TÜBINGEN. Im Landkreis Tübingen hat sich seit vielen Wochen ein Bild in den Straßen der Städte und Gemeinden verfestigt: Unabgeholte Gelbe Säcke, die bei Wind und Wetter, bei Sonnenschein und Regen einfach liegenbleiben. Verantwortlich für deren Abholung ist nicht der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Tübingen, sondern die Firma ALBA, im Auftrag des Dualen System Deutschland.
Nachdem ALBA bereits in den vergangenen Monaten Schwierigkeiten damit hatte, Abfuhrtermine einzuhalten, gab das Unternehmen Ende April eine Pressemitteilung heraus, in der es zur Begründung hieß: »Wegen eines erhöhten Krankheitsstands kommt es bei der Entsorgungskonzern ALBA Neckar-Alb derzeit weiterhin zu Verzögerungen bei der Abfuhr von Leichtverpackungen (Gelbe Säcke), der Biotonne und dem Restmüll.« Gleichzeitig kündigte das Unternehmen an, die versäumten Termine nachzuholen. So sollten beispielsweise in der Rottenburger Kernstadt bis Freitag, 2. Mai, alle Gelben Säcke eingesammelt werden. In der Tübinger Altstadt bis spätestens 5. Mai. Getan hat sich bis dahin nichts.
Beschwerden häufen sich
Beschwerden häuften sich. Auch beim GEA meldeten sich Leserinnen und Leser, die ihrem Ärger Luft machten. »Es kann doch nicht sein, dass die gelben Säcke einfach nicht abgeholt werden. Wenn die so lange herumliegen, lockt das ja Insekten und sonstige Schädlinge an«, hieß es unter anderem.
Unternehmenssprecher Jens Thieme kündigte auf GEA-Nachfrage an, ALBA werde die Abfuhr so schnell wie möglich nachholen: »Wir sind weiterhin Opfer einer hohen Krankheitsquote. Viele Mitarbeiter sind noch nicht wieder gesund. Wir werden in dieser Woche Lkw-Teams aus anderen Niederlassungen in den Landkreis Tübingen schicken, um die Gelben Säcke einzusammeln und zu entsorgen.« Thieme sprach von einer »Bugwelle«, die ab jetzt abgearbeitet werde. »Das ist für die Mitarbeiter von außerhalb des Landkreises Tübingen auch eine Herausforderung. In der Stadt Tübingen kann das für die Ortsunkundigen leichter sein, als in der Fläche, wo sie ja sogar einzelne Bauernhöfe erst einmal finden und anfahren müssen«, so Thieme. In Tübingen werde das Stadtbild »bald wieder vernünftig aussehen«, meinte er mit Blick auf die Berge an Gelben Säcken, beispielsweise an der Eberhardsbrücke.
Ministerium soll Druck erhöhen
Er entschuldigte sich gleichzeitig bei den Menschen im Landkreis: »Wir sind ein Wirtschaftsunternehmen, das seine vertraglichen Verpflichtungen auf jeden Fall erfüllen will.« Er sprach im Gespräch mit dem GEA von Verhandlungen mit anderen Entsorgungsunternehmen, die in Zukunft einspringen könnten, »wenn es wieder zu solchen Spitzen kommen sollte.« Es sei zudem keineswegs so, dass die Personaldecke bei ALBA bewusst »dünn gehalten« werde. Vielmehr habe man sogar einen Puffer, um schwierige Entsorgungslagen ausgleichen zu können, erklärte Thieme.
Weil viele Beschwerden aktuell auch das Landratsamt Tübingen erreichen, erneuerte Landrat Joachim Walter seine Kritik an ALBA. Er sagte im GEA-Gespräch: »Das Thema lässt uns nicht kalt, allein schon, weil die Beschwerden so zahlreich sind.« Viele Menschen im Kreis machten nicht ALBA für liegengebliebenen Säcke verantwortlich, sondern das Landratsamt. Dabei arbeite ALBA im Auftrag des Dualen Systems Grüner Punkt und die Holding sei nicht nur weit weg, sondern auch kein direkter Vertragspartner des Landkreises. Da sei es schwer, Vertragsstrafen zu verhängen.
14.000 Euro Strafe verhängt
Anders sei das bei Rest- und Biomüll. Deren Entsorgung falle klar in den Aufgabenbereich von ALBA und dazu gibt es einen direkten Vertrag zwischen Landratsamt und dem Entsorger. »Als es beim Rest- und Biomüll kürzlich nicht funktioniert hat, habe ich sofort eine Vertragsstrafe von 14.000 Euro verhängt«, sagt Walter. Das würde er auch gerne in Sachen Gelber Sack machen, sei aber juristisch nicht möglich. »Denn es ist einfach eine Riesensauerei, wenn die Säcke so lange liegenbleiben«, ergänzte der Tübinger Landrat.
Bereits in den vergangenen Jahren hatte es massive Probleme mit der termingerechten Abholung der gelben Säcke gegeben und Landrat Walter war schon im Sommer 2023 an die Öffentlichkeit gegangen: »Das Maß ist voll«, hatte er da schon gedroht und Baden-Württembergs Umweltministerin Thekla Walker eingeschaltet. Er erwarte von ALBA nicht nur Ankündigungen, sondern »konkrete Handlungen«, kritisierte er damals schon. Daran hat sich bis heute nichts geändert. (GEA)