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Besuch im Mössinger Werkcafé: Wenn Eichhörnchen Hilfe suchen

Wann brauchen Eichhörnchen menschliche Hilfe? Was ist im Notfall zu tun?

Ein quirliges Eichhörnchen schaut sich im Café um.  FOTO: KURT REGETZ
Ein quirliges Eichhörnchen schaut sich im Café um. FOTO: KURT REGETZ
Ein quirliges Eichhörnchen schaut sich im Café um. FOTO: KURT REGETZ

MÖSSINGEN. Vier zutrauliche Eichhörnchen kamen vor Kurzem im Mössinger Werkcafé in der Karl-Jaggy-Straße vorbei. »Wir dachten sofort, es sei eine Mutter mit ihren drei Kindern«, sagt Susi Kühnberger, die Betreiberin des Cafés. Zwei Besucherinnen saßen draußen und plötzlich hüpfte ein rotes Eichhörnchen auf deren Tisch, während die drei kleineren flink und neugierig durch die geöffneten Türen ins Innere sprangen und unter den Tischen herumhüpften. »Es war niemand drin im Café und ich versuchte mit einem kleinen ausziehbaren Zaun die flinken Tiere davon abzuhalten, in die Küche zu rennen.«

Auf Entdeckungstour

So schnell konnte man gar nicht gucken, wie die vier im Café herumwuselten und in geöffnete Schubladen hineinlugten und hinter jede Kommode schauten. In diesem Moment kamen just Werner Dost und Kurt Regetz vorbei und kriegten sich kaum mehr ein vor Lachen: »Eine ratlose Susi Kühnberger, die verzweifelt versucht, mit einem grobmaschigen Dekozaun die Küche einbruchsicher zu machen«, erzählt Dorst und lacht wieder bei der Erinnerung daran.

Regetz zückte sofort das Smartphone und erwischte nur noch ein Hörnchen, das neugierig an der Hand von Dorst schnupperte. Während die anderen so schnell wie sie hereinkamen, auch schon wieder verschwunden waren. »Ungefähr fünfzehn Minuten haben sie hier neugierig alles angeschaut, nur die Hunde-Ecke, wo normalerweise unser Jack-Russell-Mischling döst, die haben sie gemieden.«

Möglicherweise wollten sie der neuen Betreiberin des Cafés einfach mal »Guten Tag!« sagen. Seit März existiert das neue Werkcafé. »Ich habe hier nebenan im Hof und auf dem großen Baum schon öfter Eichhörnchen gesehen«, sagt Kühnberger. »Aber warum sie ausgerechnet heute vorbeikamen, weiß ich nicht«, rätselt sie. Möglicherweise müsste man Warnschilder aufstellen (»Vorsicht! Eichhörnchen kreuzen!«), damit die Autos langsamer fahren, fachsimpeln manche Gäste tags drauf, als sie von der Begebenheit erfahren. Man müsse Trinkschalen aufhängen, damit die Katzen nicht drankämen, nur die Hörnchen. Und Nüsse auslegen, damit sie wiederkommen. Denn niedlich war die Attacke allemal.

Warum so zutraulich?

Während Werner Dorst das übriggebliebene Hörnchen vorsichtig mit einem Geschirrtuch in die Hand nimmt und in die Freiheit geleitet, überlegt man, warum die Eichhörnchen so ganz untypisch zutraulich gewesen sein könnten. Möglicherweise war es die Hitze, die sie in das kühle Innere trieb und sie wollten einfach mal in den ausgestellten Dioramen ein Nickerchen machen?

Ein Anruf bei der Stuttgarter Organisation »Eichhörnchenhilfe« klärt auf: »Wenn Eichhörnchen nicht wegrennen und den Menschen aufsuchen, dann sind sie in Not und brauchen dringend Hilfe!«

Bei Eichhörnchen, die dem Menschen hinterherlaufen und manchmal sogar versuchen, an ihnen hochzuklettern, könne es sich um Jungtiere handeln, die ihre Mutter und den Familienanschluss verloren haben. Ein Hörnchenkind, das so verzweifelt hinterherläuft, habe keine andere Alternative. Es wird vermutlich sterben, wenn es vom Menschen keine Hilfe bekommt.

Hörnchen, die auf den Menschen zulaufen oder ihm folgen, haben keine Tollwut. Die Hörnchenkinder haben keine Krankheiten, die auf den Menschen übertragen werden. »Bitte verjagen Sie das verzweifelte Tier nicht. Es hat oft keinerlei Reserven mehr, ist möglicherweise tagelang unterwegs gewesen und stark geschwächt.«

Wie man Eichhörnchen hilft

1. Hörnchen hochnehmen. Sobald es Wärme spürt und durch die Hände oder im Pulli oder in der Jackentasche begrenzt wird, fühlt es sich sicher und kann zur Ruhe kommen. Meist wird es schnell einschlafen. Das muss es auch, um Kräfte zu sparen. Es braucht dringend Ruhe.

2. Vorsichtshalber in der Umgebung nach Geschwisterkindern schauen, unter Büschen zum Beispiel. Es kommt oft vor, dass ein Muttertier nicht zum Wurf zurückkommen kann. Dann machen sich die kleinen Eichhörnchen auf, um ihre Mama zu suchen. Solange sie können und die Kraft dazu haben, bleiben sie dabei zusammen.

3. Eichhörnchen bitte mit nach Hause nehmen. Behalten Sie es dabei fest im Pulli oder in der Tasche. Manchmal erschrecken sich die Kleinen vor lauten Geräuschen im Straßenverkehr so sehr, dass sie mit einem letzten Adrenalinschub hochspringen und sich womöglich verletzen.

4. Eichhörnchen in einen mit einem Handtuch ausgestatteten Karton oder in eine Kleintierbox oder Ähnliches legen. Da die Kleinen die Wärme nicht gut halten können, bitte für eine Wärmequelle sorgen, an die das Tier sich kuscheln kann. Das kann beispielsweise eine Wärmflasche, ein Dinkelkissen oder eine mit warmem Wasser gefüllte kleine Plastikflasche sein.

Hat man diese Punkte beherzigt, soll man die 24-Stunden-Notfallnummer 0700 20020012 oder die 0176 55376864 anrufen, dort wird den Tieren dann professionell rund um die Uhr geholfen. (GEA)

 

eichhoernchenhilfe-stuttgart.de

eichhoernchen-in-not.de