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Ehrenamtliche in Mössingen geehrt: »Viel G’schäft, aber keine Arbeit«

Beim achten Mössinger Bürgerempfang wurden sieben »stille Helfer« mit der Ehrennadel der Stadt ausgezeichnet.

OB Michael Bulander und Ehrenamtsbeauftragte Barbara Schott rahmen die Geehrten ein, von links: Dieter Neth, Marianne Ulmer, Nor
OB Michael Bulander und Ehrenamtsbeauftragte Barbara Schott rahmen die Geehrten ein, von links: Dieter Neth, Marianne Ulmer, Norbert von Wulfen, Andrea Baur, Joachim Behrens, Albina Bilallli-Zeqiri und Hans Martin Schneider. Foto: Jürgen Meyer
OB Michael Bulander und Ehrenamtsbeauftragte Barbara Schott rahmen die Geehrten ein, von links: Dieter Neth, Marianne Ulmer, Norbert von Wulfen, Andrea Baur, Joachim Behrens, Albina Bilallli-Zeqiri und Hans Martin Schneider.
Foto: Jürgen Meyer

MÖSSINGEN. Das ehrenamtliche Engagement hat in Deutschland wieder zugelegt. Rund vierzig Prozent der über 14-Jährigen leisten freiwillige Arbeit für die Gesellschaft und ihre Mitmenschen. Vor 25 Jahren waren es noch rund 31 Prozent. »Das spürt man auch in Mössingen«, versicherte OB Michael Bulander: »Die Vesperkirche erfährt immer mehr Zulauf, die Nachbarschaftshilfe ist auf vielen Schultern verteilt, die Feuerwehrabteilungen sind stark wie nie«. Von den sportlichen und musikalischen Leistungsträger einmal ganz abgesehen.

Beim Bürgerempfang am Freitagabend in der vollbesetzten Quenstedt-Aula wurden stellvertretend für die Vielen vier Männer und drei Frauen für ihr großes Engagement mit der Ehrennadel ausgezeichnet. Zum achten Mal gab es öffentliche Wertschätzung und Dank für Menschen, »die meist im Stillen und ohne viel Aufhebens der Stadtgemeinschaft durch ihre wertvolle Arbeit Zeit widmen«.

Hochwertige Broschüre auf dem Rathaus

Mehr über die Aktivitäten der Ehrenamtlichen gibt es in der hochwertigen Broschüre des Jahresrückblicks zu lesen, die auf dem Rathaus erhältlich ist. Vorschläge für die Bürgerehrung 2026 können bis zum 31. Oktober bei der Stadt eingereicht werden. (GEA)

www.moessingen.de/buergerservice

Die Geehrten in dem zweistündigen Festakt, festlich eingerahmt von der Chorgemeinschaft und köstlich bewirtet durch den Talheimer Liederkranz, sehen sich stellvertretend für die Menschen, die sich in herausragender Weise für andere zum Wohl unserer Gesellschaft einsetzen. So Dieter Neth, Sprecher der Gruppe: »Für mich und meine Mitstreiter und Gleichgesinnten ist das zwar viel G’schäft, aber koi Arbeit«. Er dankte denjenigen, »die uns dem Gemeinderat vorgeschlagen haben«. Und der Kommission bestehend aus Ortsvorstehern, Gemeinderäten und Verwaltungsleuten, die letztlich die Auswahl getroffen haben. Federführend der Koordinatorin für Bürgerschaftliches Engagement, Barbara Schott, einer der Laudatorinnen des Abends.

Dieter Neth war sechs Jahre lang Vorstandsvorsitzender der Bürgerstiftung Mössingen. Zugleich ist er Projektleiter fürs Bürgerauto mit seinen 27 Fahrern. Dadurch ermöglicht er vielen, meist älteren Menschen, wieder größere Mobilität sowie die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, so Laudator Marcus Hölz. »Er engagiert sich weit über das hinaus, was Ehrenamt ausmacht«. Seit 2013 ist Neth im Netzwerk Streuobst aktiv. In zahlreichen anderen Projekten bringt er seine Expertise ein und stellt als weitgereister Ingenieur und Fachmann für nachhaltige Energiewirtschaft sein Wissen kostenlos zur Verfügung.

Marianne Ulmer ist seit 2015 im Freundeskreis Asyl aktiv und betreut gleichzeitig mehrere geflüchtete Familien. Dabei sind auch Großfamilien, bei denen sie Hilfe in Alltagsthemen, Unterstützung bei der Wohnraumsuche, Ausbildungs- und Arbeitsplatzsuche, sowie bei bürokratischen Hürden leistet. Aus den Kontakten wurden Freundschaften. Mittlerweile haben alle ihre »Schützlinge« Arbeit und können den Lebensunterhalt selbst bestreiten. Schott: »Es tut gut, dass wir solche Menschen wie sie haben.«

Mit Andrea Baur kam die Initiatorin des ökumenischen Frauenfrühstücks zu Ehren. Sie war vor über 40 Jahren Ideengeberin, auch der Mutter-Kind-Gruppe beim CVJM, und sorge nach wie vor gemeinsam mit einem Vorbereitungsteam bei mehreren Veranstaltungen für hochkarätige Referenten, musikalische Beiträge und attraktive kulinarische Angebote, führte Schott auf. Sie habe als Seelsorgerin und Brückenbauerin zu professioneller Hilfe außerdem immer wieder Menschen in Grenzsituationen und Ausnahmezuständen vielfältige Unterstützung geleistet.

