KIRCHENTELLINSFURT. Ruth Setzler hat in der Haushaltsrede der GAL im Kirchentellinsfurter Gemeinderat jüngst ihre Hoffnung geäußert, dass Bund und Land die Rahmenbedingungen schaffen, damit »stationäre Pflege im Alter künftig bezahlbar und kommunal umsetzbar bleibt«. Genau das bahnt sich jetzt womöglich an. Die Landesheimbau-Verordnung soll deutlich entschlackt werden, berichtet Bürgermeister Bernd Haug. Für Kirchentellinsfurt wäre das eine gute Nachricht. Die Hoffnung ist, dass das Martinshaus dann weiter betrieben werden, und der geplante Campus in anderer Form als ursprünglich geplant, realisiert werden kann.
Auf GEA-Nachfrage bestätigte das Sozialministerium die Pläne zur Reform der Verordnung. Allerdings ist das alles noch wenig konkret. Man plane eine »Entbürokratisierung und Flexibilisierung des Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetzes und der darauf basierenden Rechtsverordnungen, darunter auch der Landesheimbau-Verordnung«, teilt die Pressestelle mit. Ziel sei es, die Heimaufsichtsbehörden, aber auch die Träger von Einrichtungen, zu entlasten.
Eines der ersten kommunalen Kleinstpflegeheime
1997 wurde das Martinshaus gebaut. Es war, so Haug, »eines der ersten kommunalen Kleinstpflegeheime«, gebaut mit einer Förderquote von 50 Prozent. So wie es damals geplant wurde, entspricht es aber nach 25 Jahren nicht mehr den aktuell geltenden gesetzlichen Anforderungen. Für Pflegeheime sind keine Doppelzimmer mehr vorgesehen, sondern nur noch Wohngruppen mit maximal 15 Menschen. Außerdem benötigt Kirchentellinsfurt rein rechnerisch bis ins Jahr 2031 insgesamt 56 stationäre Plätze. Im Martinshaus sind aber nur 33 Plätze vorhanden.
Die Gemeinde musste also handeln. Und das hat sie getan: Vor vier Jahren rief sie einen Architektenwettbewerb für den Campus Martinshaus aus, bei dem über 20 Arbeiten eingingen. Gewonnen hatte schließlich das Büro Broghammer Jana Wohlleber aus Zimmern ob Rottweil. Vorgesehen war, das Gebäude des aktuellen Pflegeheims zu erhalten, aber umzunutzen. Dazu sollten auf dem über einen Hektar großen Grundstück dreigeschossige Gebäude mit vier Wohngemeinschaften von jeweils vier Pflegeplätze entstehen.
Mehrkosten von 1.000 Euro pro Pflegeplatz
»Wir waren fertig, aber dann kam die neue Bundesregierung«, sagt Haug. Die stoppte das Förderprogramm für energieeffiziente Gebäude der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Mit diesem Geld hatte die Gemeinde fest gerechnet. Dann brach der Ukrainekrieg aus, was enorme Preissteigungen beim Bau zur Folge hatte. Die Kosten für einen neu gebauten Pflegeheimplatz wären damit um 1.000 Euro gestiegen. Ein derartiger Anstieg sei den Bewohnern nicht mehr vermittelbar, sagte Haug. Das Projekt wurde deshalb in Kirchentellinsfurt erstmal auf Eis gelegt.
Jetzt könnte es sein, das Bewegung in die Sache kommt. Haug hofft auf eine Gesetzesnovelle, die es erlaubt, das Martinshaus in seiner bisherigen Form weiterzuführen. Alles andere wäre nach Ansicht des Bürgermeisters Vernichtung von Kapital. Schließlich sei das Martinshaus nach wie vor ein gut funktionierendes und anerkanntes Pflegeheim. Was dann auf dem großen Grundstück darüber hinaus an seniorengerechtem Wohnen entstehen kann, könnte wieder neu überlegt werden.
Bis dahin braucht es allerdings noch etwas Geduld. »Wir befinden uns derzeit in einem sehr frühen Verfahrensstadium, es handelt sich bislang lediglich um interne Vorüberlegungen des Ministeriums. Was die Landesheimbau-Verordnung angeht, ist geplant, die Träger von einigen Vorgaben zu entlasten«, schreibt die Pressestelle. In Kirchentellinsfurt blickt man jedenfalls mit Spannung auf die Ergebnisse der Vorüberlegungen. (GEA)