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Aktuell Finanzen

Dem Landkreis Tübingen geht finanziell die Puste aus

Keine Luft mehr zum Atmen: Der Haushaltsplan 2025 des Tübinger Kreishaushalts zeigt, dass alle Rücklagen aufgebraucht sind und der Schuldenstand ein Allzeithoch erreicht hat.

Der neue Haushalt des Kreistags gibt den Kommunen für 2024 die Richtung vor.
Der neue Haushalt des Kreistags gibt den Kommunen für 2024 die Richtung vor. Foto: Jürgen Meyer
Der neue Haushalt des Kreistags gibt den Kommunen für 2024 die Richtung vor.
Foto: Jürgen Meyer

TÜBINGEN. Fundamentale Fragen stehen im Raum, wenn Landrat Joachim Walter über den Haushaltsplan des Tübinger Landkreises für das kommende Jahr spricht. Was er prophezeit hat, sei eingetreten: Man müsse erstmals darüber nachdenken, dem Bürger Leistungsrückgänge zuzumuten. Oder soll die Sozialhilfe künftig mit Kassenkrediten bezahlt werden? Soll die geplante Regionalstadtbahn deutlich später kommen, weil Planungsphasen mangels Masse verschoben werden?

Immerhin stehen Mehrausgaben in Höhe von 28,2 Millionen Euro im Raum - dies bei einem Haushaltsvolumen von 385 Millionen. Die bittere Wahrheit überbrachte Walter den Kreisräten am Mittwochnachmittag. Es werde für die Kommunalpolitiker wohl eine Haushaltsklausur geben müssen, verriet Walter. Dabei dürfte eine Frage besonders oft gestellt werden: Woher kommen die Mehrausgaben und wer soll sie bezahlen? Am Mittwoch, 11. Dezember, wird über den Haushaltsplan abgestimmt.

Viele Gemeinden im Kreis kämpfen mit den Finanzen

Das Loch mittels Kreisumlage den Städten und Gemeinden aufs Auge zu drücken, sei dieses Mal wohl schwer zu vermitteln, ist Walter überzeugt. Städte und Gemeinden seien bereits über die Misere informiert. Ihnen würde eine weitere Erhöhung jegliche Luft zum Atmen nehmen - viele kämpfen jetzt schon mit der Genehmigung ihrer wackeligen Haushaltspläne durch das Regierungspräsidium.

Nach aktuellem Stand müsste die Kreisumlage um 5,73 Prozentpunkte auf 36,82 Prozent angehoben werden, um das erforderliche Kreisumlageaufkommen von 164,8 Millionen Euro zu erreichen. Allein auf die Stadt Tübingen käme eine Erhöhung in zweistelliger Millionenhöhe zu.

Als Grund für die Mehrausgaben nannte Walter »das kontinuierliche Anwachsen von Aufgaben, die uns der Bund und Land immer wieder ohne ausreichende Gegenfinanzierung aufladen«. Dabei habe allein der Landkreis Tübingen an das Land Baden-Württemberg 137 Entlastungsvorschläge gemacht. Statt darauf einzugehen, schafften Land und Bund stets neue Vorschriften. »Wir brauchen keine weiteren Bürokratiemonster«, wurde Walter deutlich. Man müsse bei der Entbürokratisierung schneller werden, um nicht noch mehr Staatsverdrossenheit zu bekommen.

Bundesteilhabegesetz sorgt für höhere Kosten

Einen Schwerpunkt bei den Kostensteigerungen bilden die sozialen Leistungen. Sie kosten 11,8 Millionen Euro mehr als im Vorjahr - insgesamt 153 Millionen. Auf der anderen Seite sinken die Erträge auf 60,1 Millionen, weil der Bund nicht zahlt. Walter spricht von »weiterhin nicht auskömmlicher Erstattung für die dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) bedingten Mehraufwendungen in der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen«. Das meiste komme ohnehin gar nicht bei den Bedürftigen an, sondern versickere in der Administration. Im Entwurf des Staatshaushaltsplans sei auch keine ausreichende Erstattung dieser Mehraufwendungen vorgesehen.

Beim Thema Flüchtlinge sei eine Prognose der Zugangszahlen weiterhin schwer möglich. Aufgrund der aktuell stark gestiegenen Zuweisungszahlen aus der Ukraine rechnet der Landkreis mit monatlich 45 Zuwei-sungen von Kriegsvertriebenen. Bei den Zuweisungen der sonstigen Geflüchteten habe sich die Zahl in den letzten Monaten stabilisiert, so dass die Landkreisverwaltung für 2025 von 59 Geflüchteten ausgeht.

Im investiven Bereich sind Gesamtausgaben in Höhe von 18,2 Millionen Euro für Investitionen und 3,5 für Kredittilgungen eingeplant. Der Schwerpunkt der Investitionen liegt weiterhin bei den beiden zentralen Schulbaumaßnahmen – die Errichtung des Campusgebäudes im Berufsschulzentrum Tübingen-Derendingen und die Schulraumerweiterung an der Beruflichen Schule Rottenburg. Dabei sollen 2025 insgesamt 15 Millionen Euro bereitgestellt werden. Bei den befürchteten, zurzeit üblichen Baupreissteigerungen lasse sich festhalten, dass diese im Vergleich mit den derzeitigen Inflationsraten der letzten Jahre mit rund 6 Prozent eher moderat ausfallen, mein Walter. (GEA)