Marianne Ulmer ( Mitte) mit der Ehrenamstskoordinatorin Barbara Schott und OB Michael Bulander.
Marianne Ulmer ( Mitte) mit der Ehrenamstskoordinatorin Barbara Schott und OB Michael Bulander. Foto: Jürgen Meyer
Marianne Ulmer ( Mitte) mit der Ehrenamstskoordinatorin Barbara Schott und OB Michael Bulander.
Foto: Jürgen Meyer

Ein Leben für den TV Belsen: Joachim Behrens schied kürzlich als Vorstand für Infrastruktur aus dem Team aus. Er ist seit 42 Jahren Mitglied im Verein und engagiert sich seit 1986 in der Jugendarbeit als Fußballtrainer, war Beisitzer im Hauptausschuss. Für den Erhalt der Sportanlagen und des Vereinsheims samt Gaststätte (Umbau) war er in den letzten zehn Jahren Hauptverantwortlicher mit vielen hundert Einsatzstunden. Laudator Jürgen Auer lobte seine »Scharnierfunktion« zwischen Verein, Stadt und Projektbeteiligten, »von denen hoffentlich weitere Generationen Mitglieder profitieren werden.«

Ohne Albina Bilalli-Zeqiri würde es in der Flüchtlingsbetreuung nicht so rund laufen, so die Integrationsbeauftragte Dilek Aydin. Die aus dem Kosovo stammende Dolmetscherin mit Master-Abschluss in Literatur hilft vielen Familien aus Albanien und anderen Ländern, die in Mössingen wohnen. Sie übersetzt überdies in Serbisch, Kroatisch, Englisch und Deutsch bei Terminen in Schulen, Arztpraxen oder Behörden, gibt kostenlos Nachhilfe und Ratschläge bei Alltagsfragen. Ihre vielen ehrenamtlichen Hilfsangebote gibt sie selbstverständlich und frage dabei nie nach Religion oder Nationalität.

»Es gibt wenige Menschen, die ein solch immenses und detailreiches Wissen über ihre Heimat haben«, zeigte sich Laudatorin Dr. Franziska Blum von Hans Martin Schneider begeistert. Den seit Jahrzehnten passionierten Ortschronisten in Öschingen »müsse man eigentlich unter Denkmalschutz stellen«. Er führt historische Ortsrundgänge mit interessanten Anekdoten, erforscht Details aus Handwerk, Handel, Gewerbe und Landwirtschaft im Ort. Sein Wissen hat er mehrfach in Büchern und Artikeln veröffentlicht. Am 26. Oktober stehe der nächste öffentliche Rundgang unter dem Thema »Made in Öschingen« an.

Einer von sieben Geehrten: Norbert von Wulfen umrahmt von den OBs Michael Bulander und Dirk Abel.
Einer von sieben Geehrten: Norbert von Wulfen umrahmt von den OBs Michael Bulander und Dirk Abel. Foto: Jürgen Meyer
Einer von sieben Geehrten: Norbert von Wulfen umrahmt von den OBs Michael Bulander und Dirk Abel.
Foto: Jürgen Meyer

Gleich zwei Oberbürgermeister rückten den jüngst ausgeschiedenen Chef eines der größten Sportvereine in Baden-Württemberg mit fast 2.000 Mitgliedern und 10 Sparten ins Rampenlicht. Norbert von Wulfen war 2009 in die Spvgg eingetreten, kurz darauf wählte man ihn zum Finanzvorstand, ein Jahr später zum 1. Vorsitzenden. Nach langjähriger Anstrengung übergab von Wulfen den Verein schuldenfrei an seinen Nachfolger Dirk Abel, weswegen, nachdem er 2023 in Balingen zum OB gewählt worden war, man wieder von Wulfen aktivierte. In seiner Laudatio erinnerte Abel, wie schwierig es war, bei immer mehr bürokratischen Hürden, vier Pächterwechsel und Renovierungen den großen Verein in der Bahn zu halten. Er würdigte von Wulfens Verdienst um den Jugendschutz und das Fördern von Kindern aus finanziell benachteiligten Familien. Dem Nordlicht folgt nun der Berliner Carsten Henselek. Der wohnt, wie Abel, in Belsen. »Wenn das nicht ein gutes Zeichen der Integration ist, dass wieder ein Belsener den größten Mössinger Verein leitet«. (GEA)