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Bürgerentscheid zur Stadtbahn: Klima und Pendler sind die Verlierer

Die Regionalstadtbahn sollte laut ursprünglicher Plaunge einmal ohne Abgase durch die Tübinger Mühlstraße rollen. Das wollte eine Mehrheit der Tübinger nicht. Foto: Grafik: Stadt Tübingen
Die Regionalstadtbahn sollte laut ursprünglicher Plaunge einmal ohne Abgase durch die Tübinger Mühlstraße rollen. Das wollte eine Mehrheit der Tübinger nicht.
Foto: Grafik: Stadt Tübingen

Alle reden vom Klima, Tübingen tut was – aber in diesem Fall das Falsche. Die Unistadt will zwar bis 2030 klimaneutral werden, aber dieses Ziel ist ohne Innenstadtstrecke kaum zu schaffen. Der Verzicht auf PlastikStrohhalme und -Tüten wird da nicht reichen.

Die Appelle von mehreren Umweltgruppen und den Fridays for Future-Aktivisten haben nichts genutzt. Eine Mehrheit der Bürger hat die klimafreundliche Schienenverbindung durch die Innenstadt und hoch bis zum Technologiepark abgelehnt.

Den Gleisfrei-Streitern gebührt durchaus Respekt. Sie haben sich erstaunlich tief in die Materie eingearbeitet, sind mit originellen Aktionen aufgefallen und haben bis zum Schluss nicht nachgelassen. Sie dürfen sich bestätigt fühlen. Ob die von ihnen favorisierte Schnellbus-Verbindung realisierbar und attraktiv wird, daran bestehen jedoch erhebliche Zweifel.

Rings um Tübingen herrscht große Ernüchterung. Die weltoffene Unistadt hat sich ziemlich kleingeistig gezeigt. Die Ablehnung ist besonders bitter für alle Pendler, insbesondere diejenigen unter den fast 10 000 Klinikbeschäftigten, die im Umland wohnen und gehofft hatten, sie könnten in ein paar Jahren umsteigefrei und komfortabel zur Arbeit und wieder nach Hause gelangen. Die Autoschlangen werden nicht kürzer werden.

Die Solidarität der Gemeinden in allen drei Landkreisen war beeindruckend. Eine solche Gemeinsamkeit hat es zuvor noch nie gegeben. Tübingen hätte viel Geld gespart. Die Unistadt wird jetzt in die Tasche greifen müssen und ihren Anteil an Verbindungen aufbringen müssen, von denen sie nur bedingt profitiert.

Die Diskussionen sind mit dem Bürgerentscheid nicht ein für alle mal beendet. Optimisten haben die Hoffnung, dass der Beschluss nach Ablauf von drei Jahren wenigstens teilweise korrigiert wird. In Karlsruhe und Ulm war dies der Fall. Die beste Lösung für Tübingen und die Region aber wurde gerade verpasst.

joachim.kreibich@gea.de