KUSTERDINGEN. 14 Männer und Frauen aus allen Härtendörfern sind der Einladung von Birgit Romanowicz am Mittwoch ins Alte Schulhaus in Kusterdingen gefolgt. Beim »Tisch des Engagements« der Senioren- und Anlaufstelle Bürgerschaftliches Engagement (SABE) geht es darum, einen Überblick über das ehrenamtliche Angebot zu erhalten. Die Engagierten tauschen sich aus und beraten einander gegenseitig.
Der von der damals 65-Jährigen 2021 ins Leben gerufene Termin zur Vermittlung und Vernetzung unterschiedlichster Einrichtungen, die Menschen unterstützen und entlasten, ist heute ein »unglaublich bunt gemischter Tisch«, der stetig wächst. Auch Bürgermeister Jürgen Soltau bekundete der SABE-Vertreterin zufolge Interesse. »Er merkt, was das für Potenzial hat«, meint die heute 69-Jährige froh. Hätten alle, die sich angesprochen fühlten, Zeit gehabt, wäre man auf über 20 Personen gekommen. »Es wird so langsam gesehen, was hier wächst«, sagt Birgit Romanowicz. Generell müsse man »aufs Positive schauen, sonst kriegt man Angst« dieser Tage.
An Positivem haben die Härten-Orte allerhand zu bieten. Die Anwesenden sind »kreativ, verbunden, und demokratisch auf Augenhöhe«. Wer da ist, kommt zu Wort: engagierte wie interessierte Bürger. »Man darf auch einfach nur zum Schnuppern kommen«, betont Romanowicz.
Café Miteinander in Wankheim: Die Räume für interkulturelle Begegnung, zu deren Einrichtung in der Oberen Straße 20 sich Bürger schon 2014 zusammengeschlossen, leisten unter anderem mit dem zweiwöchentlichen Sonntagscafé, einem Literaturkreis und dem Reparaturcafé einen Beitrag zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Neu ist eine Schachgruppe, berichtet Edgar Mayer: »Ich hoffe, dass sie weiter wächst.« Die Gruppe sei »zum Trainieren und Kiebitzen« da, auch wer das Spiel lernen möchte ist willkommen. Der Vorstand des Trägervereins Initiative Dorfmitte sucht Verstärkung. Das neue Projekt »Samstagssuppe« konnte noch nicht realisiert werden.
Härtennetzwerk: 2010 als AK der Lokalen Agenda 21 gegründet, ist das Härtennetzwerk heute eine politisch und wirtschaftlich unabhängige Initiative, die Heide Arndt vorstellt. Es will brachliegende Fähigkeiten und regionale Ressourcen fördern, unter Berücksichtigung eines harmonischen Verhältnisses zwischen den Menschen und zur Natur. Dem Gedanken der Gemeinwohl-Ökonomie verbunden, gehört die Tauschbörse ebenso dazu wie der Stammtisch im Café Miteinander. Der Kontakt verläuft via E-Mail mit rund 160 Leuten im Verteiler. Es laufe »einfach super«.
Lernen im Tandem: Die vor zehn Jahren gestartete Initiative umfasst heute 15 Lernpaten - und sucht weitere motivierte Menschen, die ein oder zwei Stunden pro Woche Kindern oder Jugendlichen widmen. Zuletzt wurde das Projekt um die Schulbetreuung erweitert, berichtet Fiona Drewnitzky. So kamen zwei neue Ehrenamtliche hinzu. Neu ist ein aufwändiger Workshop - vier Nachmittage à drei Stunden - für fesselndes Vorlesen. Ein- bis zweimal im Jahr treffen sich die Tandem-Paten, um Probleme und Erfahrungen auszutauschen.
Härtenfunk und Begegnungscafé Kusterdingen: Jürgen Kehrer stellt die im November 2022 gestartete Zukunftswerkstatt vor, die »soziale Projekte, die noch fehlen, unterstützen« will. »Es gibt schon viel«, sagt er, aber eine Gemeinde-App und das Begegnungscafé stocken. Beides liegt der Gruppe am Herzen. Als Coach, der Kommunen und Vereine zum Thema »Einsamkeit« berät, bedauert er das: Einsamkeit sei seit Corona »noch mehr ein Riesenthema« - und beide Projekte wären dagegen eine »ganz starke Option«.
Härten inklusiv: »Es ist wichtig, dass wir zusammenkommen«, findet Ilse Walker. 10 bis 15 Leute tun das alle zwei Wochen bei »Entspannt durch den Alltag« - spendenfinanziert, in der Diakoniestation Härten (In der Braike 12). Jeder darf »einfach mal gucken«. Dazu kommen alle zwei Monate Projekte wie »Basteln für Ostern« und Spielenachmittage.
Bürgerauto: Nach einem unverschuldeten Unfall mit Totalschaden im Herbst befriedigte das Ersatzauto nicht, berichtet Ortschaftsrat Hanns-Peter Wagemann. Aber seit Januar ist das Bürgerauto repariert und seit März gibt es zwei neue Fahrer. Aktuell sind 19 Ehrenamtliche beteiligt. 2024 beförderten sie 3.850 Fahrgäste - 80 Prozent zu Physio und Arztbesuchen, 20 Prozent zum Einkaufen. Abgedeckt werden dabei nur Fahrten auf den Härten - »alles andere muss der Bürgermeister genehmigen«.
