TÜBINGEN. Das leidige Hin- und Her bei der Diskussion über die Privatisierung der Tübinger Müllabfuhr könnte bald ein Ende haben. Zwar konnte sich der Ausschuss für Planung, Verkehr und Stadtentwicklung noch nicht zu einem Beschlussvorschlag durchringen - die Vorlage wurde zur Diskussion in die Fraktionen verwiesen - aber trotzdem signalisierten die Gemeinderäte Entscheidungswillen. Eigentlich möchte kaum jemand die städtische Müllabfuhr aufgeben und einen privaten Dienstleister mit der Entsorgung beauftragen, denn Bürger und Räte sind zufrieden mit dem kommunalen Service. Aber die schwierige Haushaltslage der Unistadt zwingt zum Sparen. Rund 600.000 Euro Defizit erwartet die Stadtverwaltung laut Wirtschaftsplan in diesem Jahr vom Bereich der Abfallwirtschaft. Und das könnte in der Zukunft noch mehr Geld werden - weshalb sich die Verwaltung klar für eine Rückgabe an den dafür zuständigen Landkreis ausspricht. »Wir kündigen den Vertrag auf den 31. Dezember 2026 und können zudem versichern, dass alle Mitarbeiter in andere Bereiche integriert werden«, erklärte Stefan Kraus, Leiter der Kommunalen Servicebetriebe Tübingen (KST). Die Entgeltgruppen würden dabei beibehalten werden - die Angestellten hätten also keine Gehaltseinbußen zu befürchten.
Eine finanzielle Entlastung ist im Bereich der Müllentsorgung nicht zu erwarten, denn durch eine im Vertrag festgelete Preisgleitklausel können Kostensteigerungen nicht aufgefangen werden. Das Personal wird teurer, die KST sind zudem als Eigenbetrieb seit 2024 umsatzsteuerpflichtig. Außerdem wären bei einer beibehaltung der kommunalen Müllentsorgung in naher Zukunft millionenschwere Investitionen in neue Fahrzeuge nötig. »Die Entwicklung hat sich in den letzten Monaten nochmal verschärft«, erklärte Kraus vor dem Gremium. »Durch die Klausel können wir das Defizit nicht ausgleichen und wir sind sicher, dass es in Zukunft höher wird.« Ob man die Klausel nicht verändern könne, warf Florian Zarnetta (SPD) in die Diskussion ein. »Da gab es bereits intensive Versuche«, sagte Baubürgermeister Cord Soehlke, »wir können sie aber nicht grundlegend ändern.« Würde die Stadt von der gegenwärtigen Vereinbarung wegtreten, käme man zwingend in eine Vergaberunde und der Landkreis müsste die Dienstleistung ausschreiben.
Uneinigkeit in den Fraktionen
Alternativen sind rar. Zwar habe ein Rechtsgutachten bestätigt, dass eine komplexe juristische Möglichkeit bestehe, eine vergaberechtsfreie Beauftragung der KST zu erwirken - womit die Müllabfuhr in städtischer Hand bleiben würde. Aber diese Lösung dauert in der Umsetzung Jahre und ist teurer: »Wir halten es für realistisch, dass die Kosten für die Tübinger Bürger um 30 Prozent steigen könnten«, sagte Kraus. Trotzdem: Einige Gemeinderäte liebäugelten mit dieser Lösungsvariante. So aber nicht Christian Mickeler (AL/Grüne): »Die Müllabfuhr sollte zurück an den Kreis gehen, dann ist das Thema vom Tisch.« SPD-Rat Zarnetta ließ verlauten, dass die Fraktion bei der Entscheidung nicht einstimmig auftreten könne, ebenso würden CDU-Räte unterschiedlich abstimmen. Anne Kreim (FDP) sprach sich ebenfalls für eine Rückgabe an den Landkreis aus. »Wir haben hier die Verantwortung für den Haushalt, wir können nicht weiter ins Minus rutschen.« Die Tübinger Liste hingegen plane, sich mehrheitlich für den Verbleib der Müllabfuhr zu entscheiden, pro städtische Müllabfuhr positionierte sich auch die Linke. Baubürgermeister Soehlke mahnte an: »Hier können wir viel Geld sparen. Wir als Verwaltung müssen bei der gegenwärtigen Haushaltslage die Rückgabe an den Landkreis vorschlagen.« Die Mehrheitsverhältnisse lassen erahnen, dass der Rat dem Vorschlag der Verwaltung demnächst wohl folgen wird. (GEA)