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Wie ein rumänischer Landkreis nach Tübinger Vorbild ausbildet

Partner des Landkreises Tübingen im rumänischen Arad erproben duales System. Chance für Betriebe und Azubis. Seit sechs Jahren partnerschaftlich verbunden

Das Vorhaben muss sich auch rumsprechen: Deswegen wurde ein Image-Video für eine begleitende Werbekampagne gedreht.  FOTO: PRIVA
Das Vorhaben muss sich auch rumsprechen: Deswegen wurde ein Image-Video für eine begleitende Werbekampagne gedreht. FOTO: PRIVAT
Das Vorhaben muss sich auch rumsprechen: Deswegen wurde ein Image-Video für eine begleitende Werbekampagne gedreht. FOTO: PRIVAT

KREIS TÜBINGEN/ARAD. Mehr Praxisbezug in der Ausbildung. Am besten nach deutschem Vorbild im dualen System. Gute Perspektiven schaffen für Betriebe und junge Menschen in Rumänien: Das Modellprojekt des Landkreises Tübingen mit seinem Partner-Landkreis Arad in Rumänien war nach Einschätzung der Beteiligten ein voller Erfolg.

Inzwischen ist sicher: Das Projekt wird fortgesetzt. »Unser Projektpartner, die Iuliu-Moldovan-Schule, hat auch für das kommende Schuljahr eine Genehmigung vom Schulinspektorat bekommen, eine neue Klasse nach dualem Modell einzurichten«, freut sich Martina Guizetti im Tübinger Landratsamt. Die jungen Menschen, die dort in holzverarbeitende Berufe streben, bekommen theoretischen Unterricht, erhalten aber auch die Chance zur praktischen Umsetzung in Betrieben.

Seit sechs Jahren ist der Landkreis Tübingen mit Arad partnerschaftlich verbunden. Von Anfang an haben beide Seiten betont, dass sie ein Augenmerk auf junge Menschen und auf die Ausbildung legen wollen. Das scheint hinzuhauen.

Die Vorteile erkannt

In Rumänien gibt es kaum Kooperationen zwischen Schulen und Betrieben. Ein Praktikum dauert in der Regel etwa zwei Wochen. Das war’s. Der Rest ist graue Theorie.

Die erste Klasse nach »dualem« Modell wurde mit Tübinger Unterstützung und finanzieller Förderung durch die Baden-Württemberg-Stiftung / Walter-Hallstein-Programm im Schuljahr 2022/2023 eingerichtet. Im Schuljahr 2023/2024 gab es eine Folgeklasse (wir berichteten). Das Problem: »Unser Projekt und die Förderung endeten Ende 2023«, sagt Guizetti.

»Dass es der Schule jetzt gelungen ist, das Modell ein Stück weit zu etablieren, freut uns natürlich sehr – und ist auch im Sinne der Projektfinanzierung«, betont Guizetti. Das Ganze war ja von vornherein auf Nachhaltigkeit angelegt. Die Tübinger wollten ihren Partnern in Rumänien nicht »ein Projekt bezahlen«, sondern sie darin unterstützen, den Nutzen zu erkennen und dann alleine weiterzumachen.

In Tübingen weiß man: Die dualen Modellklassen sind mit denen hierzulande nicht vergleichbar. Die rumänischen Lehrpläne und Vorgaben sind sehr starr. Es ist der dortigen Schule allerdings schon in den vergangenen beiden Jahren gelungen, die Betriebe mit ins Boot zu holen, sich regelmäßig mit denen auszutauschen und die praktischen Zeiten im Unterricht zu erhöhen.

Ein Lehrer als Botschafter

Wie das aussehen kann, hat eine Delegation aus Arad im Landkreis Tübingen mitbekommen. Dabei waren auch Inhaber von Betrieben aus Rumänien, die sich in Betrieben in der Gegend und an der Gewerblichen Schule Tübingen umschauten. Auch in der Gewerblichen Schule in Tübingen sieht man die Sache positiv. Einer der Lehrer ist sozusagen »Ausbildungsbotschafter« und hat einen großen Anteil am Zustandekommen. Stefan Ighisan hat die Partnerregion Arad bereist und Schulen und Betriebe inspiziert. Der Mittvierziger ist Lehrer für Holztechnik und Gemeinschaftskunde. Er ist aber zugleich »Regisseur, Übersetzer, Bildungsexperte und Motivator für das Projekt«, wie die Schule auf ihrer Homepage stolz bekannt gibt. Ighisan hat familiäre Wurzeln in Rumänien und ist zweisprachig in Deutschland aufgewachsen.

Nach seiner Reise war er überzeugt: »In den Firmen herrscht deutscher Standard«: CNC-Maschinen, teilweise ein eigenes Sägewerk, qualitiativ hochwertige Produkte, so seine Beobachtung. »Die Auftragsbücher sind voll, aber Leute fehlen.« Eine große Chance also für die Lehrlinge der Moldovan-Schule und auch für die Betriebe. (GEA)