Jugendfarm auf den Härten: Sie besteht seit mehr als 20 Jahren »und läuft immer noch sehr differenziert«, berichtet Nicola Otto. Das Betreuungsangebot mit Aktionen in Kooperation mit Fluchthilfe und Integrationsmanagerin nahmen 880 Kinder 2024 wahr. Seit 1. März hat die Jugendfarm wieder für alle Kinder ab sechs geöffnet: samstags von 10 bis 15 Uhr. Neu ist freitags die Hausaufgabenhilfe, die mit 18 Kindern »gut anlief und nach oben offen ist«. Um die Anforderungen an die Ferienbetreuung zu erfüllen, braucht es allerdings Verstärkung - in Form einer Fachkraft für die vakante 32-Prozent-Stelle.
Mensch sein auf den Härten: Die Initiative bildete sich nach einer großen Kundgebung gegen Rechtsruck und Spaltung der Gesellschaft vor einem Jahr in Wankheim, um rechtspopulistischen Parolen Konstruktives und Gemeinschaftsstärkendes entgegenzusetzen. Eine der projektbezogenen Untergruppen um Friedel Nielebock bereitet für den 14. Mai eine Benefiz-Lesung mit dem Schriftsteller Bernhard Schlink (»Der Vorleser«) aus dessen Roman »Die Enkelin« vor. Das Thema »Wie setzt man sich mit andersdenkenden Menschen in Beziehung?« behandelt auch Axel Promies im Workshop »Radikal freundlich«. Zivilcouragetraining soll folgen. Nächstes Treffen des Initiativkreises ist am Dienstag, 11. März, 19.30 Uhr, im Café Miteinander.
Computertreff Härten: »Es gibt ein Wahnsinnsinteresse« an den bislang neun regelmäßigen Treffen, berichtet Dieter Braun. Die widmen sich Smartphone-, Tablet- und Computer-Neuigkeiten sowie Problemen. Spontan finden sich auch immer wieder neue Experten ein. Überraschend unbürokratisch hat das Reparaturcafé jüngst 3.000 Euro an Bundeszuschuss »an Land gezogen«: »Fünf Minuten nach Antragseinreichung kam der Zuwendungsbescheid.«
Offener Mittagstisch Mähringen und Immenhausen: Mit einem Stamm von 25 Besuchern und 16 Aktiven nennt Friedel Nielebock das auf Spendenbasis finanzierte gemeinsame Mittagessen »ein Fest«. Die monatlichen Termine im Mähringer Gemeindehaus seien »total beliebt« - auch bei den Helfern, obwohl das Planen, Einkaufen, Kochen und Anrichten, Servieren und Aufräumen zugleich »wunderbar und saumäßig anstrengend« ist.
Betreutes Wohnen in Wankheim: Die Bewohner von vier Wohnblöcken haben sich zur Hausgemeinschaft zusammengeschlossen - und genießen Besuche vom Bürgermeister mit seinem begeisternden Diavortrag über Afrika ebenso wie von Vorleserin Elvira Stecher. Alle, die sich vorstellen möchten, sind willkommen, sagt Irmtraut Schade von den Maltesern. »Ich find's richtig cool, was da läuft.«
Jugendreferat: Simone Prostka arbeitet mit Jugendlichen vom Bauwagen, Jugendhaus Mähringen und Milchhäusle in Kusterdingen zusammen. Sie bereitet eine Umfrage unter den 10- bis 21-Jährigen aller Gemeindeteile vor: »Was fehlt?«

Neue Idee: Eine Theaterwerkstatt als »Raum der Möglichkeiten« für alle Altersgruppen schwebt »Neuzugang« Elvira Stecher vor. Die Geschichtenerzählerin und Vorleserin startet damit am Montag, 17. März, 18.30 Uhr, im Café Miteinander.
Dorf-App Crossiety: Gudrun Witte-Borst, Gemeinderätin der Härtenliste und im Vorstand des Kreisseniorenrats Tübingen, sammelt Argumente für die von Kirchentellinsfurt und Neckartenzlingen bereits genutzte App. Die bündle »alle Aktivitäten unserer sorgenden Gemeinde«. Der Gemeinderat hatte »Crossiety« im November zwar mehrheitlich abgelehnt. Doch den engagierten Bürgern am Tisch erscheint sie »für die Zukunft essenziell und demokratiestärkend«, fasst Birgit Romanowicz zusammen.
Der »Katalog der Möglichkeiten«, in dem die fast 70-Jährige das Engagement in Vereinen, Initiativen und Agenda-Arbeitskreisen auf den Härten erfasst, wächst also weiter. Dessen »Breite und Buntheit« beeindrucke sie immer wieder. Der nächste »Tisch des Engagements« ist für Mittwoch, 16. Juni, wieder um 16 Uhr im Alten Schulhaus geplant. (GEA)