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Aktuell Critical Mass

Fahrrad-Protestler machen in Mössingen mobil

Rund hundert Mössinger Zweirad-Aktivsten werben auf einer Demo-Tour für eine nachhaltige Fortbewegung im Stadtgebiet.

Fahrradfahrer wünschen sich in Mössingen ein besseres Wegenetz.
Fahrradfahrer wünschen sich in Mössingen ein besseres Wegenetz. Foto: Jürgen Meyer
Fahrradfahrer wünschen sich in Mössingen ein besseres Wegenetz.
Foto: Jürgen Meyer

MÖSSINGEN. »Fahrradfreundliche Kommune« ist eine Auszeichnung der Landesregierung für Gemeinden, die den Radverkehr vorbildhaft fördern. Für ein derartiges Zertifikat ist Mössingen aus Sicht der Radfahr-Gemeinde immer noch nicht genügend aufgestellt. Vor bereits sechs Jahren hatte sich in der Schulstadt ein Ableger der kritischen Radfahrbewegung »Critical Mass« gebildet, um sich »für sicheres, umweltfreundliches und entspanntes Fahren im Stadtgebiet einzusetzen«. Keine radikalen Verkehrswende-Forderungen, sondern der Appell an die Verwaltung, Konzepte zu entwickeln, die mehr Menschen vom Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel überzeugen. Fakt ist: Wir wollen und müssen mobiler sein, ob zur Schule, Arbeit, zum Einkaufen oder in der Freizeit. »In Mössingen liegt alles nahe beieinander, Steigungen gibt es kaum«, so Sprecher Roland Strauß. Es müsse doch im Interesse der Verwaltung liegen, dem Radverkehr, wenn nicht eine größere, dann doch eine dem Autoverkehr gleichgestellte Priorität einzuräumen.

»Wir fordern den Radverkehr attraktiv, nachhaltig und sicher für alle zu gestalten«. Am Freitagabend war eine Hundertschaft von Radlern am Jakob-Stotz-Platz zusammengekommen, um mit einer Demonstrationsfahrt auf die Belange der Zweiradler aufmerksam zu machen. Die Strecke führte unter Polizeibegleitung eine Stunde und zehn Kilometer lang durch die Stadt und Bästenhardt.

Vorschläge werden ignoriert

»Leider ist die Dialogbereitschaft seitens der Stadtverwaltung gering. Vorschläge zum Ausbau und Verbesserung des Radnetzes in Mössingen werden weitestgehend ignoriert. Eine Fortsetzung des Radverkehrskonzeptes ist nicht in Sicht«, so der Organisator mit Blick auf die jüngste Haushaltsdebatte.

Vor zwei Jahren wurde damit begonnen, 1,6 Kilometer Fahrradweg zu ertüchtigen. Für den Teilabschnitt der überregionalen Radroute zwischen Nehren und Bodelshausen hat die Stadt 1,2 Millionen Euro ausgegeben. Ihrem Ziel, »durchgängig sicheren Radverkehr zu ermöglichen und die Verbindungsfunktion zwischen den Stadtteilen zu stärken« sieht sich die Verwaltung »einen Schritt näher«. In der über vierzigjährigen Geschichte des stückchenweisen Radwegebaus geht es im Zeitalter der Pedelecs im Schneckentempo weiter. Nie zu Ende gebrachte Konzeptionen, alte und neue Fahrbahnspur-Markierungen und -Schilder lassen kein Gesamtwerk erkennen.

Knapp hundert Demo-Radler von Critical Mass waren unterwegs, um auf Unzulänglichkeiten für Radfahrer in Mössingen hinzuweisen.
Knapp hundert Demo-Radler von Critical Mass waren unterwegs, um auf Unzulänglichkeiten für Radfahrer in Mössingen hinzuweisen. Foto: Jürgen Meyer
Knapp hundert Demo-Radler von Critical Mass waren unterwegs, um auf Unzulänglichkeiten für Radfahrer in Mössingen hinzuweisen.
Foto: Jürgen Meyer

Critical Mass kritisiert unter anderem die aufwendig gestaltete Querung beim Schwefelbad »als leider nicht schwellenfrei umgesetzt«. Wie auch die Zufahrt nach Bad Sebastiansweiler, die an einer Bushaltestelle abrupt endet. Auf der Strecke durch den Rathaustunnel besteht wegen dem parallel verlaufenden Gehweg-Bordstein bei Begegnungsverkehr akute »Kollisions- und Sturzgefahr«. Besonders gefährlich ist die Radwegführung auf der Karl-Jaggy-Straße wegen der chaotischen Parksituation vor dem arabischen Supermarkt, dem Bioladen und an der Parkplatzausfahrt der Volksbank und des »Müller-Marktes«. Als nicht nachvollziehbar wird die weitere Verkehrsführung Richtung »bäck stage« gesehen. Statt die Radler auf dem ausgebauten und breiten Wirtschaftsweg rechts der Landesstraße nach Nehren zu führen, werden Zweiradfahrer auf einer Holperstrecke linksseitig geführt, um dann beim Kreisverkehr wieder die Straße queren zu müssen.

Das Stückwerk bringt Critical Mass auf die Palme respektive Sattel. »So kann es nicht weitergehen«, sagt Strauß. »Es braucht doch endlich in Mössingen die Einsicht, dass wir nicht wie bisher alles dem Autoverkehr unterordnen können. Wir müssen das Alltagsradeln stärken.« Das landesweite Konzept des Stadtradelns diene in Mössingen nicht dem Ausbau des Radwegenetzes, »sondern es ist ein Sammeln von Kilometern mit Wettkampfcharakter.« Es sei »nicht zielführend, sportliches Radeln zu organisieren, wenn es um die Stärkung des innerörtlichen Radverkehrs geht – ein wichtiger Beitrag für die Attraktivität und für die mobile Zukunft unserer Stadt«. (GEA)

Radfahrer haben in Mössingen Probleme mit der für sie gedachten Verkehrsführung.
Radfahrer haben in Mössingen Probleme mit der für sie gedachten Verkehrsführung. Foto: Jürgen Meyer
Radfahrer haben in Mössingen Probleme mit der für sie gedachten Verkehrsführung.
Foto: Jürgen Meyer