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Die Medienschelte in Nehren sollte nicht unkommentiert bleiben

Matthias Platzeck sprach in Nehren unter anderem über den Krieg zwischen der Ukraine und Russland. Im Saal kam indes auch Medienkritik auf. Nicht alle Argumente sollten dabei unkommentiert bleiben, meint GEA-Redakteur Alexander Thomys.

Matthias Platzeck sprach in Nehren.
Matthias Platzeck sprach in Nehren. Foto: Alexander Thomys
Matthias Platzeck sprach in Nehren.
Foto: Alexander Thomys

NEHREN. Die tiefe Sehnsucht der Deutschen nach Frieden angesichts des jahrelangen, schrecklichen Krieges in der Ukraine war zu spüren, als im Nehrener Schwanen Matthias Platzeck zum »Schwanenabend« gekommen war. Und die Besucher bekamen, was sie sich erhofft hatten: Erklärungsansätze für das russische Verhalten, die Forderung nach mehr Diplomatie und die Vorbereitung auf den »Tag danach«, nach dem Ende des Krieges in Europa. Auch der Nehrener SPD-Ortsvereinsvorsitzende Thomas Puchan als Organisator der Schwanenabende hatte schließlich einen Appell mitunterzeichnet, in dem einige seiner Parteikollegen mehr Diplomatie in Sachen Russland einforderten.

Immer wieder klang dabei in Nehren auch Medienkritik an. Stimmen wie die von Matthias Platzeck würden vermeintlich nicht gehört werden, gar medial unterschlagen, klagte Puchan. Eine pauschale Form der Medienschelte, die leider inzwischen immer häufiger laut und oft widergesprochen zu hören ist. Und die trotzdem nicht stimmt. Schließlich waren beispielsweise Sarah Wagenknecht und Co. aus Talkshows nicht wegzudenken. In Sachen Ukraine-Krieg haben diese ebenfalls kontroverse Ansichten, welche die Mehrheit der Deutschen nicht teilt. Und darum geht es bei dieser Medienschelte wohl im Kern: Statt zu akzeptieren, dass die Mehrheit es anders sieht, gibt man lieber »den Medien« die Schuld, welche andere Meinungen angeblich unterdrücken würden.

Dabei gehört der Diskurs zur Demokratie. Und zur Medienlandschaft. Und gerade deshalb darf man auch Matthias Platzeck widersprechen. Etwa dessen Argument, der Westen gäbe für Militär wesentlich mehr Geld aus als Russland. Das stimmt - und stimmt doch nicht. Rüstungsbetriebe sind in Russland zumeist Staatsbetriebe, Waffen werden weitaus billiger hergestellt als im Westen und auch die Soldaten der russischen Armee verdienen einen Bruchteil des Geldes ihrer westlichen Kameraden. Und wenn Platzeck die Angst vor einem Atomkrieg schürt, wenn die NATO »Russland bis hinter den Ural zurückwirft«, sollte die Frage erlaubt sein: Will die NATO das überhaupt? Und wäre das politisch in westlichen Demokratien auch nur ansatzweise durchsetzbar? Die Antwort ist ein klares Nein. Gleiches gilt, wenn Platzeck den baltischen Staaten mit auf den Weg gibt, durch ihre Nähe zu Russland müssten sie mit einem »natürlichen Gefahrenpotenzial« zu lernen leben. Die NATO als Verteidigungsbündnis gibt andere Antworten. Die auch die Ukraine sich wünscht. Zurecht. (GEA)