Logo
Aktuell Kriminalität

Kreis Tübingen: Deutlicher Anstieg bei sexuellem Missbrauch

Das Polizeipräsidium Reutlingen hat die Kriminalitätsstatikstik für das vergangene Jahr veröffentlicht. Im Kreis Tübingen überrascht vor allem ein Anstieg des sexuellen Missbrauchs.

Gute Nachrichten in Sachen Kriminalität: Im Kreis Tübingen weist die polizeiliche Kriminalitätsstatistik in vielen Deliktgruppen
Gute Nachrichten in Sachen Kriminalität: Im Kreis Tübingen weist die polizeiliche Kriminalitätsstatistik in vielen Deliktgruppen Rückgänge auf. Unser Symbolbild zeigt Streifenwagen der Polizei. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
Gute Nachrichten in Sachen Kriminalität: Im Kreis Tübingen weist die polizeiliche Kriminalitätsstatistik in vielen Deliktgruppen Rückgänge auf. Unser Symbolbild zeigt Streifenwagen der Polizei.
Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

TÜBINGEN. Wie sicher lebt es sich im Landkreis Tübingen? Antworten auf diese Frage will die polizeiliche Kriminalitätsstatistik liefern für das vergangene Jahr 2024 veröffentlicht wurde. Klar ist, bei rund 230.000 Einwohnern im Landkreis bleiben Straftaten nicht aus. Gute Nachrichten gab es dabei in Sachen Mord und Totschlag: Hier gab es einen deutlichen Rückgang auf vier Fälle - während es 2023 noch 13 solcher Gewalttaten gab. In allen vier Fällen überlebten die Betroffenen schwer verletzt, es blieb also beim »Versuch«. Ebenso erfreulich: Während 2023 nur rund drei Viertel dieser Taten aufgeklärt werden konnten, wurden im vergangenen Jahr bei allen vier Fällen die Täter erfolgreich ermittelt. Eine solche Aufklärungsquote von 100 Prozent gab es auch bei den insgesamt 19 angezeigten Vergewaltigungen (2023: 20).

Kriminalitätsschwerpunkte im Kreis

Wenig überraschend: Vor allem in den Städten Tübingen und Rottenburg gab es für die Polizei im Kreis viel zu tun. Fast 4.500 Straftaten gab es in der Unistadt, in der Bischofsstadt waren es rund 1.800. Doch auch in den beiden Städten gab es einen deutlichen Rückgang der Fallzahlen. Gestiegen ist die Kriminalität demnach in Gomaringen (220 erfasste Straftaten/plus 36,6 Prozent im Vegleich zu 2023), Dettenhausen (105/29,6) und Nehren (119/21,4). (GEA)

Deutlich angestiegen ist die Zahl der Fälle des sexuellen Missbrauchs. Hier gab es ein Plus von fast 75 Prozent, von 55 auf nunmehr 96 angezeigte Straftaten. Lutz Jaksche, der Leiter der Pressestelle des Polizeipräsidiums, kann indes teilweise Entwarnung geben: Der Anstieg hing mit einem Tatverdächtigen zusammen, der online Kinder und Jugendliche per Videochat zu sexuellen Handlungen aufforderte. Da der Mann im Landkreis Tübingen wohnhaft ist, schlugen die Fälle hier zu Buche. Klar ist allerdings: in diesem Bereich gibt es auch eine hohe Dunkelziffer. Gleiches gilt für die Fälle der sexuellen Belästigung: Hier gab es einen numerischen Anstieg um fast 40 Prozent, wobei die relativen Zahlen nicht besonders hoch sind: Statt 26 Fällen gab es im vergangenen Jahr 36 Fälle der sexuellen Belästigung, 2020 und 2021 gab es hier noch deutlich mehr Fälle (43/50).

Hohe Aufklärungsquote bei Körperverletzungen

Körperverletzung und Raub: Auf offener Straße überfallen zu werden, davor brauchen sich die Tübingerinnen und Tübinger statistisch betrachtet nicht zu fürchten: Gerade einmal 23 Fälle weißt die polizeiliche Kriminalitätsstatistik für 2024 in diesem Bereich aus. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Zahlen rückläufig, gleiches gilt für die Bereiche Körperverletzung, schwere Körperverletzung und Bedrohung. Derweil stieg die Aufklärungsquote in diesen Bereichen von 89,2 auf 92 Prozent an. Die Fallzahlen in diesen Deliktsbereichen bleiben dennoch auf hohem Niveau: 2024 zählte die Polizei im Kreis Tübingen 999 Körperverletzungen und über 250 schwere Körperverletzungen.

