TÜBINGEN. Integration auf dem Arbeitsmarkt, so Tübingens Landrat Joachim Walter, sei ein entscheidender Faktor, um die aktuelle Flüchtlingskrise zu bekämpfen. Für die Geflüchteten sei der Erwerb der deutschen Sprache unumgänglich. Die Sprache erlerne man am besten, »wenn man dazu gezwungen ist, sie zu sprechen. Wir wollen, dass sich die Menschen im Alltag verständigen können«, so der Landrat. Auf diese Weise könnten Flüchtlinge ihre in der Heimat erworbenen Fähigkeiten erhalten.
Sven Jäger, so der Landrat, habe sich als Koordinator für Integration in den Arbeitsmarkt im Reutlinger Landratsamt für den Job als Leiter der neuen Abteilung Flucht und Integration im Tübinger Landratsamt qualifiziert. Jäger selbst betonte: » Ich möchte Geflüchtete so schnell wie möglich in Arbeit bringen.« Das, so der neue Abteilungsleiter im Tübinger Landratsamt, solle weitgehend entbürokratisiert passieren.
Eine vergleichbare Abteilung sei von anderen Landratsämtern bereits in den Jahren 2015/16 eingerichtet worden, sagte Landrat Walter: »Wir waren zurückhaltender, wir wollten schauen, wie sich die Flüchtlingskrise entwickelt.« Der entscheidende Auslöser für ihn sei der ungewisse Ausgang des Kriegs in der Ukraine – sollte das Land unterliegen, könnten neun bis zehn Millionen Menschen nach Europa strömen, so der Tübinger Landrat.
Sven Jäger kommt aus der Sozialarbeit. Er arbeitete lange an einer Schule in Münsingen. Dort habe es viele Kinder gegeben, deren Familien aus Russland nach Deutschland gezogen waren. Vor acht Jahren übernahm er die Stelle als Koordinator für Integration in den Arbeitsmarkt im Reutlinger Landratsamt. Er habe seinen neuen Job in Tübingen »voller Vorfreude« angetreten, sagte Jäger. In seinen ersten Arbeitstagen habe er sich die Flüchtlingsunterkünfte angeschaut. Eine, die neben dem Landratsamt, hat er täglich vor Augen – von seinem neuen Arbeitszimmer aus.
Zu den Aufgaben der neuen Abteilung gehört zum einen, Geflüchtete unterzubringen und sie sozial zu betreuen. Zum anderen gesellen sich flankierende Maßnahmen hinzu, etwa Integrationsmanagement, die Gewährung von Asylbewerberleistungen, oder die Beratung von Menschen, die in ihre Heimat zurückkehren möchten. Bislang waren diese Aufgabenfelder im Bereich des Amts für Jugend und Soziales angesiedelt. Diese wuchs seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 auf 180 Kolleginnen und Kollegen an.
Das Amt Jugend und Soziales wuchs so zum personenstärksten Bereich im Landratsamt an. Sein Leiter Sebastian Heck betonte: »Durch die Umstrukturierung werden Ressourcen frei.« Mit der neuen Abteilung Flucht und Integration, mit zwei zusätzlichen Stellen ausgestattet, solle eine Struktur etabliert werden, die flache Hierarchien ermögliche – um Maßnahmen schnell und effektiv umsetzen zu können.
Sven Jäger will folgende Pläne verfolgen: Er möchte eine Jobmesse für Asylbewerber und andere Geflüchtete einrichten. Diese sollen in Firmen hospitieren und ein maximal sechs Wochen dauerndes Betriebspraktikum absolvieren können. Die letzte Jobmesse, die er in Trochtelfingen für das Landratsamt Reutlingen organisierte, habe 120 Menschen in Beschäftigung gebracht. Jäger stellte fest: »Viele Menschen aus der Ukraine möchten gerne einen Pflegeberuf ausüben.«
Für die Klienten ändere sich wenig. In der Regel seien die bisherigen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter weiter für sie zuständig. Die neue Abteilung Flucht und Integration gliedere sich in vier Sachgebiete: Eins kümmere sich um Leistungen für Asylbewerber und die Beratung für Rückkehrwillige. Die drei anderen Abteilungen seien in die drei Regionen des Landkreises aufgeteilt: Tübingen, Rottenburg und Mössingen.
Die Koordinationsstelle Integrationsmanagement, als Verbindung zu Ehrenamt und Fachdienst ist der Abteilungsleitung direkt zugeordnet. Dasselbe gilt für die Integrationsbeauftragte des Landkreises, die sich weiterhin um Aufgaben wie die Integrationsplanung oder die Organisation von Deutschkursen kümmert. Die neue Abteilung ist unter der zentralen E-Mail-Adresse flucht-integration@kreis-tuebingen.de und unter 07071/207-2202 zu erreichen. (GEA)