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Gomaringens Windkraft: Warten auf die Bundeswehr

In Gomaringen könnte es mit der Energiewende deutlich schneller gehen - wenn die Bundeswehr mitspielen würde. Wegen einer sogenannten Hubschraubertiefflugschneise könnten bestimmte Flächen für Windparks herausfallen. Nur weiß niemand von den Planenden, welche das sind. Die Streitkräfte äußern sich dazu nicht und fordern ihrerseits bereits konkrete Pläne.

Windräder sind in der Region Neckar-Alb schwer umstritten. Die Initiative Pro Windkraft Neckar-Alb will nun dem Regionalverband
Windräder sind in der Region Neckar-Alb schwer umstritten. Foto: Arne Dedert/dpa
Windräder sind in der Region Neckar-Alb schwer umstritten.
Foto: Arne Dedert/dpa

GOMARINGEN. »In Berlin preisen sie die Energiewende und bekommen es nicht hin, dass ein Teil des Ministeriums sich klar äußert«, bemängelt Gomaringens Bürgermeister Steffen Heß. Die Ausgangslage ist frustrierend: Zwar hat der Regionalverband Neckar-Alb zahlreiche Flächen für mögliche Windparks aufgezeigt, jedoch verläuft eine Hubschraubertiefflugstrecke der Bundeswehr durch einige der Gebiete. Und ob diese Schneise verlegt werden kann, dazu will oder kann sich die Bundeswehr nicht äußern – mit dem Nachteil, dass in den betroffenen Gebieten nicht anständig geplant werden kann. »Manche Flächen könnten wegen der Bundeswehr ganz herausfallen«, erklärt Heß. Drei der insgesamt acht Flächen liegen auf der Gemarkung Gomaringen.

Wie die Windenergie in der Region ausgebaut werden könnte, prüft die Wiesaz-Gemeinde seit knapp zwei Jahren. Da mögliche Flächen in der Regel über die Gemarkungsgrenzen einer Gemeinde hinausgehen, arbeiten die Kommunen Gomaringen, Mössingen, Nehren, Pfullingen und Reutlingen eng zusammen, um einen geeigneten Standort für die geplanten Windräder zu finden. Je nach Flächenkulisse müssen zudem die Interessen etwaiger privater Eigentümer berücksichtigt werden.

Auf den staffierten Flächen »RT-TÜ-01« und »RT-TÜ-02« könnten in Zukunft auf Gomaringer Gemarkung Windräder entstehen. GRAFIK: REGIONALVERBAND NECKAR-ALB

Eine frisch gegründete Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern der Gemeinde- und Stadtverwaltungen Gomaringen und Reutlingen sowie zahlreichen Gemeinderäten, soll in diesem Dschungel nun Klarheit schaffen: Neben der Ausdifferenzierung der Eigentümerstruktur – salopp formuliert: Wem was gehört und wen bei der Bebauung was betrifft – soll die AG ein sogenanntes Interessenbekundungsverfahren einleiten, durch das ein geeigneter Projektierer für den Windpark gefunden werden soll. »Es geht hier lediglich um das Handwerkszeug für die Gemeinderäte«, sagt Heß. Die Arbeitsgruppe erarbeite ein Konzept und treffe keine Entscheidung. »Reutlingen und Gomaringen werden eigenständig beschließen.«

»Im schlimmsten Fall arbeiten wir also für die Mülltonne - Steffen Heß, Bürgermeister Gomaringen«

Der Projektierer werde schließlich anhand eines bereits ausgearbeiteten Fragenkatalogs und bestimmter Kriterien – wirtschaftlicher, ökologischer, technischer und sozialer Natur – ausgewählt und damit beauftragt, den Windpark detailliert zu planen. Dazu gehören auch Instrumente, wie die Öffentlichkeit in den Prozess möglichst gut eingebunden werden kann. »Damit könnten wir die Kriterien im Innenfeld schon mal abarbeiten«, erklärt Heß.

Ob diese Planungen später Früchte tragen, weiß allerdings nur der Wind: Wie die Bundeswehr der Gomaringer Verwaltung auf ein Schreiben im September mitteilte, könne man »erst nach Vorlage konkreter Planungen von den beteiligten Akteuren eine abschließende Aussage zu den jeweiligen militärischen Belangen geben«. Heißt: Ob die Hubschraubertiefflugstrecke überhaupt verlegt werden kann, könne man erst sagen, wenn die Pläne stehen. »Im schlimmsten Fall arbeiten wir also für die Mülltonne«, sagte Bürgermeister Heß.

Verständnis könne der Schultes dafür nicht aufbringen. »Wir sind ja grundsätzlich bereit, der Bundeswehr Zeit einzuräumen.« Nun winde sich die aber bereits seit über einem Jahr um eine konkrete Aussage. »Es wäre doch viel leichter, man sagt uns, wo wir nicht planen müssen - so schwer kann das doch nicht sein, dass wir eine verbindliche Aussage bekommen.« Erschwerend komme hinzu, dass man gar nicht wisse, wo die Schneise genau entlanglaufe - mit der Folge, dass bestimmte Flächen nicht kategorisch ausgeschlossen werden können. Wie es jetzt laufe, verliere man die Unterstützung der Bürger. »So schaffen wir die Wende nicht«, fasst Heß zusammen.

Zum Thema Windkraft haben sich in Gomaringen bereits zwei Bürgerinitiativen gegründet - ein für, eine gegen die geplanten Räder. »Manche sind dem Thema zugewandt, manche sehen es kritisch«, weiß Heß. »Beides ist legitim, ich sage das wertfrei.« Ärgerlich sei die Haltung der Bundeswehr allemal. »Wenn man jetzt schon mehr wüsste, könnten wir konkret darüber reden und den Dialog suchen.« Apropos reden: Die Kommunen lassen bei dem Thema nicht locker. In naher Zukunft treffe man sich mit Regionalverband und Umweltministerium, um das weitere Vorgehen zu besprechen - dadurch erhoffe man sich ein wenig mehr Klarheit, welche Windvorrangflächen vielleicht doch schon wegfallen könnten. In der vertrackten Situation sieht der Schultes aber auch ein Gutes: »Wenn Flächen bei Gomaringen herausfallen, bleibt ja vielleicht was bei Nehren übrig.« Eventuell könne man die ausgearbeiteten Planungen auch für andere Flächen in der Region nutzen. (GEA)