TÜBINGEN. Landrat Joachim Walter spricht von einem »Reha-Fahrplan«, der die Ammertalbahn wieder pünktlicher machen und »das Grundvertrauen zurückgewinnen« soll: Die Züge der Ammertalbahn fahren vom 15. Dezember an nicht mehr weiter nach Reutlingen, Metzingen und Bad Urach, sondern kehren im Tübinger Hauptbahnhof um und fahren zurück nach Herrenberg.
Umgekehrt müssen Fahrgäste aus Urach und Reutlingen in Tübingen umsteigen, wenn sie nach Herrenberg wollen. Bisher konnten die Fahrgäste sitzen bleiben. Nur noch einige wenige Züge fahren künftig von Urach nach Herrenberg und umgekehrt durch - nachts und frühmorgens.
Streiks, Ausfälle und Baustellen
Der sogenannte »Inselverkehr« ist vorläufig und soll wieder abgeschafft werden, wenn die »anhaltenden Störungen der Betriebsqualität durch eingeschleppte Verspätungen von der Neckar-Alb-Bahn« ein Ende haben. Denn dadurch komme das gesamte System durcheinander, was zum Vertrauensverlust der Fahrgäste geführt habe. Den Grund sieht Sarah Wüstenhöfer, Geschäftsführerin des Zweckverbands ÖPNV im Ammertal, in Streiks, Personen- und Fahrzeugausfällen sowie Baustellen.
Auf den meisten Strecken in Deutschland gelten Züge als pünktlich, die nicht mehr als 6 Minuten verspätet sind. Bei der Ammertalbahn wird aufgrund der hohen Anforderungskriterien ein strengerer Maßstab angelegt. In Herrenberg gelten nur Züge als pünktlich, die mit einer Ankunftsverspätung von 2 Minuten ankommen. Als Zielwert sind im Jahresdurchschnitt 90 Prozent Ankunftspünktlichkeit definiert.
Pünktlichkeit soll besser werden
Der Inselverkehr soll für diese Pünktlichkeit sorgen. Denn in Herrenberg fahren die Gäste weiter mit der S-Bahn nach Stuttgart. Dort müssen die Anschlüsse stimmen. Die Bahn spricht von »Turnschuh-Erreichbarkeit«, wenn nur 2 Minuten Zeit zum Umsteigen bleibt. Wenigstens so viel Zeit war bisher bei nur 74 Prozent der Züge. Jeder vierte Zug kam in Herrenberg aber so knapp an, dass der Anschluss verpasst wurde.
Gerd Hickmann von den Grünen zeigte sich gestern bei der Verbandsversammlung »erschreckt« über diese Zahl. Man könne die Ungenauigkeit nicht mehr allein der S-Bahn in die Schuhe schieben. So könne man auch keine Pendler für den ÖPNV gewinnen. Er setzt große Hoffnung in den Inselplan.
Fahrgäste müssen in Tübingen umsteigen
Künftig fährt also bis auf wenige Ausnahmen nichts mehr durch zwischen Urach und Herrenberg. Von Tübingen nach Urach gibt es andere Züge, sodass die Fahrgäste in Tübingen umsteigen müssen. Das sei »nicht in Stein gemeißelt«, bestätigte Wüstenhöfer, zunächst aber die geeignete Maßnahme: »Die Verspätungen kriegen wir weg.«
Die Verspätungen führt Wüstenhöfer vielfach auf andere Strecken zurück. Wenn auf den anderen Strecken nämlich ein Zug nach Tübingen ausfällt oder zu spät kommt, wirkt sich das auf die Ammertalbahn aus. Um den Fahrplan dann noch halten zu können, dreht der Zug oftmals in Entringen oder Altingen um und fährt zurück - statt weiter nach Herrenberg. In Herrenberg, wenn der Zug dort überhaupt ankommt, sind die Umsteigezeiten dann unterhalb der »Turnschuh«-Grenze. Die Folge: Die S-Bahn ist weg. Warten kann auch sie nicht, weil das Auswirkungen auf den weiteren Zugverkehr hat.
Im kommenden Jahr gibt es eine weitere Neuerung, um die Fahrgäste über den Standort des Zuges und damit dessen Pünktlichkeit zu informieren. GPS-Daten des Zugs sollen in Echtzeit auf den Anzeigetafeln sichtbar sein. Diese »Pünktlichkeitsdaten« sollen auch auf den Bahnsteigen im Ermstal verfügbar sein. Damit soll dem Unmut der Fahrgäste begegnet werden, die bisher im Unklaren waren, ob ihr Zug überhaupt kommt oder nicht.