MÖSSINGEN. Wie viel Energie, wie viel Wärme braucht die Stadt Mössingen in den nächsten Jahren? Wie viel kann eingespart werden? Um diese Fragen zu beantworten, beauftragte die Verwaltung Daniel Rudolph von den Stadtwerken Tübingen vor eineinhalb Jahren damit, ein Konzept zu erstellen. In der Gemeinderatssitzung am Montag stellte Rudolph seinen Abschlussbericht vor.
Die Stadt Mössingen hatte zuvor Fördermittel beantragt (und bekommen), um eine energetische Quartierssanierung voranzubringen. Die Wahl fiel auf das Quartier Mössingen Nord-Ost im Dreieck zwischen Karl-Jaggy-Straße, Lange Straße und Nordring – ein Mischgebiet mit vielen Wohnhäusern, dem als Baugebiet ausgewiesenen Hoeckle-Areal, dem Freibad und dem Firstwald-Gymnasium. Das für dieses Gebiet ausgearbeitete Konzept sollte als Schablone für andere Quartiere in der Stadt dienen.
Wärmepumpen als Zukunftsvision
Rudolph kam zum Ergebnis, dass die Stadt im Jahr 2040 (bis dahin möchte die Stadt klimaneutral sein) einen Stromverbrauch von 12.966 Megawatt-Stunden braucht, vor allem für Beheizung, aber auch für steigende E-Mobilität. »Wir gehen davon aus, dass das Hoeckle-Areal gebaut wird«, sagte Rudolph. Bis dahin dürften etliche Heizungen modernisiert worden sein. Jüngst eingebaute Gasheizungen werden über 2040 hinaus weiterlaufen, wenn sie bis dahin noch gut in Schuss sind.
Der größte Teil der Beheizung soll dann über Wärmepumpen laufen. Daher will die Stadt vermehrt auf Wärmegewinnung durch Geothermie setzen. Das Potential hierfür sei in Mössingen deutlich höher als in umliegenden Gemeinden, sagte Rudolph. Er schlug Bohrungen bis 400 Meter Tiefe vor: »Das sollte man auch im Wohnhausbereich in Erwägung ziehen. Das kann sich in wenigen Jahren lohnen.« Daraus seien bis zu 10.000 Megawatt-Stunden Strom zu erwarten.
Steffen Eissler (FWV) warf ein, die Energieversorgung für das geplante Hoeckle-Areal sei an dessen Ausdehnung gebunden: »Irgendwann geht da der Platz aus.« Er schlug vor, das Gebiet entlang der Langen Gasse einzubeziehen. Stadtplanerin Marietta Rienhardt meldete sich mit dem Hinweis, unter den im Hoeckle-Areal geplanten Tiefgaragen wolle man Geothermie-Bohrungen machen.
Potenzial für Photolvoltaik-Anlagen auf Hausdächern ist noch nicht ausgeschöpft
Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen, so Daniel Rudolph weiter, werden künftig eine große Rolle für die Bilanz und die Erträge der Stadt spielen. Zudem sei das Potenzial zur Stromgewinnung durch PV-Anlagen auf Hausdächern noch lange nicht ausgeschöpft. Wenn man dieses Thema angehe, müsse man gleichzeitig den Netzausbau weitertreiben, gab Wolfgang Eißler (FWV) zu bedenken.
Rudolph schlug der Stadtverwaltung ein jährliches Budget für den Klimaschutz vor. Maßnahmen, die versprechen, große Mengen an Treibhausgasen, ab 200 Tonnen, einzusparen, sollen an die Spitze einer Prioritätenliste gesetzt werden. Die Stadt müsse einen Rahmen schaffen, der von den privaten Haushalten umgesetzt werden könne: »In der Wärmewende spielt die Musik im privaten Bereich.« Das müsse gefördert werden.
Der Kern der Maßnahmen müsse es sein, Gebäude zu sanieren, sagte Rudolph: »Momentan gibt es noch attraktive Förderungen. Zwischen 30 und 70 Prozent sind möglich.« Dabei spiele der Heizungstausch die größte Rolle. Zur Einsparung großer Mengen von Treibhausgasen müsse die Bevölkerung zudem ihr Mobilitätsverhalten anpassen. Hilfreich sei zudem, den häuslichen Garten naturnah zu gestalten und darin die Biodiversität zu fördern.
Nahwärmeinseln empfohlen?
Rudolph bekam viel Lob. Sein Bericht regte zudem lautes Nachdenken an. Ulrike Hagemann (Grüne) fragte nach, ob Rudolph für bestimmte Gebiete Nahwärmeinseln empfehlen könne, die durch Blockheizkraftwerke betrieben würden, künftig vielleicht sogar mit Wasserstoff? »Theoretisch ja«, antwortete Rudolph, »wir wissen aber noch nicht, wo er herkommt.«
Der Aufbau eines Wärmenetzes dauere mehrere Jahre. Das liege daran, dass der Prozess bis zur Fertigstellung – inklusive vorgeschriebener Machbarkeitsuntersuchungen, des Planungsstadiums und der Dauer der Bearbeitung von Förderanträgen – viel Zeit verschlinge. Im Quartier Mössingen Nord-Ost gelte es aktuell möglichst wenig Zeit verstreichen zu lassen, betonte Rudolph: »Sonst haben sich die Bürger für andere Energieträger entschieden.« (GEA)