NEHREN. Schon im Hausflur stechen die Urkunden und Preise, die Walter Wagner durch seine Kleintierzucht gewonnen hat ins Auge. Die Wände des Wohnzimmers und Esszimmers sind tapeziert mit Auszeichnungen von Tierschauen aus ganz Deutschland. Stolz zeigt der Rentner seine Trophäen.
Neben diesen besitzt er auch Modelle von Silberschuppen. An diesen kann man die ungewöhnliche Musterung der Tauben erkennen: dunkler abgerundeter Kopf, markanter silbernen Ring am Hals (von dem auch der Namen stammt), schwarz-weiße Färbung am Körper und fünf weiße Punkte an der Schwinge. Das sind die Merkmale einer Silberschuppentaube. Eine Zeitang hat Wagner auch indische Laufenten gehalten. Es war immer was los. Jetzt ist es ruhig, fast totenstill. Man hört nur noch die Autos vorbeifahren.
Als Junge bekam er einen Hasen vom Metzger im Ort geschenkt. Es war ein besonderes Tier: ein weißer Wiener. Mit diesem Langohr begann seine Zucht. Wagner vermutet, dass es den Hasen aus Mitleid geschenkt bekommen hat, den er wurde mit sechs Jahren zu Vollwaise. Für ihn war der Hase ein Trost.
Zu den Hoch-Zeiten seiner Züchterkarrierer wuselte es bei ihm, er hatte 100 Hasen und 200 Tauben in seinen Ställen. Wagner erzählt, dass er die Tauben eine Zeit im Freiflug gehalten hatte. »Damals war noch nicht so viel bebaut wie heute«, erklärt er. Die Vögel seien dann von ihm zur Wiese geflogen und auch immer wieder nach Hause gekommen. Seine Weißen Wiener hausten schon immer geschützt im Stall.
Der Ruhestand ruft
75 Silberschuppen hatte er am Ende seiner Züchterkarriere noch. Grund für den Ruhestand war, dass es dem 86-Jährigen im Januar gesundheitlich nicht gut ging. Er war gezwungen zu überlegen, wer sich um seine Tiere kümmern kann, wenn nicht er. Er beschloss, seine Tiere abzugeben. Wagner rief einen befreundeten Preisrichter an, der sich darum kümmerte, dass die Tiere abgeholt wurden.
Auf die Frage, wie es war, seine Tiere abzugeben, wird der Rentner sentimental. »Das war nicht einfach. Ich bin gespannt, was die aus den Tieren machen.« Er wolle es aber eigentlich nicht sehen, wo die Tiere sind. »Bei manchem würde mich das nur aufregen.«
Sauberkeit als Erfolgskonzept
Viele der Tricks, derer er sich bedient hat, um eine erfolgreiche Zucht zu betreiben, seien heute verboten. Früher gab es ein gut wirksames Gift, das man auf die Sitzstangen der Tauben gestrichen hat, um Ungeziefer von ihnen abzuhalten, berichtet er. Seine weißen Wiener hat er auf Draht gehalten, damit diese nicht mit dem Kot in Berührung kommen, das ist heute auch verboten. Die Preisrichter der Tierschauen haben ihn jedoch immer wieder gelobt. Auch haben sie ihm gesagt, dass man merke, dass er was für die Gesundheit der Tiere tut.
Tierschauen und Wettkämpfe
Über die Wettkämpfe schwärmt Wagner. Dort hat er viele andere Züchter kennengelernt. »Es war jedes Mal eine Freud«, wenn man sich wiedergesehen habe, erzählt er.
Er hat die Herausforderung gemocht, deshalb ist er auch gerne weiter weggefahren, dorthin, wo ihn die Preisrichter nicht kannten. Zehn Jahre lang habe er nicht mitgemacht bei Wettkämpfen. »Damit die anderen aus seinem Verein auch eine Chance auf Preise haben«, erzählt er lachend.
Aus vielen Ländern sind Menschen gekommen und haben seine Tiere gekauft, aber er selber ist dafür nie ins Ausland gefahren, das war ihm zu weit. Seine letzte Tierschau hatte er in Ulm, dort gewann er mit der höchsten Punktzahl der ganzen Schau. Man kann über ihn sagen - er war der wichtigste Züchter der Silberschuppen.
Die Wege werden zu weit
Zwei Ehrenurkunden soll er dieses Jahr noch verliehen bekommen. Wie er jedoch zu den Veranstaltungen kommen soll, weiß er nicht. In den letzten Jahren ist er immer bei anderen mitgefahren statt selbst zu fahren. Doch eigentlich sei ihm das zu weit, erklärt Wagner. (GEA)