TÜBINGEN. Aktive Euthanasie am Menschen ist in Deutschland, anders als etwa in der Schweiz, verboten. Anders sieht es bei Haustieren aus. Das zeigte ein Fall, der jetzt am Tübinger Amtsgericht verhandelt wurde: Einem 68 Jahre alten Hundehalter aus Tübingen wurde vorgeworfen, gegen das Tierschutzgesetz verstoßen zu haben. Verteidigerin Martina Fränkl betonte hingegen: »Mein Mandant hat in gutem Gewissen gehandelt.«
Ehe der Mann im Mai vergangenen Jahres in Urlaub fuhr, hatte er bemerkt, dass sein zu diesem Zeitpunkt sieben Jahre alter Hund schwächer war als zuvor: Neben dem Fahrrad sprang das Tier nicht so kräftig einher wie gewohnt. Und es erbrach sich. Der Hundehalter, ein pensionierter Human-Mediziner, untersuchte das Tier und stellte fest, dass es Knötchen unter der Haut hatte. Es sei allerdings nicht in einem sorgeerregenden Zustand gewesen.
Nach dem Urlaub fand der Halter sein Tier in deutlich schlimmerem Zustand vor
Drei Tage später war der Zustand des Tieres aber so schlecht, dass die Urlaubs-Betreuerin des Hundes, mit ihm zum Tierarzt ging. Als der Hundehalter nach einer Woche aus dem Urlaub kam, habe er seinen Vierbeiner »in deutlich schlimmerem Zustand« als vor der Reise vorgefunden. Die Betreuerin gab dem Mann Medikamente mit, die der Tierarzt verschrieben hatte. Der Rechnung, so der Mann, entnahm er die Diagnose Pyodermie, eine eitrige bakterielle Hauterkrankung.
Der Mediziner stellte schorfige Stellen fest, jedoch keinen Eiter. Nachdem er sich mit der Fachliteratur beschäftigt hatte, kam er zu einer anderen Diagnose: Es müsse sich um ein hepatokutanes Syndrom handeln, dabei sterben Hautzellen ab. Dieses Syndrom trete bei einer anderen Grundkrankheit auf – Leberzirrhose. Unheilbar. Hepatitis war hinzugekommen. Das Tier lag bereits im Sterben. Aufgrund seiner Kenntnis der Humanmedizin war sich der Mann sicher, dass es in einem Zustand sei, in dem es keine Schmerzen spüre.
Der Mediziner war sich sicher, dass sein Hund keine Schmerzen verspürte
Die Urlaubsbetreuerin des Hundes trug den Fall allerdings an das zuständige Veterinäramt heran. Eine als Zeugin geladene Tierärztin sagte aus, das Tier sei ausgetrocknet und apathisch gewesen. Der Angeklagte bezeichnete diesen Zustand als »Leberkoma«, das Organ sei nicht mehr in der Lage, Giftstoffe abzuwehren. Die verteilten sich im ganzen Körper. Ein Mensch verspüre in diesem Zustand keine Schmerzen. Gegenteiliges habe er aus der Fachliteratur im Bereich Tiermedizin nicht entnehmen können. In der Folge entspann sich ein Disput unter Medizinern um Daten, Diagnosen und mögliche Therapieformen.
Staatsanwalt David Schwarz räumte ein, dass es dem Hundehalter nicht darum gegangen sein könne, sein Tier zu quälen, das Schicksal seines Vierbeiners sei dem Mann nicht egal gewesen. Allerdings sei er der externen Aufforderung seitens der Betreuerin und der Veterinäre nicht nachgekommen, das Tier ein weiteres Mal zum Tierarzt zu bringen. Das sei so gewesen, damit das Tier zu Hause in Ruhe sterben könne, wiederholte Verteidigerin Fränkl. Sie forderte einen Freispruch.
Schuldspruch am untersten Ende des Ermessensspielraums
Richterin Elena Weber folgte in ihrem Urteil der Forderung der Staatsanwaltschaft, die Strafe des Mannes mit 40 Tagessätzen à 60 Euro am untersten Ende des Ermessensspielraums anzusiedeln. Sie war der Überzeugung, dass das Tier Schmerzen gehabt haben musste, die gelindert hätten werden können: »Sie haben beschlossen, es der Natur zu überlassen. Aber das ist eine Straftat.« (GEA)
Im Gerichtssaal
Im Gerichtssaal: Richterin: Elena Weber. Staatsanwalt: David Schwarz. Verteidigerin: Martina Fränkl.

