger Marktplatz hat er die Rückenansichten von Marktleuten fotografiert. »Das sind ganz besondere Ausschnitte mit einer eigenen Atmosphäre«, findet Rilling. »Man sieht die Hosenträger und die schaffige Hand des Mannes, die er auf dem Knie abgestützt hat und ahnt, wie müde er von der Arbeit ist.« Das mag auch für die Marktfrau auf dem Foto daneben gelten, die ihre Hände im Rücken verschränkt hat.

Fotografieren war in Willkes Familie immer präsent, schon sein Vater war viel mit der Kamera unterwegs. Er selber begann in Jugendjahren, dokumentierte Reisen und persönliche Lebensereignisse. Seit dem Studium der Rechtswissenschaft und Politik in Tübingen erweiterte er sein Interesse aufs Thematische. »Meine Vorlieben sind Skurrilitäten, Architektur, Formen und Ästhetik, Körper, Kulinarik, Mode, Graffiti, Natur und Personen.« Einige der Fotos sind auf Reisen entstanden, zum Beispiel in die Bretagne. »Auch dort habe ich Ausschnitte gewählt, die mir spannend erscheinen«, sagt Willke. Deshalb können Besucher in der Ausstellung das Foto »Plévenon à la Caspar-David-Friedrich« entdecken, das tatsächlich die einzigartige Ausstrahlung eines Gemäldes des berühmten deutschen Künstlers der Romantik hat.

Auch nach über 20 Jahren gehen Ingrid Rilling die Ideen für Ausstellungen nicht aus. »Ich kenne viele kreative Menschen. Wegen Corona hatten wir ja einen Stau, drei Jahre fand keine Ausstellung statt.« Zu der aktuellen Schau habe sie schon positive Rückmeldungen bekommen, über die sie sich sehr freue. »Ich bin ganz begeistert«, habe gleich zu Beginn der Ausstellung eine Physiotherapeutin ge-sagt. »Das ermutigt mich sehr.« (GEA)

 

INFOS ZUR AUSSTELLUNG

Die Ausstellung »Menschen und Natur« kann noch bis Donnerstag, 31. Juli, täglich von 10 bis 17.30 Uhr im Gemeindepflegehaus Härten in Kusterdingen, Weinbergstraße 17 bis 25, besichtigt werden. (GEA)