Diebstahl: Nachdem es 2023 einen deutlichen Anstieg der Diebstähle auf mehr als 3.000 Fälle gab, vermeldet das Polizeipräsidium Reutlingen für den Kreis Tübingen wieder sinkende Zahlen - im vergangenen Jahr wurden rund 2.700 Fälle polizeibekannt. Die Dunkelziffer dürfte allerdings hoch liegen, weist die Statistik doch gerade beim Ladendiebstahl eine Aufklärungsquote von über 94 Prozent auf. »Wahrscheinlich zeigen die Geschäftsinhaber oft nur die Fälle an, in denen sie den Ladendieb auf frischer Tat erwischen«, erklärt Polizei-Pressesprecher Lutz Jaksche. In den allermeisten angezeigten Fällen machten es die Menschen den Langfingern einfach: mehr als 1.800 Mal wurden ungesicherte Dinge gestohlen, wohingegen in über 850 Fällen eine Sicherung überwunden werden musste. 32 mal brachen die Kriminellen in Wohnungen ein, ein Rückgang zum Jahr 2023 um rund 25 Prozent. Die durchschnittliche Aufklärungsquote über alle Diebstähle hinweg liegt unverändert bei rund 40 Prozent. Zwei Mal gelang es den Ermittlern, Einbruchsserien aufzuklären. Dementsprechend gab es einen deutlichen Anstieg bei der Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen, auch nun ebenfalls fast 40 Prozent.

Mehr als 100 Verstöße gegen das Cannabisgesetz

Rauschgift: Die Zahl der Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz ist um rund 40 Prozent gesunken - während die Polizei erstmals 104 Verstöße gegen das neue Cannabisgesetz feststellte. Doch weil es im ersteren Bereich einen Rückgang um mehr als 270 Fälle gab, scheinen die Probleme mit Drogen insgesamt geringer geworden zu sein.

Sonstige Straftaten: Kaum Veränderungen gibt es bei den Vermögens- und Fälschungsdelikten (rund 1300 Straftaten), den Betrugsdelikten (980) und der Wirtschaftskriminalität (50). Erfreulich ist dagegen die Entwicklung bei den Brandstiftungen, deren Zahl sich gegenüber 2023 mehr als halbiert hat. Nur 22 Mal mussten die Feuerwehren im vergangenen Jahr zu gelegten Bränden ausrücken.

Die Opfer: Um mehr als 40 Prozent ist die Zahl der Kinder gestiegen, die zu den Opfern von Straftaten geworden sind. Mit insgesamt 214 Fällen machen Kinder unter allen Opfern aber nur einen Anteil von 9,6 Prozent aus. In 77,2 Prozent der Fälle wurden Erwachsene über 21 Jahren Opfer von Straftaten. Und: In vielen Fällen gab es eine Verbindung zwischen Opfern und Tätern: Bei immerhin 43,7 Prozent der Straftaten verzeichnet die polizeiliche Kriminalitätsstatistik eine »Vorbeziehung«. Hingegen gab es bei 52,7 Prozent der angezeigten Fälle keine Beziehung zwischen Opfern und Tätern, in 3,7 Prozent der Fälle blieb dies ungeklärt.

Tatverdächtige: Dreiviertel der Tatverdächtigen waren im vergangenen Jahr Männer, insgesamt konnten rund 2.800 männliche Tatverdächtige ermittelt werden, sowie rund 800 Frauen. Der Anteil der Erwachsenen liegt dabei konstant bei rund 80 Prozent. 40,7 Prozent der Tatverdächtigen hatten nicht die deutsche Staatsangehörigkeit - ein Höchstwert im Vergleich zu den letzten vier Jahren. Im Landkreis Tübingen liegt der Anteil der Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit nach Angaben des statistischen Landesamtes dagegen nur bei 15,2 Prozent. Zum Vergleich: 2021 lag die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen noch bei 31,7 Prozent. Aus Syrien, der Türkei, der Ukraine und Rumänien stammen jeweils mehr als 100 Tatverdächtige. Der Anteil der Flüchtlinge unter den Tatverdächtigen liegt indes bei 10,3 Prozent. Bei 36 Tatverdächtigen konnte die Nationalität nicht geklärt werden. Bei allen vier Fällen von Mord und Totschlag waren die Tatverdächtigen deutsche Staatsangehörige. (GEA)