TÜBINGEN. Eine Videoüberwachung des Alten Botanischen Gartens in Tübingen, wie von der CDU beantragt, wird es so schnell nicht geben. Auch aus dem ebenfalls von der CDU beantragten Messerverbot wird nichts. Derzeit gibt es dazu keine rechtliche Grundlage, sagte Bürgermeisterin Daniela Harsch im Verwaltungsausschuss am Montag. Weder sei der Park ein örtlicher Kriminalitätsschwerpunkt ,noch gebe es Anhaltspunkte für zukünftige Straftaten. Ganz im Gegenteil. »Tübingen ist sicher«, sagte der Tübinger Revierleiter Heiko Kächele.
Hintergrund des CDU-Antrags ist die Messerattacke im April, bei der ein 23-Jähriger in dem städtischen Park erstochen wurde. Die Tat hatte bei vielen Tübingern Entsetzen ausgelöst und die Frage aufkommen lassen, wie sicher der Alte Botanische Garten eigentlich ist. Die CDU hatte ihren Vorstoß damit begründet, dass der Park »bereits seit längerer Zeit ein besonders mit Kriminalität belasteter Ort in der Stadt« sei. Vor allem in Bezug auf das »Drogenmilieu«. Das Tötungsdelikt habe »mit erschreckender Direktheit aufgezeigt, wie schlecht die Sicherheitslage an gewissen Orten im Stadtgebiet bereits jetzt ist«.
Die Polizei kann das allerdings nicht bestätigen. Ganz im Gegenteil. Innerhalb des Landkreises Tübingen führt die Unistadt zwar die Kriminalitätsstatistik an, die Zahlen liegen allerdings deutlich unter denen von Reutlingen. Auch im Vergleich zu den Städten Stuttgart, Mannheim und Freiburg ist Tübingen wesentlich sicherer. So habe es in der Landeshauptstadt innerhalb eines Jahres über tausend Fälle mit Messerbezug gegeben, berichtete Kächele. Dort gibt es eine Waffenverbotszone. In der gesamten Tübinger Innenstadt waren es im Jahr 2022 elf Fälle. Im Alten Botanischen Garten wurde in den vergangenen drei Jahren kein einziges Mal zum Messer gegriffen.
Auch im Bereich der Drogenkriminalität gibt Kächele Entwarnung. Nur 13 Prozent der Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz im Landkreis Tübingen fanden in der Stadt selbst statt, sechs Prozent im Alten Botanischen Garten.
Zahlen gegen Sicherheitsgefühl
Die Zahlen stehen also dem Sicherheitsgefühl einiger Bürger entgegen. Letzteres könne aber nicht mit Videoüberwachung oder Messerverbote erhöht werden, beantwortete Kächele eine entsprechende Frage des Stadtrats Bernd Gugel (AL). »Wir können nur unsere Zahlen vermitteln.«
Die Polizei setzt nicht auf Verbote, sondern auf verstärkte Brennpunkt-Kontrollen. Aber auch dort gehen die Beamten sensibel vor. »Wir möchten keine rechtsfreien Räume. Aber gleichzeitig muss auch die Freiheit des Einzelnen gewahrt bleiben«, betonte der Revierleiter. In Sachen Sicherheit arbeiten Polizei und Stadtverwaltung eng zusammen. Austausch gibt es jeden Monat.
WENIG KRIMINALITÄT IM ALTEN BOTANISCHEN GARTEN
Mehr Straftaten in Reutlingen als in Tübingen
Der Alte Botanische Garten ist kein Kriminalitätsschwerpunkt in Tübingen. Das lässt sich aus der Polizeistatistik ablesen. Von den 217 Fällen von Straßenkriminalität, die im Jahr 2022 in der Innenstadt begangen wurden, fanden nur vier im Park statt, 58 waren es am Europaplatz und 44 am Anlagensee. Ein Anstieg der Straßenkriminalität im Vergleich zu den vergangenen Jahren ist dabei nicht zu erkennen. Die Zahl der Drogendelikte gibt die Polizei mit 44 für den Alten Botanischen Garten an. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Cannabis-Produkte, sagte Revierleiter Heiko Kächele. Bis auf den Einbruch im Coronajahr 2021 ist auch hier kein Anstieg zu erkennen. Im Gegenteil. Im Vergleich zu 2019 mit 91 Fällen und 2020 mit 73 Fälle ging die Zahl zurück. Ingesamt zählte die Stadt Tübingen rund 5 000 Straftaten pro 100 000 Einwohner im vergangenen Jahr. In Reutlingen waren es rund 6 200 und in Freiburg rund 10 000. Im Landkreis Tübingen hat die Unistadt die höchste Belastung mit Straftaten, gefolgt von Rottenburg und Dußlingen. (GEA)
Peter lang (CDU) bedauerte, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Videoüberwachung fehlen. Es gebe offensichtlich ein »Missverhältnis zwischen gefühlter und tatsächlicher Sicherheit.« Die CDU habe mit ihrem Antrag nicht die Polizei kritisieren wollen, betonte er. »Wir unterstützen ihre Maßnahmen.«
Über den Antrag wurde nicht abgestimmt, da die rechtlichen Grundlagen fehlen. Allerdings gab es ein sehr eindeutiges Meinungsbild: Bis auf Lang und Rudi Hurlebaus (CDU) votierten alle Ausschussmitglieder dafür, den Vorschlag nicht weiter zu verfolgen. Sollte sich an der Sicherheitslage etwas ändern, könne der Antrag wieder aufgegriffen werden, sagte Bürgermeisterin Harsch. (GEA)