TÜBINGEN. Es klingt wie die makabre Einleitung eines »Tatort«-Spielfilms, ist aber bittere Realität: Ausgerechnet am Ostersamstag ist eine 68-Jährige in Tübingen Opfer einer gewaltsamen Entführung geworden. Inzwischen hat das Polizeipräsidium Reutlingen auf GEA-Anfrage einige Details zu dem kaum vorstellbaren Geschehen gemacht. So wurde die 68-Jährige wohl, als sie sich gegen die Bedrohungen des mit einem Messer bewaffneten Mannes wehrte, mit Schlägen traktiert. Demnach gab es zumindest keine Messerstiche, die die Seniorin verletzten. Gleichwohl wurde das Opfer verletzt und vom Rettungsdienst ins Krankenhaus gebracht, dort war aber eine ambulante Versorgung ausreichend, sodass die 68-Jährige das Krankenhaus wieder verlassen konnte. Wie es mit den seelischen Verletzungen aussieht, dürfte hingegen auf einem anderen Blatt stehen.
Bemerkenswert ist, dass die 68-Jährige es selbst schaffte, sich aus ihren Fesseln zu lösen und den Kofferraum ihres Audi A6 Avant, in den der Täter sie eingesperrt hatte, zu öffnen. Wie das gelingen konnte, kann oder will die Polizei zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht mitteilen. »Zum genauen Ablauf können wir keine Angaben machen«, erklärt Polizei-Pressesprecherin Ramona Döttling. Sie teilt zudem weiter mit, dass »mehrere Ermittlerinnen und Ermittler des Kriminalkommissariats Tübingen mit dem Fall betraut« seien. Sie ermitteln wegen des Verdachts des erpresserischen Menschenraubs. Nach einer Tat, die im ganzen Polizeipräsidium mit den Landkreisen Reutlingen, Tübingen, Esslingen und dem Zollernalbkreis »nur ganz vereinzelt zur Anzeige gebracht wird«. Eine solch gewaltsame Tat ist daher glücklicherweise keineswegs alltäglich.
Zeugenaufruf und Täterbeschreibung
Der Tatverdächtige konnte unerkannt flüchten, von ihm liegt nachfolgende Beschreibung vor: Männlich, etwa 45 bis 50 Jahre alt, sprach akzentfrei Deutsch, normale unauffällige Statur, etwa 175 bis 180 cm groß, kurze gräuliche, eventuell gelockte Haare, trug zum Tatzeitpunkt eine blaue Wollmütze, eine dunkelblaue Jacke mit Reißverschluss und Jeanshose. Ferner hatte der Täter einen hellgrauen Rucksack mit Aufschrift bei sich.
Die Kriminalpolizei Tübingen sucht unter der Telefonnummer 07071-9721400 Zeugen, die Beobachtungen und Wahrnehmungen auf dem Parkplatz im Schleifmühleweg oder im Umfeld der Bank in der Heinlenstraße gemacht haben oder denen der schwarze Audi A 6 mit Tübinger Kennzeichen im Straßenverkehr aufgefallen ist.
Weshalb die Polizei auch vor der Gefährlichkeit des Täters warnt. »So lange wir den Täter nicht festgenommen haben, können wir eine gewisse Gefahr nicht gänzlich ausschließen. Wir raten daher zu Aufmerksamkeit und dazu, die Polizei zu verständigen, sollte eine verdächtige Person, die der Beschreibung entspricht, im Stadtgebiet Tübingen festgestellt werden«, erklärt Döttling. Möglich ist, dass der Täter durch die Gegenwehr der Frau verletzt wurde, hierzu kann die Polizei allerdings derzeit keine Aussage treffen. Bekannt ist dagegen, dass der Täter die Bankkarten der Frau an sich genommen hat - zum Motiv des Täters kann die Polizei aber noch keine Angaben machen. »Wir stehen noch ganz am Anfang der Ermittlungen«, so die Polizei-Sprecherin.
Immerhin haben sich bereits einzelne Zeugen bei der Polizei gemeldet. »Sie werden nun sukzessive befragt und vernommen, um allen Hinweisen nachzugehen«, berichtet Döttling. Details zu den bereits getätigen Aussagen werden aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht veröffentlicht. Auf die laufenden Ermittlungen beruft sich indes auch die Pressestelle des betroffenen Supermarktes im Tübinger Schleifmühleweg. ». Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zu laufenden Ermittlungen grundsätzlich nicht äußern – das gilt auch für unsere Mitarbeitenden«, heißt es in einer schriftlichen Antwort von Mediensprecherin Annika Müller. So bleibt aktuell beispielsweise offen, ob der Supermarkt seinen Kundenparkplatz videoüberwacht. (GEA)