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Aktuell Buchvorstellung

Pörksen und Kleber in Tübingen über Trumps Amerika und die Macht der sozialen Medien

»Zuhören« heißt das neue Buch des Tübinger Medienwissenschaftlers Bernhard Pörksen. Zusammen mit dem Journalisten Claus Kleber stellte er es im Tübinger Museum vor.

Der Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen (links) im Gespräch mit dem Journalisten Claus Kleber.
Der Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen (links) im Gespräch mit dem Journalisten Claus Kleber. Foto: Irmgard Walderich
Der Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen (links) im Gespräch mit dem Journalisten Claus Kleber.
Foto: Irmgard Walderich

TÜBINGEN. Zuhören ist derzeit eine seltene Tugend. Für eine Demokratie ist sie allerdings elementar. »Ohne echtes Zuhören ist alles nichts«, sagt der Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen. Er sprach er mit einem, der genau zuhörte und klug nachfragte: Der Journalist Claus Kleber war auf Einladung der Osianderschen Buchhandlung ins Tübinger Kino Museum gekommen, um im Gespräch das neue Buch von Pörksen »Zuhören. Die Kunst sich der Welt zu öffnen« vorzustellen. Die beiden prominenten Gäste füllten locker den großen Kinosaal.

Kleber, der in Reutlingen geboren ist, hat insgesamt 2.977 Mal das Heute-Journal moderiert. Entsprechend bekannt ist sein Gesicht in der Bundesrepublik. Der Journalist hatte aber schon immer auch eine enge Verbindung nach Amerika. 17 Jahre seines Lebens verbrachte er dort. Gewohnt habe er in Washington, gearbeitet in allen 50 Bundesstaaten. Zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl reiste er nach Amerika, erzählte Kleber in Tübingen. Ganz ohne TV-Team fuhr der Fernseh-Journalist in eine kleines Stadt im Bundesstaat Georgia. Was ihm dort am meisten auffiel: »Das politische Gespräch war tot. Die Wahl wäre anders ausgegangen, wenn sich die Menschen unterhalten hätten«, davon ist Kleber überzeugt.

Mit dieser kleinen Geschichte waren die beiden Gesprächspartner sofort mitten im Thema: die Bedeutung der Kommunikation für die Demokratie. Die Kommunikation sei zwar kein Allheilmittel, aber das Miteinander Reden und Zuhören werde immer wichtiger, sagte Pörksen. Es müsse allerdings auch in Zeiten von Hass und Hetze effektiver werden. Echtes Zuhören ist für den Medienwissenschaftler ein Hören mit dem »Du-Ohr«: Man müsse sich immer fragen, »in welcher Welt ist das, was der andere sagt, wahr.«

Um in Zeiten von Fake-News und sozialen Medien die Wahrheit von der Lügen unterscheiden zu können, fordert Pörksen schon lange die Einführung eines Schulfachs für Medienkompetenz. Es reiche nicht, »ein paar Paletten mit IPads an einem regnerischen Nachmittag über den Schulhof abzuwerfen. Das ist lächerlich.« Vielmehr müsse eine »nie dagewesene Bildungsinitiative begonnen werden«. Die redaktionelle Gesellschaft müsse das gute Handwerk des Journalismus lernen: »Prüfe zuerst, veröffentliche später und analysiere Deine Quellen.« Als »katastrophal« bezeichnete er die Monopolbildung in den USA: »Marc Zuckerberg kann mit einem Fingerschnipsen den Faktencheck abschaffen.«

Der Einwand von Kleber, das hinter der Abschaffung des Faktenchecks auf Facebook der amerikanische Freiheitsgedanke stecken könne »bei uns darf alles gesagt werden, alles muss zur Diskussion stehen«, ließ Pörksen nicht gelten. Der Medienwissenschaftler sieht hier eher Opportunismus am Werk. »Man küsst dem König den Ring.« Eine kluge Regulierung der sozialen Medien ist für Pörksen unerlässlich. Zudem habe sich der politische Diskurs an die lautstarken Ränder verlagert. »Die Mehrheit der Gemäßigten schweigt viel zu laut.« (GEA)