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Aktuell Haushalt

Freie Wähler beharren auf Boykott

Nach dreistündiger Diskussion beschließt Dußlinger Gemeinderat mehrheitlich einen ausgeglichenen Entwurf

Klaus Zürn von den Freien Wählern fürchtet, dass der Gemeinde eines Tages das Geld fehlt um den Ort zu gestalten.  LUFTBILD: GRO
Klaus Zürn von den Freien Wählern fürchtet, dass der Gemeinde eines Tages das Geld fehlt um den Ort zu gestalten. LUFTBILD: GROHE Foto: Manfred Grohe
Klaus Zürn von den Freien Wählern fürchtet, dass der Gemeinde eines Tages das Geld fehlt um den Ort zu gestalten. LUFTBILD: GROHE
Foto: Manfred Grohe

DUSSLINGEN. Um ein Minus von 130 000 Euro ging es am Donnerstag im Dußlinger Gemeinderat – bei einem Volumen von 13 Millionen ein eher geringer Betrag. Und ums große Ganze. Weil schließlich die Mehrheit im Gremium einem Kompromiss aus Kostenkürzungen (Einsparungen von 40 000 Euro) und moderaten Steuererhöhungen (steigende Vergnügungssteuer und eine Erhöhung der Grundsteuer B von 300 auf 340 Prozentpunkt) zustimmte, kam nach fünf Sitzungen ein ausgeglichener Entwurf zustande.

Elf Gemeinderäte und Bürgermeister Thomas Hölsch stimmten zu, nur die vier Räte der Freien Wähler votierten dagegen. Sie beharrten auf ihrem »Boykott«-Vorschlag (wir berichteten). Demnach sollte das Defizit stehen bleiben, bis das Land den »Abmangel« von einer Million Euro in der Kinderbetreuung ausgleicht.

Einen »Haken« und einen »Knopf« an den Haushalt machen wollte vor allem Hölsch – immerhin war es bereits die fünfte Gemeinderatssitzung zum kommunalen Haushalt für das laufende Jahr.

Gegen Gewerbersteuererhöhung

Für ein »Miteinander« plädierte Harald Müller (DWV). »Wir kennen uns mit nicht ausgeglichenen Haushalten aus«, sagte Müller mit Blick auf das vergangene Jahr. Beim damaligen Entwurf hatte Hölsch Widerspruch eingelegt und eine Haushaltssperre verhängt, um das Defizit auszugleichen. Die »Deckungslücke« entstehe vor allem durch die Abschreibungen, die durch das neue Haushaltsrecht erwirtschaftet werden müssen, so Müller.

Er finde es gut, dass von einer Gewerbesteuererhöhung Abstand genommen wurde. Dennoch solle nicht nur die Einnahmeseite in den Blick, sondern auch der »Rotstift« angesetzt werden. »Ein Boykott verträgt sich nicht mit unserem Verständnis von Demokratie«, so Müller. Grund für die höheren Kosten seien auch verbesserte Leistungen, beispielsweise in der Kinderbetreuung. Müller schlug neben der Erhöhung der Vergnügungssteuer und einer höheren Stellplatzablöse (von 4 000 auf 10 000 Euro) auch Einsparungen bei Personal- und Sachkosten in Höhe von 40 000 Euro vor.

Hölsch war gleich gesprächsbereit. Schließlich werden die Kita-Mitarbeiter mindestens bis zum 14. Februar in Kurzarbeit geschickt – je nach Einrichtung mit 40 bis 60 Prozent. Insgesamt sind davon 25 Mitarbeiterinnen betroffen, der Personalrat hat zugestimmt. Das könnte bereits einen Teil der Einsparung bringen.

Der Haushalts-Rebell

Haushalts-Rebell Klaus Zürn (FWV) erklärte noch einmal seine Position, betonte aber: »Wir machen keinen Showdown.« Die Gemeinde stehe mit dem Rücken zur Wand. In diesem Jahr vor Landtags- und Bundestagswahl gelte es, ein Zeichen zu setzen. »Irgendwann haben wir so viele Schulden, dass wir uns nicht mehr überlegen müssen, wie wir den Ort gestalten«, sagte Zürn.

Susan Ghanayim von den Grünen erklärte, die Gewerbesteuer sinke seit mehreren Jahren, während die Grundsteuer durch weitere Bebauungen und Innenentwicklung steigen. Sie sprach sich dafür aus, die Grundsteuer in drei Schritten von derzeit 300 Prozentpunkten auf den Landkreisschnitt von etwa 360 anzuheben.

Hölsch erklärte, jede Änderung verursache Verwaltungsaufwand. Er plädierte deshalb für einen großen Schritt. Ghanayim forderte langfristig eine Ganztagesgrundschule im Ort sowie Verbesserungen im Fuß- und Radverkehr, Förderung von Passivhäusern und Fotovoltaikanlagen und mehr Bürgerbeteiligung.

Erich Seif (CDU) macht es kurz: Er schloss sich dem Bürgermeister an. Gerlinde Hafner von der SPD erinnerte an den Beschluss zum sozialen Wohnungsbau und die Verlegung Dußlingens auf die Naldo-Wabengrenze, wodurch Busfahren nach Tübingen für viele Bürger billiger wird. Allerdings gibt die Gemeinde dafür einen Zuschuss von 65 000 Euro im Jahr. Hafner forderte die Erhöhung  von Grund- und Gewerbesteuer. »Wir müssen die notwendige Infrastruktur finanzieren und das kommt den Bürgern zugute«, sagte Hafner. Es sei ein Luxus gewesen, dass die Bürger bislang nicht stärker an den Kosten beteiligt wurden.

Gremium einigt sich

Ganz so düster wie einige Gemeinderäte in der nachfolgenden Diskussion wollte der Schultes die Lage seiner Gemeinde nicht sehen: »Bevor wir das Licht ausmachen, ist es um uns herum kuhsacknacht«. Nachdem die Verwaltung zunächst nur die Grundsteuer erhöhen wollte, einigte sich das Gremium auf einen Kompromiss: 40 000 Euro Minderausgaben, Vergnügungssteuer von 20 Prozent der Bruttokasse auf 25 Prozent hoch und eine Steigerung der Grundsteuer B von 300 auf 340 Prozentpunkte.

Nach dem nun verabschiedeten Plan wurde aus einem Defizit von etwa 130 000 Euro ein Plus von 7 000 Euro und damit eine »schwarze Null«. (GEA)