DUSSLINGEN. »Mensch, so siehst du in echt aus!« Zwei Schauspieler des Albträumer Theaters in Dußlingen stehen sich staunend gegenüber. Fast hätten sie sich nicht erkannt, denn viele aus dem Ensemble kannten sich nur von Online-Proben. In diesen Tagen trafen sich die rund ein Dutzend Schauspieler zur ersten Probe in Präsenz für das neue Stück.
Im Garten der ambulant betreuten Wohneinrichtung der Liebenau-Stiftung in der Dußlinger Bahnhofstraße werden schwere Koffer geschleppt. Ob das neue Stück etwa mit dem Thema Reisen zu tun hat? Regisseurin Silke Saracoglu und Assistentin Simone Benzinger verraten zunächst nicht viel. Alte Koffer könnten für alte Geschichten stehen. Und auch der Titel des Stücks gibt nicht viel her – den gibt’s noch gar nicht.
Simone Benzinger, die mit diesem Praktikum ihre Ausbildung zur Theaterpädagogin abschließen wird, begrüßt gemeinsam mit Silke Saracoglu die ankommenden Schauspielerinnen und Schauspieler. Hendrik ist schon da, dann kommen Birgit und Leonie, die ihre Mitspieler überhaupt zu ersten Mal live sieht. Zum Schluss kommen Mel und Lutz, die mit einem Spalier wie ein Königspaar empfangen werden.
Familiennamen haben keine Bedeutung, auch nicht, ob einer oder eine aus dem Ensemble jung ist oder alt, zu Fuß geht oder im Rollstuhl fährt. Sie kommen aus unterschiedlichen Berufen, ihre Voraussetzungen sind verschieden. Gemeinsame Basis ist die Freude am Theaterspiel. Im März vergangenen Jahres, eine Woche vor dem ersten Lockdown, hatte die Truppe ihre begeistert aufgenommene »Albtraumrevue« auf die Bühne gebracht. Dann war erst mal Schluss. Die Pandemiebedingungen, konkret der ausschließlich virtuelle Kontakt, haben die Entwicklung des Stücks sehr beeinträchtigt, berichtet Simone Benzinger. »Durch den Abstand ist die Entstehung der Rollen sehr viel statischer geworden«, erklärt die Regieassistentin. Die Dynamik spontaner Einfälle ist naturgemäß ausgeblieben.
Um was es denn nun geht in der noch namenlosen Geschichte? »Jeder Koffer steht für eine Szene«, verrät Silke Saracoglu nicht viel. Und jede Szene spielt an einer anderen Stelle im Ort, mal in privaten Höfen, mal beim Backhaus, andere beim Café am Hindenburgplatz.
Die örtliche Bürgerstiftung hatte vor zwei Jahren die Idee, das kulturelle Leben in Dusslingen mit dieser Theaterarbeit zu bereichern. Menschen sollen sich treffen und kennenlernen, die sich sonst im Alltag wohl nicht begegnet wären, so das Ziel, wie es Dr. Ursula Barthlen, stellvertretende Vorsitzende, formuliert.
Soviel ist zum Stück schließlich doch zu erfahren: Ein Ereignis von außen steht im Mittelpunkt und bringt das Leben tüchtig durcheinander. Selbst die Märchenwelt gerät in Unordnung. Geplant ist, dass das Stück am 18. und 19. September und am darauffolgenden Wochenende aufgeführt wird. (GEA)