KIRCHENTELLINSFURT. Pünktlich um 14 Uhr nehmen an diesem Samstagmittag die Sängerinnen und Sänger des Projektchors im oberen Vereinszimmer in der Richard-Wolf-Halle ihre Plätze ein. Die Begrüßung untereinander ist herzlich. Es sind nur noch wenige Wochen bis zum Frühjahrskonzert und deshalb möchte Chorleiterin Claudia Faragó die nächsten vier Stunden für eine intensive Probe nutzen. Sie beginnt mit einigen Yoga-Positionen, um den Brustkorb zu öffnen und zu weiten, es folgen Stimm- und Atemübungen, ebenfalls im Stehen. »Lasst mal einen großen Hummelschwarm durch den Raum schwirren.« Alle wissen, wie das geht. »Ssssss«, summen sie laut und deutlich. Faragó ist zufrieden. »Jetzt können wir starten.«
»Wir wollen musikalische Grenzen sprengen und volle Energie bieten«
Obwohl die Sängerinnen und Sänger aus zwei verschiedenen Chören kommen und noch gar nicht so lange gemeinsam singen, sind sie schon richtig gut zusammengewachsen. Der Projektchor ist ein Zusammenschluss von Choropax mit dem Liederkranz Kirchentellinsfurt, der Anfang 2023 erfolgte. Die beiden Chöre waren alleine nicht mehr konzertfähig, da während der Corona-Pandemie etliche Aktive ausgestiegen waren. »Choropax brachte seine Dirigentin Claudia Faragó in das Projekt mit ein, der Liederkranz den Vereinsraum in der Richard-Wolf-Halle sowie sein gut sortiertes Notenarchiv«, so Roland Kurz, Chorsprecher von Choropax. »Die Bezahlung der Dirigentin teilen sich die Chöre.«
Das mittlerweile zweite Konzert des Projektchors trägt den Titel »Barock’n’Rock« und ist eine unterhaltsame und kurzweilige Zeitreise durch mehrere Jahrhunderte mit alter und neuer Musik. Auf dem Programm stehen neben barocken und rockigen Stücken auch Evergreens, Volkslieder und Filmschlager. Die Titel wurden von Faragó ausgewählt. »Wir wollen musikalische Grenzen sprengen und ein schwungvolles Programm voller Energie bieten.«
Das Konzert in der evangelischen Martinskirche wird mit barocken Sätzen eröffnet. »Komponisten brachten diese Musikstücke wie frische Prêt-à-Porter-Mode aus den oberitalienischen Metropolen zu uns, wo sie später ins Deutsche übersetzt wurden.« Ein Beispiel dafür ist das ums Jahr 1591 veröffentlichte heitere Tanzlied »An hellen Tagen« von Giovanni Gastoldi, ein Komponist des Frühbarocks. Besonders reizvoll: Die Stimme tritt in diesem Stück als Instrument auf, das zum großen Teil aus Tonsilben besteht.
Auch auf dem Programm: das französische Trinklied »Tourdion« aus dem Jahr 1530, das mit seinem volkstümlichen Charakter zum Tanzen auffordert und den Weingenuss preist. Rockig wird es mit »Barbara Ann« von den Beach Boys und anschließend mit »Rock for Fun«. Zwischen den einzelnen Gesangsblöcken hat Faragó Solostücke eingeplant, die von Jürgen Knöpfler auf dem E-Piano gespielt werden.
Nach der Aufwärmphase beginnt Chorleiterin Faragó die Probe mit dem populären plattdeutschen Klassiker »Dat du min Leevsten büst«. Die Sängerinnen und Sänger meistern die sprachliche Herausforderung des norddeutschen Liebesliedes schon recht gut, deshalb kann sich die Dirigentin dem nächsten Stück zuwenden, dem als Calypso gesetzten »Kuckuck, Kuckuck, ruft’s aus dem Wald«. Sie lässt die Frauen und Männer abwechselnd singen, feilt an jedem Ton und fordert gesanglichen Schwung zum lateinamerikanischen Rhythmus ein. »Super, hey, ja«, lobt sie und freut sich, dass der Gute-Laune-Swing bereits gut sitzt.
»Alle haben Erfahrung im Chorgesang und bilden eine gute Gemeinschaft«
Mit dem bekannten Schlager »Veronika, der Lenz ist da« geht es in die 1920er-Jahre. »Ich möchte das Lachen in euren Stimmen hören«, fordert Faragó den Chor bei der Probe auf und singt vor, wie sie sich das vorstellt. Zur Übung lässt sie einige Passagen des Liedes wiederholen, die Stimmung im Vereinsraum wird dabei noch fröhlicher.
Der Projektchor hat aktuell 23 Sänger und Sängerinnen, die zwischen Mitte 30 und Mitte 70 Jahre alt sind. »Sie haben alle Erfahrung im Chorgesang und bilden eine richtig gute Gemeinschaft«, sagt Faragó. Das zeigt sich auch in der Pause, in der Ella Nill Flachswickel verteilt, die sie vor der Probe gebacken hat. »Es macht einfach Spaß, hier zu singen. Bei uns im Liederkranz waren vor der Fusion einfach zu wenig Sänger«, sagt sie.
Am Anfang sei es nicht einfach gewesen, die Vereinsstrukturen der Chöre unter einen Hut zu bringen, erklärt Hans Kehle, Vorsitzender des Liederkranzes Kirchentellinsfurt. »Die Hauptsache war ja, dass wir singen wollen, und das stand dann relativ schnell im Raum.« Auch Bärbel Deh kommt vom Liederkranz. »Ich singe sehr gerne im Projektchor. Unsere Dirigentin hat einfach ein Händchen dafür, uns zu motivieren.« (GEA)
FRÜHJAHRSKONZERT
Das Frühjahrskonzert des Projektchors in der evangelischen Martinskirche in Kirchentellinsfurt ist am Sonntag, 30. März. Es beginnt um 18 Uhr. Der Eintritt zum Konzert ist frei. Die beiden Chöre freuen sich über Spenden. (GEA)