ROTTENBURG-WURMLINGEN. Dürfen sich weiße Menschen schwarz anmalen, um Afrikaner darzustellen? Die Debatte um das umstrittene »Blackfacing« wurde am Montag beim Wurmlinger Pfingstritt neu entfacht.
? Was ist der Wurmlinger Pfingstritt?
In Kern geht es um einen sportlichen Wettkampf der alle zwei Jahre stattfindet. Dabei müssen junge Männer – immer die Jahrgänge, die zum Stichtag 18 und 19 Jahre alt werden, in vollem Galopp vom Rücken eines Pferdes aus einen geschmückten Baum aufheben. Der Wettkampf ist eingebunden in eine Art rituelles Theater, bei dem bestimmte kostümierte Figuren Sprüche aufsagen. Da gibt es einen Pfingstbutz, einen Adjutanten einen Koch und einen Mohrenkönig.
? Seit wann gibt es diese Tradition?
Schriftlich dokumentiert ist sie seit 1852. Die Wurmlinger behaupten jedoch, dass sie bis ins Mittelalter zurückgeht. Die Figuren wurden jedoch erst 1951 erstmals in altertümlichen Gewändern dargestellt.
? Wie lösten die Jahrgänger von 2023 das Mohrenproblem?
Bei der letzten Veranstaltung 2023 benannten die damaligen Jahrgänger den Mohrenkönig zum »König der Mauren« um und verzichteten, darauf das Gesicht des Darstellers schwarz zu schminken. Letztlich hat jedoch die Bezeichnung »Mauren« für die Völker Nordafrikas den selben Wortursprung wie das Wort »Mohr«. Der neue Jahrgang sah das Thema jedoch anders und kehrte zur traditionellen Darstellungsform zurück.
? Welchen Text sagt der Mohrenkönig?
Auch der Text ist nicht ganz unproblematisch. Das heißt es: »Ich bin der König der Mohren. Wie ihr mich seht, bin ich geboren. Ich habe schwarzes Haar und ein weißes Gesicht. Ein jeder glaubt er kenne mich.« Ein Widerspruch, denn nach diesem Text hat der Mohrenkönig ein weißes Gesicht und müsste sich nicht schminken. Kritischer wird es später, als es heißt: »Ich habe auch die Menschen schon oft erschreckt, wenn ich meine Zähne hervor hab gebleckt. Drum nehmt euch, ihr Mädchen vor mir in Acht, ich komme zu Euch wie ein Dieb in der Nacht.«
? Warum dürfen beim Pfingstritt eigentlich keine Frauen antreten?
So will es die Tradition. Obwohl auch in Wurmlingen deutlich mehr Frauen als Männer reiten können, ist der Pfingstritt in Wurmlingen – ebenso wie das österliche Eierlesen in Kiebingen auf der anderen Seite des Neckars – den Männern vorbehalten. Die meisten Männer müssen eigens für das Pfingstreiten auf geliehenen Pferden reiten lernen. Immer wieder kommt es deshalb auch zu Stürzen beim Pfingstritt. (GEA)