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Aktuell Forst

»Die Wetterextreme sind Stressfaktoren«

Der Ofterdinger Wald leidet unter dem Klimawandel und liefert der Gemeinde ein unerwartet hohes Plus

OFTERDINGEN. Nachhaltigkeit ist schon seit 300 Jahren der oberste Grundsatz in der deutschen Forstwirtschaft. Der Wald soll wirtschaftlichen Gewinn bringen, ökologisch wertvoll sein und den Menschen als Erholungsraum dienen. »Das alles müssen wir unter einen Hut bringen«, sagte der Ofterdinger Revierförster bei seinem Jahresbericht. Die Witterung spielt eine entscheidende Rolle. Und 2023 war erneut ein Extremjahr.

»Bei den aktuellen Preisen kann man nicht mehr guten Gewissens einschlagen«

»Der heiße und trockene Sommer wird noch lange nachwirken«, sagte Alexander Köberle, Abteilungsleiter Forst beim Landratsamt Tübingen. Er geht zum Jahreswechsel in den Ruhestand und verabschiedete sich später von den Ofterdinger Gemeinderäten. In den vergangenen Jahren sei die Durchschnittstemperatur verglichen mit dem langjährigen Mittel fast immer zu hoch gewesen, so Köberle. Der September dieses Jahres war der wärmste in den letzten 75 Jahren, der Juni der trockenste. Danach gab es allerdings von April bis Mai ordentliche Niederschläge. »Die Wetterextreme sind Stressfaktoren für die Natur und den Wald«, sagte Köberle. Durch den langen, warmen Herbst konnten sich die Borkenkäfer entwickeln und gut in die Überwinterung starten. Deshalb müsse nächstes Jahr mit einem starken Anstieg gerechnet werden.

Wegen Sturmschäden, Dürre, Käfer- und Pilzbefall wurden dieses Jahr 1.040 Festmeter im Ofterdinger Wald eingeschlagen – geplant war deutlich weniger. Das führt zu einem ebenfalls höheren Überschuss von 45.000 Euro im Betriebsergebnis. Das fließt in den Gemeindehaushalt. "Gewöhnen Sie sich bitte nicht daran", sagte Gerster. Die Preise für das Nadelstammholz sind von Höchstwerten im Frühjahr um die 110 Euro pro Festmeter wieder auf 65 bis 70 Euro gesunken. Als Gründe nannte Köberle die nachlassende Bautätigkeit, schlechtere Konjunkturaussichten und das viele Sturmholz, das auf den Markt gekommen sei und damit den Preis drückte. In der Region war das vor allem im August in Reutlingen und im Zollernalbkreis der Fall. »Bei den aktuellen Preisen kann man nicht mehr guten Gewissens einschlagen«, sagte Köberle. Auch die Preise für Laubhölzer wie Buche und Esche seien leicht rückläufig. Der Preis für Eiche hält sich indes auf hohem Niveau. "Brennholz bleibt stark nachgefragt", sagte Köberle.

»Für manche Kinder ist das einer der wenigen Naturkontakte«

Die Panik ist allerdings verschwunden. »Letztes Jahr mussten wir in der Gaskrise schauen, wie wir das Holz gerecht verteilen«, sagte Förster Gerster. Das erfolgte über jährliche Auktionen und eine verdoppelte Angebotsmenge. »Beim Brennholz haben wir ähnliche Hamsterkäufe beobachtet wie beim Klopapier in der Corona-Zeit.« Der Durchschnittspreis stieg auf 95 Euro je Festmeter Polterholz. Einige Leute kauften dennoch so viel, dass sie sechs Wochen nach der Versteigerung wieder einen Teil zurückgeben wollten. Aktuell habe sich der Preis wieder bei 80 bis 90 Euro stabilisiert, berichtete Gerster. Wie geplant wurden Jungbestände gepflegt. Sogenannte Brennholz-Selbsterwerber, die laut Gerster einen »Kurzzeiturlaub in der Wildnis« machten, kamen günstig an Brennstoff und der Wald wurde kostengünstig gepflegt.

»Der Waldumgang im Mai war für alle Sinne zum Genießen«, sagte Gerster. Teilweise sei es auf verschlungenen Pfaden quer durch den Wald gegangen, vorbei zum Beispiel an großen Höhlenbauten des Dachses. Mit Aushubmaterial vom Regenüberlaufbecken wurde im Wald ein Maschinenweg befestigt. Die Ökologie sei gut, so Gerster. Als Beispiele führte er nistende Vögel und Laubfrosch Biotope an. »Die neu angelegten Feuchtbiotope werden gut angenommen«, sagte Gerster. Die Gemeindemitarbeiter unternahmen ihren Betriebsausflug in diesem Jahr in den Wald. Neben dem Sommerferienprogramm sind Kindergärten und die Burghof Schule regelmäßig zu Besuch. »Für manche Kinder ist das einer der wenigen Naturkontakte«, sagte Gerster. Das Weihnachtsbaumschlagen ist in diesem Jahr am Samstag, 16. Dezember, geplant. (stb)