MÖSSINGEN. 21 Jahre sind wahrlich eine lange Zeit – die Gründerin des Mössinger Kinderchores der Jugendmusikschule Steinlach (JMS) gab vergangene Woche mit ihren kleinen und großen Choristen ein letztes Abschiedskonzert.
Mit viel Liebe zur Musik und deren Vermittlung verbrachte Gabriele Grieshaber-Haupt unzählige Nachmittage im Kreise von Heranwachsenden und vermittelte diesen nicht nur Stimmbildung, sondern auch deutliche und laute Aussprache, selbstbewusstes Auftreten und jede Menge Freude an der eigenen Stimme im Verbund mit anderen. Gerammelt voll war deshalb auch der Musiksaal der Farrenbergschule, denn die Eltern und Ehemaligen wollten mit Stolz geschwellter Brust das Können des Nachwuchses sehen und beklatschen.
Anna Koch übernimmt Chor
Bei der kleinen Aufführung des Musicals »Jorinde und Joringel« überzeugten die 24 Eleven durch ihre geschulten und sicheren Stimmen, aber auch die Nachwuchstalente an der Flöte mit dem Trio Caprice stellten ihr Können unter Beweis. Ganz mutig: Lara Antonia Schier sang eine Canzonetta von Antonio Caldara ganz alleine – nur mit Klavierbegleitung von Julia Anna Koch.
Koch übernimmt ab sofort die Chorleitung und darüber ist die Gründerin sehr froh. Sie wollte die Stimmgabel nämlich in Hände geben, denen sie absolut vertraut. Denn auch wenn ihr »Baby« nun schon ganze 21 Lenze zählt, so fällt es nicht leicht, ein derartig gut eingeführtes Stück Steinlachkultur einfach abzugeben.
Mit Koch übernimmt eine ehemalige Schülerin von Grieshaber-Haupt. Bereits als Vierjährige sang sie an deren Hand im Kinderchor, wie ein mitgebrachtes Foto beweist. Von Anfang an begleitete Grieshaber-Haupt Kochs musikalischen Werdegang – von der Schülerin über das Studium bis zur Einarbeitung des neuen Postens.
Denn auch wenn die Chorgründerin den Chor verlässt, ihren Klavierunterricht an der JMS gibt sie weiterhin. »Mit dem Umzug nach Tübingen wollte ich mein Deputat nur etwas reduzieren«, sagte die Chorleiterin. Wer sie kennt, weiß, sie ist viel und gern zu Fuß unterwegs, »es ist wichtig, dass man etwas tut und sich bewegt«, erklärte die leidenschaftliche Musikerin am Abschiedsabend und hernach singen 24 Goldkehlen die Vertonung von Goethes Gedicht »Von dem Berge«.
Generationen von Kindern hat Grieshaber-Haupt auf spielerische Weise nicht nur die eigene Stimme geschult, sondern auch eine Ahnung von geistigen Gütern nahegebracht: In Gedichten, Volksliedern, Kunstliedern oder vertonten Märchen. Regelmäßige Aufführungen, Singspiele und Konzerte wie der »Froschkönig«, »Kalif Storch« oder »Die kleine Hexe« schulten nicht nur die Disziplin, sondern auch die Verlässlichkeit der jungen Stimmen – stets liebevoll vorbereitet, mit kreativen Ideen und unermüdlichem Einsatz.
»Besonders beeindruckend war, wie Gabriele während der – gerade für Chöre – schwierigen Coronazeit nicht den Mut verlor, sondern die Zeit für Kreativität nutzte: Sie entwickelte eine ganz besondere Aufführung, die zeigte, wie stark Musik verbinden kann – auch in Zeiten des Abstands«, lobte der frischgebackene Stellvertreter der JMS, Sven Edler, in seiner ersten offiziellen Rede im Amt.
Nach der Pandemie feierte der Kinderchor mit der großen Aufführung der »Zauberflöte« ein glanzvolles Comeback. »Dieses Projekt war nicht nur musikalisch ein Höhepunkt, sondern auch ein Symbol dafür, was Gabriele immer ausgemacht hat: Leidenschaft, Kreativität und die Fähigkeit, Kinderherzen für Musik zu öffnen«, sagte Edler weiter. In seiner Laudatio zeichnete er ein Bild über die kleinen Anfänge in der »Kulturscheune« mit mehrfachen Umzügen in andere Räume, bis schließlich die Institution »Kinderchor I +II« ein festes Zuhause benötigte. Der Kinderchor war nämlich so erfolgreich, dass er schließlich aus allen Nähten platzte. Vor allem, weil viele Mitglieder, welche schon keine richtigen Kinder mehr waren, trotzdem weiter im Chor singen wollten.
Deshalb gründete Grieshaber-Haupt kurzerhand den »Kinderchor 2«. So konnten auch die älteren Kinder und Jugendlichen weiterhin Teil dieser besonderen Gemeinschaft bleiben. »Diese Wanderschaft war sicher nicht immer einfach, doch Gabriele hat mit viel Engagement, Geduld und Improvisationstalent dafür gesorgt, dass der Chor nie seine Freude und seinen Zusammenhalt verloren hat«, betonte Edler.
Neue Heimat in der Schule
Schließlich fand der Chor in der Farrenbergschule seine Heimat – und von da an konnte er weiter wachsen und gedeihen. Gabriele Grieshaber-Haupt hat zwei ganz besondere Kinderchöre geschaffen – aber wie das so ist: Hinter jeder erfolgreichen Frau steht auch ein Mann, der ihr nicht nur den Rücken freihält, sondern sie auch tatkräftig in allen Belangen unterstützt – sei es beim Bühnenbild oder als Assistent. Ohne ihren Mann Wolfgang Haupt wäre dieses Projekt nur halb so schön für alle Beteiligten gewesen.
Auch wenn die Stimmgabel jetzt in hoffnungsfrohe Hände weitergegeben wurde, so werden die Spuren der über 20-jährigen Sangeskraft sicher bleiben – in Erinnerungen der Ehemaligen, die Grieshaber-Haupt musikalisch begleitet hat, in den Liedern, die gemeinsam einstudiert wurden und im lebendigen Geist, der diesen Chor bis heute prägt. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge erklärte Edler: »Wir danken dir von Herzen für dein Engagement, deine Geduld, deine Herzlichkeit und deinen Humor. Du hast nicht nur unterrichtet, du hast junge Menschen geprägt und inspiriert!« (GEA)

