TÜBINGEN. Eine Kundgebung in Form eines Infostandes: Das kündigt die AfD für Samstag, 19. Juli, von 9 bis 12 Uhr in der Tübinger Karlstraße in der Nähe des Modehauses Zinser an. Die beiden Landtagsabgeordneten Hans-Peter Hörner (Balingen) und Sandro Scheer (Göppingen) und Bundestagsabgeordneter Martin Hess werden kommen und über ihre jeweiligen Schwerpunkte Umwelt, Migration und Bildungspolitik sprechen. Auch die Kreissprecherin Anna Schneider wird da sein, sagt Hörner. Das Motto der Kundgebung: »Schwarz Rot Gold ist bunt genug!«
Diese Nachricht hat einiges an Aufregung in der Unistadt verursacht. Eine ganze Reihe an Organisationen rufen zur Gegendemonstration auf. Das Bündnis gegen Rechts Reutlingen-Tübingen und die Seebrücke treffen sich schon um 8 Uhr in der Karlstraße. Um 10 Uhr folgt dann eine große Gegenkundgebung mit anschließendem Demokratiefest. Aufgerufen hat dazu ein breites Bündnis: Dabei sind unter anderem Fridays for Future, DGB, SPD, Grüne, Jusos, die Tübinger Geschichtswerkstatt und Vivat Lingua.
Symbolische Brandmauer rund ums Rathaus
Die AfD habe für Samstag die Versammlung mit 35 Teilnehmer angemeldet, bestätigt die Presseabteilung der Stadt. Da es sich um die erste Versammlung der AfD in Tübingen handle, könne man allerdings nicht beurteilen, ob diese Anzahl realistisch sei. Auf jeden Fall rechnet die Stadt mit vielen Gegendemonstranten. Schließlich habe es in der Vergangenheit in Tübingen immer wieder Demonstrationen gegen Rechts gegeben, an denen mehrere tausende Menschen teilnahmen. Zuletzt war das im Januar 2024. Damals gingen in Tübingen rund 6.000 Menschen gegen rechtsgerichtete Kräfte auf die Straße und bildeten eine symbolische Brandmauer rund ums Rathaus.
Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass auch dieses Mal die Gegendemonstration »recht stark frequentiert« sein wird. Die Versammlung der AfD genieße allerdings den grundgesetzlichen Schutz des Artikels 8, der die Versammlungsfreiheit garantiert. Das Ordnungsamt sei bezüglich der notwendigen Maßnahmen in engem Austausch mit dem Polizeirevier Tübingen. »Es werden die notwendigen Vorbereitungen getroffen, um am Samstag gut vorbereitet zu sein«, schreibt die Pressestelle.
Adäquater Kräfteeinsatz
Auch der Pressesprecher der Polizei, Christian Wörner, hält sich bedeckt, was genau geplant ist. »Alle sollen friedlich ihre Rechte wahrnehmen können«, sagt Wörner. Die Polizei werde einen »ordnungsgemäßen Ablauf gewährleisten«. Wie viele Beamten im Einsatz sein werden, verrät der Pressespreche nicht. Es werde einen adäquaten Kräfteeinsatz geben. Und er fügt hinzu: »Wir sind vorbereitet.«
Mit Tübingen hat sich die AfD eine Stadt herausgesucht, in der sie mit viel Gegenwind rechnen muss. Dazu kommt noch der Ort des Infostandes in der Nähe des links-alternativen Jugendzentrums Epplehaus. Höhner allerdings wiegelt ab. Es sei eine ganz normale Kundgebung wie in jeder anderen Stadt auch, sagte der AfD-Landtagsabgeordnete. Man habe erst kürzlich Stände in Balingen, Reutlingen und Göppingen gehabt. Einen besonderen Anlass gebe es dafür nicht. Die AfD sei schließlich die einzige Partei, die auch außerhalb der Wahlkampfzeiten das Gespräch mit den Bürgern suchen.
Ob die Tübinger Bürger wiederum das Gespräch mit der Partei suchen, die deutschlandweit als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wird, wird sich am Samstag zeigen. Oberbürgermeister Boris Palmer hat seine Meinung zu den angekündigten Kundgebungen und Gegenkundgebungen schon auf Facebook geäußert: »Ich kann wirklich auf eine Demo der AfD in Tübingen verzichten. Am Samstag wird sie vor allem den Geschäften den beginnenden Sommerschlussverkauf vermiesen und Hundertschaften Polizei beschäftigen.« (GEA)

