TÜBINGEN. Eine bunt gemischte Menschenmenge von 40 Leuten rennt dienstagabends durch die Tübinger Altstadt. Die Rede ist vom Tübingen Run Club (kurz: TRC), eine Laufgruppe gegründet vom Tübinger Student Hussein Attia im April 2024. Der 25-Jährige hatte sich Anfang vergangenen Jahres für einen Marathon angemeldet und schließlich über Instagram Gleichgesinnte gesucht. Schnell schloss Attia sich mit der gleichaltrigen Hannah Gerlach und dem 24-jährigen Yannis Bührle zusammen - auch beide Studierende in Tübingen. Von da an wurden es immer mehr begeisterte Läufer, die dazukamen. Jetzt trifft sich die Gruppe immer dienstags um 18.30 Uhr am Marktplatz und donnerstags um 7 Uhr am Holzmarkt zum gemeinsamen Joggen.
»Ich dachte, die läuft nie wieder mit mir«
Der TRC ist aber nicht der einzige Run Club in Tübingen. Montags sieht man dann, wie sich der "Own ur way Run Club Tübingen" (kurz: OUW) vor dem Café Schwarzes Schaf um 18 Uhr versammelt. Die Geburtsstätte des OUW war in Heidelberg. Der Gründer der Tübinger Laufgruppe Leo Hackmann stand mit eben diesem Run Club aus Heidelberg in Kontakt und fragte, ob er diesen in Tübingen vertreten solle. Der 21-Jährige startete das gemeinsame Joggen schließlich mit einer Mitstudierenden, Viola Bischoff. Direkt bei ihrem ersten Lauf zusammen bekam die 22-Jährige eine allergische Reaktion und musste vom Krankenwagen abgeholt werden. »Ich dachte, die läuft nie wieder mit mir«, erzählt Hackmann und lacht kurz. Doch der Laufgruppe stand das nicht im Weg. Bischoff erholte sich gut, sodass Anfang Mai 2024 der Instagram-Account erstellt wurde und im Juni fand dann das erste offizielle Run-Club-Treffen statt. "Wir wollten warten, bis wir etwas Aufmerksamkeit haben", erklärt Bischoff. "Zum ersten Run kamen aber direkt über 50 Leute." Das wertet Bischoff als vollen Erfolg.
Jeder kann kommen und ohne Gebühr
Run Clubs gibt es inzwischen in jeder größeren Stadt. Sie unterscheiden sich von normalen Laufgruppen insofern, dass jeder kommen darf - egal welches Lauflevel - und keine Gebühr für das Training entgegengenommen wird. Der OUW teilt sich in vier verschiedene Gruppen auf, was Laufanfängern die Möglichkeit gibt, ohne Stress mitzumachen. Es werden drei, fünf und sieben Kilometer gelaufen, wobei sich die Sieben-Kilometer-Strecke in eine entspanntere und eine schnellere Geschwindigkeit aufteilt. Teilnehmer, die schon länger dabei sind, übernehmen die Gruppenführung. »Man muss sich keinen Kopf machen, dass jemand vergessen wird oder unwohl fühlt«, meint Viola Bischoff. Danach wird im Café Schwarzes Schaf noch etwas getrunken. Leo Hackmann sagt deshalb: »Über Run Clubs kann man gut Leute kennenlernen.«
Beim TRC macht man sich zusammen warm. Hampelmänner und Dehnübungen sind Routine. Hündin Mia, die mit Hannah Gerlach da ist, kann es gar nicht mehr abwarten und bellt während dem Warmmachen aufgeregt. Hussein Attia und sein Team teilen sich beim Joggen auf, sodass am Anfang, in der Mitte und am Schluss jemand läuft. Es bilden sich Gruppen nach Geschwindigkeiten, aber es wird die gleiche Strecke gelaufen. Niemand soll aber beim Laufen allein bleiben. Die soziale Komponente wird in den Vordergrund gerückt. Der TRC geht nach dem 7-Uhr-Lauf im Café Hanseatica zusammen frühstücken. »So starte ich gut in den Tag«, sagt Hannah Gerlach. Bei der bunt gemischten Gruppe des TRC werden Erfahrungen während des Laufens und über den anschließenden Kaffee ausgetauscht. Ein großer Teil der Sportler sind zwischen 20 und 30 Jahre alt, aber es sind auch Menschen Anfang 40 dabei. »Da kommt auch mal ein 30-jähriger mit einem 18-jährigen ins Gespräch«, meint Gerlach. »Sie sind in verschiedenen Lebenslagen, aber es gibt den Schnittpunkt übers Laufen.« Für Menschen, die neu in die Stadt ziehen, sei das ein perfekter Ort, um ins Gespräch mit anderen Tübingern zu kommen - egal ob auf Deutsch oder Englisch. Alle sind willkommen.
Henrik Nolte, ein Teilnehmer beim TRC, gesteht, dass er Laufen eigentlich hasse. Die Gemeinschaft würde es aber erträglich machen. Weitere Läufer beim TRC erzählten: »Man läuft bei jedem Wind und Wetter und es macht immer Spaß.« Roj Nawroz schrieb sogar schon eine Hausarbeit über seine Erfahrungen mit den Run Clubs für die Uni, genauer gesagt über die Selbstvermessung und Selbstoptimierung in der Laufgruppe.
Spendenlauf und Events
Mit den Run Clubs soll auch etwas Gutes getan werden. Anfang des Jahres fand ein Spendenlauf des TRC für die Krebshilfe in Tübingen statt. Der Lauf war in Zusammenarbeit mit den Medi-Paten, Medizinstudenten aus Tübingen, die krebskranken Kindern – auch unabhängig vom Spendenlauf – helfen wollen. Insgesamt machten fast 170 Läufer mit. Das Café Marktschenke und das Café Hanseatica kooperierten und spendeten für jeden Läufer, der mitmacht, sechs Euro. Es kam eine Spende von knapp über 1.000 Euro zusammen.
Die Laufgruppen machen zudem bei Events mit. Mitte April wurde beispielsweise der Österberg bestiegen - oder vielmehr berannt. »Es war ein großes Event mit DJ und Essen«, sagt Viola Bischoff vom OUW. Sie nennen es »Österberg 333«, da der Plan war, dass die Teilnehmer 333 Meter den Berg hochsprinteten.
Bei den Tübinger Run Clubs mal vorbeizuschauen, könne sich also auf jeden Fall lohnen, sagen die Studenten – egal ob für den Sport oder den sozialen Aspekt. »Manche Leute gehen zu beiden Run Clubs«, merkt Hannah Gerlach an. Ob nun mit dem TRC gelaufen wird oder dem OUW, eins ist sicher: Zusammen läuft es sich leichter. (GEA)