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Klageschrift gegen den B27-Ausbau zwischen Nehren und Ofterdingen liegt vor

Nabu, BUND und das Bündnis nachhaltige Mobilität Steinlachtal haben ihre Klage gegen Ausbau der B27 - die sogenannte Endelbergtrasse - beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim eingereicht. Jetzt geben sie bekannt, auf welche Argumente sie sich stützen.

Das rote Band der Trasse, die die Lücke im Steinlachtal schließen soll: Begonnen wird unten bei Bodelshausen. Endelberg und Ofte
Das rote Band der Trasse, die die Lücke im Steinlachtal schließen soll: Begonnen wird unten bei Bodelshausen. Endelberg und Ofterdinger Berg werden in einer großen Schleife umfahren. Dabei führt die Straße durch Streuobstwiesenbestände und einem Natura 2.000 Gebiet. Foto: Regierungspräsidium Tübingen
Das rote Band der Trasse, die die Lücke im Steinlachtal schließen soll: Begonnen wird unten bei Bodelshausen. Endelberg und Ofterdinger Berg werden in einer großen Schleife umfahren. Dabei führt die Straße durch Streuobstwiesenbestände und einem Natura 2.000 Gebiet.
Foto: Regierungspräsidium Tübingen

OFTERDINGEN/NEHREN. Die Klage gegen den Ausbau der B27 auf der Endelbergtrasse zwischen Ofterdingen und Nehren haben die Naturschutzverbände Nabu, BUND und das Bündnis nachhaltige Mobilität Steinlachtal schon Ende Februar eingereicht. Jetzt folgte eine umfangreiche Klageschrift. Sie erreichte fristgerecht am 9. Mai den Verwaltungsgerichtshof Mannheim. Es ist ein umfangreiches Werk geworden, das 230 Seiten umfasst, dazu kommt ein 200 Seiten starkes Fachgutachten. Dafür haben sich die Naturschutzverbände mit den Fachgutachtern Engelsing&Schmoll aus Leipzig und den Rechtsanwälten PNT Partner (Frankfurt/Hamburg) zusammengetan. Gemeinsam mit einigen Ehrenamtlichen begutachteten sie zuvor das betroffenen Gebiet zwischen den beiden Gemeinden. Die Anwälte rechnen sich gute Chancen aus, das Verfahren zu gewinnen. Ihrer Ansicht nach ist das Planfeststellungsverfahren rechtswidrig, weil gegen den Artenschutz und gegen das Schutzregime von Natura 2000 Gebiete verstoßen werde.

Sorgfältige Prüfung vorgeschrieben

Geschützte Lebensräume, Biotope und Tierarten seien durch die Endelbergtrassen deutlich stärker betroffen, als von den Planern des Regierungspräsidiums angenommen, argumentieren die Vertreter von Nabu und BUND. Und weiter: EU-Vorgaben zum Schutz von Flachland-Mähwiesen, Hochstaudenfluren und Auenwäldern sowie von Fledermäusen, Vögeln und Amphibien seien verletzt werden. Ein Vorhaben könne nur genehmigt werden, wenn »zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann, dass es zu erheblichen Beeinträchtigungen führt«. Das müsse sorgfältig und wissenschaftlich geprüft werden.

Außerdem sei das von der Planung betroffene FFH-Schutzgebiet »Albvorland bei Mössingen und Reutlingen« fachlich falsch abgegrenzt: »Wesentliche, zum Teil sogar die wertvollsten, Biotopflächen, die durch den Bau beeinträchtigt werden, wurden rechtswidrig aus der Schutzgebietskulisse herausgehalten.« Der BUND nannte dabei insbesondere magere Flachland-Mähwiesen. Die Belange von besonders und streng geschützten Arten seien von der Planungsbehörde unzureichend ermittelt und fehlerhaft bewertet worden. So sei beispielsweise der Bestand der streng geschützten Gelbbauchunke nicht erfasst worden. Die letzten Untersuchungen habe es, so der BUND, im Jahr 2009 gegeben. Gleiches gelte auch für die beiden Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus. Betroffenheiten wertvoller Natur- und Umweltbestandteile seien, so die Verbände, »bei Weitem unterschätzt worden«.

Umweltschädlichste Variante

Die Endelbergtrasse ist der klare Favorit der Planungsbehörde im Regierungspräsidiums Tübingen. Sie ist allerdings auch die umweltschädlichste Variante. 21 Hektar werden neu versiegelt, dazu kommen 23 Hektar Straßenböschungen. Die Trasse führt durch ein Natura 2000 Gebiet und durchschneidet den Lebensraum der streng geschützen Wanstschrecke. Deshalb sind im Plan des Regierungspräsidiums umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen und eine Grünbrücke enthalten. Diese Planungen seien allerdings »deutlich defizitär«, argumentieren die Naturschützer. Vor diesem Hintergrund hätten die Vorteile der Tunnelvarianten in der Gesamtbetrachtung und -abwägung ein noch stärkeres Gewicht bekommen müssen. Die Tunnelvariante hatten die Planer in erster Linie mit dem Verweis auf die Kosten abgelehnt: 2016 wurden die Kosten der Endelbergtrasse auf 104 Millionen Euro geschätzt, ein Doppelstocktunnel unterhalb der Ortsdurchfahrt Ofterdingen auf 180 Millionen Euro.

Die Verbände kritisieren außerdem die unzureichende Berücksichtigung der Klimaschutzbelange und des Klimaschutzrechts bei dieser Trassenvariante. Das Projekt stützte sich auf einen alten Bedarfsplan, der laut Gesetz längst hätte überprüft und an den Klimaschutz angepasst werden müssen, so die Argumentation weiter. Diese Pflicht sei versäumt worden.

Katastrophale Auswirkungen auf Flora und Fauna befürchtet

»Die Auswirkungen auf Flora und Fauna wären bei Umsetzung der favorisierten Trasse katastrophal und der Verlust an Natur unwiederbringlich«, schreibt Peter Fischer vom Bündnis nachhaltige Mobilität Steinlachtal auf GEA-Nachfrage. »Wir bedauern, dass dieser Schritt der Klage notwendig wurde«, so Fischer weiter, aber es sei schließlich offensichtlich, dass diese Variante der Verkehrsoptimierung die ungünstigste sei: »6,5 Kilometer durch Streuobst- und Naturschutzgebiete mit einer 30 Meter breiten Trasse, zwölf Brückenbauwerken und mehreren Anschlussstellen sind eine augenfällige Torheit.« Man freue sich nun, dass die Klage, zusammen mit BUND und Nabu zustande gekommen sei. (GEA)