Logo
Aktuell Zensus

Mössingen legt bei der Einwohnerzahl kräftig zu

Städte und Gemeinden warten auf amtlichen Bescheid zur jüngsten Volkszählung. Das Ergebnis dient unter anderem als Basis für Steuerzuweisungen.

Klingeltaster eines Wohnhauses
Klingeltaster eines Wohnhauses. (Symbolbild) Foto: dpa
Klingeltaster eines Wohnhauses. (Symbolbild)
Foto: dpa

TÜBINGEN. »Hirrlingen und Dußlingen gewinnen. Alle anderen verlieren«, lautete die Nachricht im Jahr 2013. Diesmal muss es heißen: »Überall ein Minus. Nur Mössingen und Rottenburg legen kräftig zu«. Die Ergebnisse stehen seit wenigen Tagen im Netz. Die Gemeinden warteten gestern aber noch auf den offiziellen Bescheid.

Fakt ist: Jeder Einwohner bringt Bares. Daran hat sich nichts geändert. Die Zuweisungen des Landes bemessen sich nach der Einwohnerzahl. 2013 hat man als Größenordnung etwa 1.000 Euro pro Einwohner im Jahr als Rechengröße eingesetzt.

»Der Zensus war das teuerste Ereignis der Tübinger Stadtgeschichte«

»Der Zensus war das teuerste Ereignis der Stadtgeschichte«, hatte OB Boris Palmer damals über die Auswirkungen der Zählung geklagt. Tübingen bekam seither jedes Jahr neun Millionen Euro weniger. Die Einwohnerzahl ist Basis für Steuerzuweisungen. Die Unistadt hatte plötzlich 5.700 Einwohner weniger als gedacht. Diesmal ist die Differenz kleiner, aber auch nicht wirklich erfreulich.

Wer die im Netz veröffentlichen Tabellen zum Zensus durchstöbert, merkt gleich: Das ist eine Wissenschaft für sich. Und für Tübingen wurde der Wert nachträglich noch mal um 26 Einwohner korrigiert. Teilweise sind nicht mal die Ortsnamen angegeben. Dafür steht da der zwölfstellige amtliche Gemeindeschlüssel. Für Kirchentellinsfurt lautet dieser 084160022022. Alles klar? Dann kann die Suche beginnen.

Wer sich wundert, dass bei vielen Gemeinden die Zahlen niedriger sind als nach der Fortschreibung zu erwarten, der muss berücksichtigen, dass auch Baden-Württemberg insgesamt in der Fortschreibung einen Bevölkerungs-Verlust verbucht. Damit liegt man also im Trend.

Thomas Hölsch, Mitglied im Präsidium des Gemeindetags und Sprecher der Bürgermeister im Landkreis, plädiert dafür, erst mal die amtlichen Feststellungsbescheide abzuwarten. Die sollten in diesen Tagen verschickt werden. Gestern waren sie noch nicht eingetroffen.

Danach will man das Ergebnis in Dußlingen wie in anderen Orten mit den eigenen Zahlen vergleichen und gegebenenfalls seine Schlüsse ziehen. 2013 war Dußlingen bei den Gewinnern (plus 34). 2024 sieht’s nach einem deutlichen Minus aus. Hölsch weiß: 2025 spielt die neue Berechnungsgrundlage zwar schon eine Rolle, kommt aber noch nicht voll zum Tragen. Erst 2026 schlägt es dann voll durch.

Eines ist anders als beim vorigen Mal. Weil die Bevölkerungszahl insgesamt nicht so gewachsen ist, wie nach der Fortschreibung zu erwarten, könnte das Ergebnis der Rechnung diesmal auch untterschiedlich ausfallen. »Weniger Einwohner gleich weniger Geld – das muss diesmal nicht stimmen«, sagt Hölsch.

In Mössingen sieht die Sache diesmal jedenfalls uneingeschränkt positiv aus. Die Steinlachstadt verzeichnete 2013 ein dickes Minus von 520 Einwohnern. Damit fehlten im städtischen Haushalt zum großen Ärger von OB Michael Bulander Jahr für Jahr 520.000 Euro. Einige fürchteten kurz sogar um den Status der Großen Kreisstadt.

»Weniger Einwohner gleich weniger Geld muss diesmal nicht stimmen«

Deswegen ging man 2019 her und nutzte die Möglichkeit, die Großen Kreisstädten mit weniger als 30.000 Einwohnern eingeräumt wurden. Man richtete eine eigene kommunale Erhebungsstelle für den anstehenden Zensus ein und stellte Personal- und Sachmittel bereit. Nach den im Netz verfügbaren Zahlen liegt Mössingen nun bei einem Plus von 790 Einwohnern gegenüber der Fortschreibung – und ist der große Gewinner im Landkreis.

Für Mössingen dürfte damit jeder Grund zur Klage entfallen. 2013 war das anders. Mössingen verwies auf erhebliche Nachteile und erhob Widerspruch. Ebenso Ofterdingen, das laut Statistischem Landesamt plötzlich 39 Bürger weniger hatte.

In Gomaringen und Nehren hielt man die Differenz damals für zu gering, als dass sich der juristische Aufwand gelohnt hätte. Dort akzeptierte man das Ergebnis – und ersparte sich die spätere Enttäuschung. Jede vierte Gemeinde in Baden-Württemberg erhob Widerspruch gegen den Zensus. Die Klagen wurden jedoch alle abgewiesen. (GEA)

 

FAST LAUTER VERLIERER

Die Einwohnerzahl zum Stichtag im Jahr 2022 nach dem Zensus. In Klammern die Differenz zur Fortschreibung, mit der die Gemeinden gerechnet hatten. Tübingen 90.525 (-1.909)Dußlingen 6.087 (-233)Bodelshausen 5.698 (-190)Gomaringen 9.054 (-185)K’furt 5.508 (-185)Nehren 4.436 (-157)Kusterdingen 8.636 (-147)Ofterdingen 5.317 (-115)Ammerbuch 11.329 (-50)Rottenburg44.954 (+594)Mössingen 21.593 (+790)