MÖSSINGEN. In der Aula der Friedrich-List-Gemeinschaftsschule war das Herzstück: ein langer Tisch mit Karteikarten. Darauf standen kleinere und größere Aufgaben, die ehrenamtlich übernommen werden sollen. Ringsum waren Stände von Vereinen mit Mitmachangeboten und Informationstafeln aufgebaut. »Es kommen viele Leute, die sich interessieren«, sagte Elke Schelling. Sie war in Schichten gleich an mehreren Ständen tätig, unter anderem bei der Nachbarschaftshilfe. Unter dem Motto »Engagiert in Mössingen« setzte sich der »Markt der Möglichkeiten« auf dem Schulhof fort. Dort waren größere Gerätschaften von Feuerwehr, THW und DRK aufgebaut, beispielsweise eine mobile Küche und ein großer Kran.
Niederschwelliger Einstieg
Rund 30 Vereine, Organisationen und Initiativen präsentierten sich am Sonntag und viele Leute informierten sich. »Wir sind mit der Resonanz sehr zufrieden«, sagte die städtische Ehrenamtskoordinatorin Barbara Schott. Sie sprach zur Begrüßung ebenso wie Oberbürgermeister Michael Bulander. Die Jugendmusikschule Steinlachtal machte Musik.
Anders als im Vorjahr standen draußen Foodtrucks, an denen es Speisen und Getränke gab. »Damit wollen wir die Vereine entlasten, damit sie sich ganz auf ihre jeweiligen Schwerpunkte konzentrieren können und nicht auch noch bewirten müssen«, sagte Schott. Mit den Karten solle ein niederschwelliger Einstieg in freiwilliges Engagement ermöglicht werden. »Es sind meistens kleine Aufgaben, damit die Leute nicht das Gefühl haben, sie müssen sich gleich für ihr ganzes Leben verpflichten«, erklärte Schott.
Zumeist engagieren sich Leute ehrenamtlich, wenn sie im Ruhestand sind. Doch entgegen dem Vorurteil sind auch junge Menschen aktiv. Deshalb hat die Stadt mit fünf von ihnen Videos gedreht, in denen sie ihre Motivation erklären: anderen helfen, etwas zurückgeben. Das Mütter- und Familienzentrum sucht zum Beispiel Unterstützung in der Spielgruppe. Dabei geht es um die Betreuung von Kindern zwischen ein und rei Jahren, deren Eltern den Deutschsprachkurs besuchen. Die Spielgruppe dient zur Vorbereitung auf den Kindergarten und das soziale Leben des Kindes. Der Zeitaufwand wird mit zwei Stunden in der Woche am Vormittag beziffert. Das Netzwerk Streuobst sucht Helfer beim Mostseminar, das einmal jährlich im April an einem Freitagabend in der Kulturscheune abgehalten wird. Eine kurze Einweisung reicht aus, um das übernehmen zu können. Bonus: »Es darf auch selbst probiert werden.«
Etwas weniger vergnüglich klingt die Hilfe beim »Ausmisteln«: Dabei müssen von Misteln befallene Äste abgesägt und das Schnittgut zusammengetragen werden. Immer wieder sonntags sucht die Mössinger Hospizarbeit Helferinnen, die Kuchen spenden. In diesem Jahr gibt es noch zwei Termine. Wer kurz vor Weihnachten noch nichts vorhat, kann den CVJM beim Mössinger Weihnachtsmarkt Anfang Dezember einmalig unterstützen. Gesucht werden aber auch dauerhafte Mitspieler im Posaunenchor.
Etwas regelmäßigere und aufwendigere Aufgaben hält zum Beispiel das Deutsche Rote Kreuz bereit: Bereitschaftsdienste, technische Dienste wie der Aufbau und die Betreuung von Strom- und Wasserversorgungen und klassische Sanitätsdienste. »Es wird immer schwieriger, Leute zu finden, die eine Aufgabe verantwortlich übernehmen«, sagte Eberhard Bazlen, Vorsitzender des DRK-Ortsvereins Mössingen-Ofterdingen. Das können auch solche im indirekten Bereich sein. »Einfach zu sagen, jemand kümmert sich um die Homepage und dann läuft das.« Dabei würden immer mehr Aufgaben ans Ehrenamt übertragen. Als Bazlen vor 35 Jahren beim DRK anfing, hatte die Organisation zwei bis drei Bereitschaftsdienste im Jahr. »Jetzt haben wir das im Monat«, sagte Bazlen. Wenn größere Schäden eintreten, werden die Helfer gerufen. Dabei kann es auch im die Betreuung von Unverletzten gehen. »Das sind wichtige Aufgaben, aber wir müssen das immer mit unseren Arbeitgebern klären«, sagte Bazlen. Eine gesetzlich geregelte Freistellung wie bei der Feuerwehr gebe es nicht.
Die Qual der Wahl
Neben den Infoständen wurden verschiedene Mitmachaktionen angeboten. So gab es einen kleinen Workshop und ein Quiz für Kinder. Für die jüngeren Gäste gab es eine Spielstraße mit Kinderschminken und Vorleseaktionen. »Es ist beeindruckend, wie vielfältig das ehrenamtliche Engagement in Mössingen ist«, sagte eine Besucherin aus Bästenhardt. Wo sie sich selbst einbringen wolle, wisse sie noch nicht genau. Im Haus Regenbogen könne sie sich gut vorstellen, ein Spiel- oder Bastelangebot zu machen. »Vielleicht mache ich auch etwas anderes, wenn meine Tochter in die Schule kommt und ich mehr Zeit habe.« Der Markt zeige geballt, wie vielfältig bürgerschaftliches Engagement in der Stadt sei. (GEA)

