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Kreis Tübingen: Pause für den Radweg-Ausbau

Der Landkreis Tübingen ist knapp bei Kasse. Eine Haushaltsbegleitkommission hat nun einen saftigen Posten ausgemacht: den Radwegausbau. Fast 30 Millionen Euro soll so an Investitionskosten eingespart werden. Die Diskussion im Ausschuss für Verwaltung, Klimaschutz und Technik machte aber deutlich, dass die Trennung von einigen Projekten schwer fällt - und die Arbeit der Kommission hinterfragt wird.

Der Ausbau der kreisweiten Radwege liegt - zumindest was neue Projekte angeht - erstmal auf Eis.
Der Ausbau der kreisweiten Radwege liegt - zumindest was neue Projekte angeht - erstmal auf Eis. Foto: Joachim Kreibich
Der Ausbau der kreisweiten Radwege liegt - zumindest was neue Projekte angeht - erstmal auf Eis.
Foto: Joachim Kreibich

KREIS TÜBINGEN. Der Sparzwang des Kreises Tübingen macht auch vor den geplanten Radwegen nicht halt. Wie die Haushaltsbegleitkommission nun errechnet hat, könnten bis 2030 rund 30 Millionen Euro an Investitionskosten gespart werden, wenn einige der Ideen des Radverkehrskonzepts für immer in den Schubladen verschwinden würden - weshalb die Kreisverwaltung dem Ausschuss für Verkehr, Klimaschutz und Technik in der jüngsten Sitzung den Vorschlag unterbreitete, nur die bereits in Prüfung und Planung befindlichen Radwege weiterzuverfolgen.

Der Rest sollte entweder dem Vergessen anheim fallen (rot markiert auf der Liste) oder auf unbestimmte Zeit pausiert werden (grau markiert auf der Liste). Immerhin beträfe das - sollte der Kreistag in einer kommenden Sitzung diesem Beschlussvorschlag zustimmen - 17 Projekte im Landkreis, darunter auch ein Verbindungsweg zwischen Kirchentellinsfurt und Sickenhausen, zwischen Kirchentellinsfurt und Kusterdingen und eine Querungshilfe am Ortseingang Nehren.

Verkehrskonzept für kreisweites Radrouten-Netz

Zwischen 2019 und 2021 hat ein Fachbüro für den Kreis Tübingen ein Radrouten-Netz entwickelt und dabei rund 450 Maßnahmen erarbeitet, um den Radverkehr grundsätzlich zu stärken. Daraus ging der Beschluss des Kreistags hervor, für den Zeitraum bis 2030 ein Ausbau- und Sanierungsprogramm auf die Beine zu stellen. »Es handelte sich dabei um die Zusammenstellung von aus Radverkehrssicht wünschenswerten Maßnahmen«, erklärt die Pressestelle des Landkreises auf GEA-Nachfrage.

Daher sei der Kreis auch nicht tiefer in die Planungen eingestiegen - was beispielsweise naturschutzrechtliche Belange, Grundstücksverhältnisse oder technische Herausvorderungen angehe. Kosten zu den bislang nicht angepackten Maßnahmen wurden daher nicht verursacht. (pru)

»Acht dieser Maßnahmen wollen wir auch deshalb nicht weiterverfolgen, weil die aussichtlos sind«, gab Landrat Joachim Walter unumwunden zu. Die Kosten seien schlicht zu hoch und die Umweltauflagen und Naturschutz-Hindernisse zu massiv. Und: Es gebe zu allen Maßnahmen bereits gute Alternativen. »Wir schicken niemanden mit dem Rad auf die Bundesstraße.«

Doch dem ein oder anderen nachhaltigen Verkehrsprojekt den finalen Todesstoß zu versetzen, fiel den Kreisräten offenkundig schwer. Markus Vogt von der »Sehr guten Fraktion« (SGF) schlug vor, einige der rotgeweihten Projekte »ganz bescheiden nochmal auf Grau zu setzen«, sodass sie bei Bedarf zumindest weiterverfolgt werden könnten - gerade Projekte, die mit kleineren Summen zu Buche schlagen würden. Eine Haltung, die Grünen-Rat Simon Baur teilte: »Wir sind uns einig, dass die meisten Wege von den Kosten her einfach nicht gehen - acht Millionen für einen Radweg, das ist exorbitant.« Aber über einige Projekte habe man schlicht zu wenig Informationen, um diese abschließend bewerten zu können - weshalb nicht alle rotmarkierten endgültig über Bord geworfen werden sollten.

Maßnahmen schwer einzuschätzen

Welche Posten dann in welches Farbschema wechseln sollte, sorgte auf Antrag der Grünen bei Gremium und Verwaltung allerdings für Verwirrung - was Rottenburgs Oberbürgermeister Stephan Neher (CDU) mit einem Folgeantrag vereinfachen wollte: »Alles Rote wird grau, dann bleiben alle Projekte im Gedächtnis.« Zuvor hatte sich Neher grundsätzlich gegen die Sinnhaftigkeit von Anträgen ausgesprochen, die auf einzelne Maßnahmen zielten: »Wir haben über die Einzelprojekte nicht genug Infos.«

Er selbst sei nicht Teil der Kommission gewesen und könne die Maßnahmen daher gar nicht richtig einschätzen. Dußlingens Bürgermeister Thomas Hölsch störte sich ebenfalls an diesem Vorgehen und setzte nach: »Wenn wir in der Kommission zusammensitzen und mehrheitlich eine Empfehlung finden, dann sollte die auch eine gewisse Chance auf Verwirklichung bekommen.« Jedem Mitglied sei klar gewesen, dass Kompromisse gemacht werden müssten. Ein erneutes Durchdebattieren sei kaum zielführend und torpediere nur die Arbeit der Kommission.

Eine zusätzliche Belastung der Verwaltungskapazitäten vom Wechsel von Rot zu Grau bestehe nicht, versicherte Walter. »Wenn sie die Maßnahmen nicht später aufrufen, dann befassen wir uns damit auch nicht weiter.« Dem Antrag der CDU wurde mit drei Enthaltungen stattgegeben. Damit ist bis zur erneuten Beschäftigung mit dem Radwegekonzept keine Maßnahme endgültig vom Tisch - wenn der Kreistag die Empfehlung umsetzt. (GEA)