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Aktuell Bürgerversammlung

Flüchtlingsunterkunft in Bodelshausen ist beschlossene Sache

Der Landkreis schafft Tatsachen und richtet in Bodelshausen gegen den Willen der Verwaltung in einem leerstehenden Firmenkomplex eine Asylunterkunft ein.

Fast tausend Bodelshausener kamen zur Bürgerversammlung, um sich über die Einrichtung eines Ankunftszentrum für Geflüchtete zu i
Fast tausend Bodelshausener kamen zur Bürgerversammlung, um sich über die Einrichtung eines Ankunftszentrum für Geflüchtete zu informieren. FOTO: MEYER
Fast tausend Bodelshausener kamen zur Bürgerversammlung, um sich über die Einrichtung eines Ankunftszentrum für Geflüchtete zu informieren. FOTO: MEYER

BODELSHAUSEN/TÜBINGEN. »Es gibt für uns kein ob oder ob nicht. Es gibt für uns einfach keine andere Möglichkeit«. Tübingens Landrat Joachim Walter musste am Dienstagabend vor der imposanten Kulisse von fast eintausend Menschen die Entscheidung des Landkreises verteidigen, in Bodelshausen ein Ankunftszentrum für 250 Geflüchtete einzurichten. Zu der Bürgerversammlung in der Krebsbachhalle hatte die Gemeindeverwaltung eingeladen, die geschlossen gegen das Projekt ist. Bürgermeister Florian King hatte seit Bekanntwerden im Oktober vergeblich versucht, die geplante Unterkunft zu verhindern. »Wir haben aber leider kein Mitspracherecht, weil das eine Sache zwischen Privatleuten und dem Kreis ist«. Er schilderte unter heftigem Beifall die Bedenken der Verwaltung, in diesem Mischgebiet »eine so hohe Anzahl von Leuten auf engem Raum unterzubringen«. Einer dezentralen Verteilung im Ort wäre man offen gegenübergestanden.

Vor dem Hintergrund anhaltend hoher Flüchtlingszahlen muss die Kreisverwaltung jeden Monat siebzig Asylbewerber in Unterkünfte bringen. Sie sei auf jedes private Angebot angewiesen, sagte Walter. Am Vortag hatte Walter allerdings bereits unumkehrbare Fakten geschaffen und einen Mietvertrag mit dem privaten Besitzer abgeschlossen. »Die Menschen sind halt da und wir müssen uns um sie kümmern«, so Walter, »denn die Alternative besteht darin, Turnhallen zu belegen. Das kann niemand wollen.«

In dem Firmenareal im Hintergrund wird ab Mai 2024 das Ankunftszentrum errichtet werden. FOTO: MEYER
In dem Firmenareal im Hintergrund wird ab Mai 2024 das Ankunftszentrum errichtet werden. FOTO: MEYER
In dem Firmenareal im Hintergrund wird ab Mai 2024 das Ankunftszentrum errichtet werden. FOTO: MEYER

 

Bei dem umstrittenen Objekt handelt es sich um eine bald leerstehende Gewerbeimmobilie in der Ortsmitte (gegenüber des Penny-Marktes). Das komplexe, 2 100 Quadratmeter große Gebäude wird von der Medizintechnik-Firma Getinge genutzt, die aber nach Hechingen umzieht. Der Eigentümer hatte längere Zeit nach Nachmieter gesucht und nun mit dem Landkreis einen gefunden. Mietbeginn für den 500.000 Euro teuren Umbau ist, so Walter, der 1. Februar 2024. Die Nutzung soll ab Mai 2024 beginnen, denn bis dahin muss das bisherige Ankunftszentrum für geflüchtete Ukrainer in Rottenburg geräumt werden. Das ehemalige Convita-Hotel in der Kernstadt soll zu einer Klinik umgebaut werden.

25000 Euro Miete

Die geräumige Anlage in Bodelshausen, für die der Besitzer monatlich 25.000 Euro Miete erhält, wird auf mindestens fünf Jahre vermietet – plus Verlängerungsoption. Die insgesamt 250 Plätze teilen sich in 140 für das Ankunftszentrum und 110 für die vorläufige Unterbringung auf. Ein Security-Dienst wird rund um die Uhr vor Ort sein. Es gibt eine Heimleitung, einen russisch sprechenden Sozialdienst und einen Hausmeister.

Bodelshausens stellvertretende Bürgermeisterin Margarete Mende (links)griff die Landkreisverwaltung mit Landrat Joachim Walter r
Bodelshausens stellvertretende Bürgermeisterin Margarete Mende (links)griff die Landkreisverwaltung mit Landrat Joachim Walter rechts scharf an. FOTO: MEYER
Bodelshausens stellvertretende Bürgermeisterin Margarete Mende (links)griff die Landkreisverwaltung mit Landrat Joachim Walter rechts scharf an. FOTO: MEYER

Aus den Reihen, der nur aus dem Ort zugelassenen Versammlungsbesucher, musste sich der Landrat bei der zweieinhalbstündigen Veranstaltung kritischen Fragen stellen. Bodelshausens stellvertretende Bürgermeisterin Margarete Mende griff Landrat Joachim Walter scharf an: »Wir hätten erwartet, dass wir Argumente vor einer Vertragsunterzeichnung mit dem Vermieter untereinander austauschen. Jetzt haben Sie die Gemeinde mit dem Bürgermeister vorneweg an der Leine vorgeführt.«

Mehrere Fragesteller brachten Ihren Unmut zum Ausdruck. Mitunter wird eine Zunahme von polizeirelevanten Vorfällen befürchtet. Da der Polizeiposten im Ort nur bis 16.30 Uhr und am Wochenende nicht besetzt ist, sei die Sicherheit nicht gewährleistet. Walter entgegnete, dass es in Rottenburg in der Vergangenheit keine akuten Polizeieinsätze gegeben habe und das für Bodelshausen auch nicht zu erwarten sei. »Ich werde aber, wenn der Betrieb eine Weile angelaufen ist, wieder zu Ihnen kommen, um zu sehen, ob es tatsächlich Probleme vor Ort gibt.« (GEA)