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Aktuell Auszeichnung

Der Menschenrechtspreis 2025 geht an die Refugee Law Clinic Tübingen

Die Menschenrechtswoche 2025 wurde mit einer kontroversen Frage eröffnet: Können wir uns die Reichen noch leisten?"

Die Refugee Law Clinic (von links: Micha Heinkelein, Patricia Tumele, Selina Holzinger und Selin Wacker) erhielt den Menschenrec
Die Refugee Law Clinic (von links: Micha Heinkelein, Patricia Tumele, Selina Holzinger und Selin Wacker) erhielt den Menschenrechtspreis 2025. Foto: Foto: Michael Sturm
Die Refugee Law Clinic (von links: Micha Heinkelein, Patricia Tumele, Selina Holzinger und Selin Wacker) erhielt den Menschenrechtspreis 2025.
Foto: Foto: Michael Sturm

TÜBINGEN. Bis zum 22. Juni möchte der Tübinger Verein Menschenrechtswoche Menschenrechte im Alltag sichtbar machen und Handlungsmöglichkeiten aufzeigen. Die diesjährige Menschenrechtswoche legt den Fokus auf Menschenrechte und Armut. Der Titel der Veranstaltungsreihe, »Können wir uns Reiche noch leisten?«, sorgte bei der Eröffnung der Menschenrechtswoche im Weltethos-Institut für Unstimmigkeiten.

Christopher Gohl, Geschäftsführer des Weltethos-Instituts, warf in seiner Begrüßung die Frage auf, wer denn überhaupt für die Einhaltung der Menschenrechte zuständig sei. Die soziale Marktwirtschaft? Der Papst? »Ich kann nur davon abraten, es sich moralisch zu einfach zu machen«, sagte Gohl. Er kritisierte, dass das Programm der diesjährigen Menschenrechtswoche halte akademische Aufarbeitung und Aktivismus auseinander.

Christopher Gohl kritisierte den Titel der Veranstaltungsreihe

Zudem finde er die Auswahl des Titels der Veranstaltungsreihe problematisch: Es sei ein falsches Signal, die Menschenrechte nur als ein linkes Thema zu betrachten: »Dem möchte ich entgegentreten.« Mit dieser Eröffnungsrede hatten die Organisatorinnen um Lour Buchstab und Svea Hilbert nicht gerechnet. Sie kritisierten Gohl, dass er ihnen den Inhalt seiner Rede nicht bereits im Vorfeld mitgeteilt habe. So hätten sie nicht angemessen auf seine Kritik regieren können.

Die diesjährige Schirmherrin der Menschenrechtswoche, Ann-Marie Kaiser, bezeichnete die Frage, ob sich unsere Gesellschaft Reiche noch leisten könne, als spannend: Die per Video zugeschaltete Koordinatorin für Kinderchancen in Tübingen sagte, sie erfahren regelmäßig von Armutsfolgen, die Grund für Benachteiligung und Ausgrenzung seien.

Deutschlandweit jedes fünfte Kind von Armut betroffen

Deutschlandweit sei mehr als jedes fünfte Kind von Armut betroffen. Auf individueller Ebene halte die ärmere Hälfte der deutschen Bevölkerung lediglich 0,5 Prozent des gesamten Nettovermögens. Durch extremen Reichtum, so Ann-Marie Kaiser, geraten mehrere Menschenrechte ins Wanken, etwa die der Freiheit und Gleichheit, des Rechts auf Wohlfahrt und das Recht auf die Ermöglichung eines Lebensstandards zum eigenen Wohl und dem der Familie.

Zur Jury für den Menschenrechtspreis 2025 gehörten Nominierte aus dem Jahr 2024: der Lesekreis und Schwimmen für Kinder. Erneut standen drei Tübinger Organisationen zur Auswahl. Die Initiative »Tübingen hilft Ukraine« sammelt Geld- und Sachspenden und organisiert Transporte von Hilfsgütern in das vom Krieg erschütterte Land.

Nominiert waren »Tübingen hilft Ukraine« und »MediNetz Tübingen«

Der Verein »MediNetz Tübingen« vermittelt Menschen, die keine Krankenversicherung besitzen, anonym an Ärzte und Therapeuten. Anfallende Kosten werden über Spenden finanziert. Sobald medizinische Behandlung für alle Menschen gesetzlich festgelegt sei wolle sich der Verein auflösen, so dessen Sprecher, der Medizinstudent Marco Tricomi.

Den Preis erhielt die »Refugee Law Clinic«, ein Verbund von Studierenden, der Geflüchteten in erster Linie bei juristischen Schritten zur Seite steht. Laut Patricia Tumele, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni, wurde die Law Clinic selbst 2016 gegründet, 2018 entstand der Verein: »Vor drei Jahren, nach Corona, sind wir so richtig aktiv geworden.«

»Refugee Law Clinic« machte das Rennen

Sie selbst hängte nach ihrem Examen ein Semester dran, um die benötigte einjährige Zusatzausbildung im Bereich Asylpolitik zu absolvieren. Die anderen drei, Selin Wacker (12. Semester), Selina Holzinger (10. Semester) und Micha Heinkelein (Referendar) sind alle noch in der juristischen Ausbildung. Die Beratungen finden in Zusammenarbeit mit folgenden Institutionen statt: Mit dem Tübinger Café to Stay, dem Asylzentrum in der Reutlinger Heilig-Geist-Kirche und dem Asylzentrum in Betzingen. (GEA)