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Aktuell Betreuung

Eltern sollen im Landkreis Tübingen mehr für Tagesmütter bezahlen

Die Elternbeiträge für Tagesmütter sollen sich im Landkreis Tübingen deutlich erhöhen. Ganz so schlimm, wie ursprünglich vom Landratsamt vorgeschlagen, wird es aber nicht kommen.

Die Elternbeiträge für die Kinderbetreuung durch Tagesmütter wurden seit 2012 im Landkreis Tübingen nicht erhöht. Das soll sich
Die Elternbeiträge für die Kinderbetreuung durch Tagesmütter wurden seit 2012 im Landkreis Tübingen nicht erhöht. Das soll sich nun ändern. Foto: Sebastian Kahnert/dpa/dpa
Die Elternbeiträge für die Kinderbetreuung durch Tagesmütter wurden seit 2012 im Landkreis Tübingen nicht erhöht. Das soll sich nun ändern.
Foto: Sebastian Kahnert/dpa/dpa

KREIS TÜBINGEN. Die Aufregung war groß, als publik wurde, dass das Tübinger Landratsamt dem Kreistag vorschlagen wird, die Elternbeiträge für Tagesmütter deutlich zu erhöhen. Entsprechend voll waren die Zuschauerränge im Jugendausschuss am Mittwoch. Die Sitzung bewies aber auch, dass nicht immer alles so heiß gegessen wird, wie es gekocht wurde. Landrat Joachim Walter schlug gleich zu Beginn vor, in dieser Sitzung von einem Beschluss abzusehen. Man wolle jetzt erst einmal mit allen Beteiligten das Gespräch suchen. Außerdem warb er um Vorschläge, wie die Gebührenstaffel gerechter gestaltet werden könne. »Eine Steigerung um das Zweifache tut einem selbst weh«, sagte Walter.

Dem Vorschlag zur Erhöhung der Elternbeiträge liegt ein Antrag der SPD-Fraktion zugrunde. Die Sozialdemokraten hatten darin eine bessere Bezahlung für die Tagesmütter gefordert. Die Kreistagsfraktion dachte dabei an eine Erhöhung um einen Euro: statt 7,50 Euro pro Stunde und Kind künftig 8,50 Euro. Finanziert werden sollte das über eine Erhöhung der Beiträge. Die SPD schlug vor, die Sozialstaffel für die Eltern nach oben zu erweitern. Bisher endet sie bei 65.000 Euro Haushaltseinkommen.

Letzte Erhöhung im Jahr 2012

Erhöht wurden die Elternbeiträge das letzte Mal 2012. Davor bekamen die Tagesmütter noch 3,90 Euro pro Kind und Stunde. Die Kosten sind seitdem deutlich gestiegen. Entsprechend nahm der Kostendeckungsgrad durch die Elternbeiträge kontinuierlich ab. Derzeit werden nur noch 13 Prozent der Kosten in der Tageskinderbetreuung gedeckt. Der große Rest wurde vom Landkreis und den Zuweisungen des Landes aus dem Finanzausgleich finanziert.

Das soll sich nun ändern. Von der Verwaltung vorgeschlagen wurde, den Kostendeckungsgrad auf 25 bis 30 Prozent zu erhöhen. Bei der künftigen Bezahlung der Tagesmütter schlug das Landratsamt außerdem vor, den Empfehlungen der kommunalen Landesverbände folgen: Für die Betreuung von Kinder unter drei Jahren soll der Satz von bisher 7,50 Euro pro Kind und Stunde auf 8,20 Euro angehoben, für die Betreuung von Kindern über drei Jahren auf 7,10 Euro gesenkt werden. Der Vorschlag sieht auch vor, künftig pädagogische Vor- und Nachbereitungszeiten mit fünf Prozent einzurechnen. Dazu sollen 35 Prozent der Sachkosten übernommen und der Beitrag bei Abwesenheit bis zu sechs Wochen weitergezahlt werden. Der Landkreis will zudem 50 Prozent der Sozialversicherungen für die Tagesmütter übernehmen. Auch während der stufenweise Eingewöhnung der Kinder soll der volle Betrag gezahlt werden.

Sozialstaffel erweitert

Die Sozialstaffel für die Elternbeiträge erweiterte das Landratsamt in seinem Vorschlag um eine Staffel auf 80.000 Euro jährlichem Haushaltseinkommen. Die Erhöhungen sollten in drei Stufen bis zum Jahr 2028 erfolgen. Auch eine Prüfung des Betreuungsbedarfs war ursprünglich vorgesehen. Die wurde aber gleich zu Beginn von Landrat Walter gekippt. Er halte die Prüfung zwar für sinnvoll, sie sei aber nach der jüngsten Rechtsprechung nicht mehr rechtens.

Nimmt man die Tabelle des Landratsamtes, so würden sich die Elternbeiträge innerhalb von drei Jahren bei Einkommen ab 80.000 Euro verdoppeln. Ein Anstieg, den sich die Kreisräte im Jugendausschuss schwer vorstellen konnten. Desiree Sallway (SPD) fragte, weshalb die Verwaltung nun einen Kostendeckungsgrad von bis zu 30 Prozent vorgesehen hat. Außerdem sei ein Haushaltseinkommen von 80.000 Euro in der Unistadt Tübingen in Anbetracht der hohen Mieten nicht viel. Sie kritisierte aber auch, dass die Bezahlung der Tagesmütter je nach Alter der Kinder unterschiedlich sein soll: »Tagespflegepersonen könnten sich aus dem Ü3-Bereich zurückziehen.« Renate Angstmann-Koch (Linke) warb dafür, den Gesamtelternbeirat zu hören und außerdem weitere Stufen in der Sozialstaffel einzuführen. »Eine kostenfreie Kinderbetreuung hätte meine Fraktion gerne«, schickte sie ihrem Beitrag voraus. »Aber das hilft uns jetzt hier nicht weiter.«

Vielfältiges Betreuungsangebot gefordert

Elisabeth Schröder-Kappus forderte, den Kostendeckungsgrad auf 20 Prozent zu begrenzen. »Die Kindertagespflege sollte nicht teurer werden als die Kitas.« Eltern und Kinder sollten aus einem vielfältigen Betreuungsangebot wählen können, sagte die Grünen-Kreisrätin. Der Ofterdinger Bürgermeister Simon Wagner (CDU) verglich dagegen das Angebot der Tagesmütter mit dem der privaten Schulen. »Für das größere Angebot verlangen privaten Schulen auch mehr von den Eltern.«

Bei den nächsten Gesprächen will das Landratsamt den Tageselternverein, den Gesamtelternbeirat und die Berufsvereinigung der Kindertagespflegepersonen mit an den Tisch holen. Ihre Meinung haben die drei Organisationen schon in einem Schreiben an den Jugendausschuss kund getan: Sie warnen dabei vor einer zu starken Erhöhung der Beiträge. »Besonders betroffen wären Mütter, die nach der Elternzeit wieder ins Berufsleben einsteigen möchten«, schreibt der Tageselternverein. Der Gesamtelternbeirat wehrt sich vor allem gegen die Bedarfsprüfung, und die Berufsvereinigung der Kindertagespflegepersonen weist auf die Unrechtmäßigkeit dieser Prüfung hin: »Nach geltendem Recht entscheidet allein der Wille der Eltern über die Inanspruchnahme eines Platzes in der Kindertagespflege.« Über die Beiträge entscheidet dagegen der Kreistag. Und zwar in seiner Sitzung am 16. Juli. (GEA)