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Amtsgericht Tübingen verurteilt Amazon-Gegner wegen Hausfriedensbruchs

Gemeinderats-Tumulte: Das Amtsgericht Tübingen verurteilt einen Amazon-Gegner wegen Hausfriedensbruchs zu 50 Tagessätzen. Palmer war antragsberechtigt.

Blick in die langen Gänge des Tübinger Gerichts.
Blick in die langen Gänge des Tübinger Gerichts. Foto: Martin Bernklau
Blick in die langen Gänge des Tübinger Gerichts.
Foto: Martin Bernklau
TÜBINGEN. Im Prozess gegen einen 31-jährigen Anti-Amazon-Aktivisten, der vor einem Jahr eine Sitzung des Tübinger Gemeinderats gestört hatte, ist der Strafbefehl wegen Hausfriedensbruchs am Mittwochmorgen bestätigt worden. Amtsrichterin Sina Völpel hatte die Rechtslage geprüft, nachdem Verteidiger Christos Psaltiras beim Prozessauftakt vorige Woche -  der von einer Kundgebung begleitet war -  in Frage gestellt hatte, ob Oberbürgermeister Boris Palmer für die Strafanzeige (»als Vertreter der Universitätsstadt Tübingen«) überhaupt antragsberechtigt gewesen sei.

Das Urteil lautet auf 50 Tagessätze à 30 Euro. Staatsanwalt Tobias Freudenberg hatte 60 Tagessätze beantragt, der Verteidiger die Einstellung des Verfahrens, in der Sache ersatzweise einen Freispruch. Nach ihrer juristischen Prüfung hielt die Amtsrichterin das Hausrecht Palmers als Sitzungsleiter und damit die Antragsberechtigung nach gängiger Rechtsprechung für unzweifelhaft.  Es sei »vollkommen überzogen, die exakte Funktion zu verlangen«, eine formale Übertragung des Strafantrags auf ihn als Vorsitzenden Gemeinderats sei »nicht notwendig« gewesen. Als Privatperson habe er die »auslegungsfähige Willenserklärung« sowieso nie abgegeben.

In der Sache sah die Amtsrichterin keine Zweifel an der Schuld des 31-Jährigen. Der polizeiliche Einsatzleiter habe ihn auch an der Stimme zweifelsfrei wiedererkannt. Dass der Aktivist die Aufforderung Palmers, die Verlesung der Erklärung zu beenden und den Saal zu verlassen, nicht gehört haben könnte, hielt sie für »vollkommen unplausibel«. Allerdings räumte sie ein, dass die vorangegangene tumultartige Entrollung eines Protest-Transparents durch vier Amazon-Gegner »deutlich schlimmer« gewesen sei.

Auch dass der Aktivist den Saal nach Aufforderung durch die Polizeibeamten »ohne Aufstand sofort verlassen« und sich dann  »ruhig und kooperativ« verhalten habe, wertete sie in ihrer Urteilsbegründung zu seinen Gunsten. Auch sei er nicht vorbestraft. Dennoch halte das Gericht »eine Geldstrafe für erforderlich, aber auch für ausreichend«.

Die Polizei hatte das Gerichtsgebäude in der Doblerstraße außen und innen wieder mit großem Aufwand abgesichert. Aber angesichts der frühen Stunde war nur eine weitere Aktivistin erschienen, um den 31-Jährigen beim  Verlassen des Gerichts mit Jubel Beifall zu bedenken. (GEA)