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Aktuell Ehrenamtliche Retter

Vor 25 Jahren rückten die ersten Helfer vor Ort in Kirchentellinsfurt aus

Gegen einige Widerstände wurden vor 25 Jahren die ersten Helfer vor Ort beim DRK Kirchentellinsfurt-Kusterdingen ausgebildet. Beim Festakt zum Jubiläum war zu erfahren, wie erfolgreich der Dienst mittlerweile ist.

Helfer vor Ort sind oft da, bevor der Rettungsdienst eintrifft. In Kirchentellinsfurt konnten so schon einige Leben gerettet wer
Helfer vor Ort sind oft da, bevor der Rettungsdienst eintrifft. In Kirchentellinsfurt konnten so schon einige Leben gerettet werden. Foto: Matthias Raster/DRK
Helfer vor Ort sind oft da, bevor der Rettungsdienst eintrifft. In Kirchentellinsfurt konnten so schon einige Leben gerettet werden.
Foto: Matthias Raster/DRK

KIRCHENTELLINSFURT. Helfer vor Ort sind in einem Notfall oft als erste zur Stelle. Dann, wenn jede Minute zählt. Noch bevor der Rettungsdienst eintrifft, reanimieren sie, stillen Blut, leisten erste Hilfe und beruhigen die Betroffenen. Sie bleiben oft noch da, wenn der Rettungswagen schon abgefahren ist, erzählte der Kirchentellinsfurter DRK-Bereitschaftsleiter Matthias Raster. Sie betreuen Angehörige solange, bis professionelle Hilfe oder ein Familienmitglied kommt. »Wir haben auch schon bei Babys Windeln gewechselt«, sagte Raster.

Selbstverständlich ist das nicht. Vor 25 Jahren, als der DRK-Vorsitzende Carsten Gutbrod die Idee zu den Helfern vor Ort in Kirchentellinsfurt hatte, war es gar nicht so einfach, den Dienst einzuführen. »Uns wurden viele Steine in den Weg gelegt«, berichtete Gutbrod am Donnerstagabend beim Festakt für die Helfer vor Ort. Der Rettungsdienst fasste damals die Idee als Kritik an seiner Arbeit auf. Andere wiederum bezweifelten die Kompetenz der Helfer. Dabei hatte die Gründung einen ganz konkreten Anlass: Ein Kind war gestorben, weil es zu spät reanimiert wurde, wenige Meter entfernt vom damaligen Standort des Kirchentellinsfurter DRKs.

Kirchentellinsfurt war einer der Vorreiter

Gutbrod hat das keine Ruhe gelassen. So etwas sollte in seinem Ort nie wieder geschehen. Auch gegen Widerstände gingen die Helfer vor Ort an den Start. Damit war Kirchentellinsfurt einer der Vorreiter im DRK-Kreisverband Tübingen. Nur in Dettenhausen gab es vor 25 Jahren schon Ersthelfer.

Nach einem Einsatz bei einen Hochhausbrand mit 15 Verletzten in Kirchentellinsfurt und zwei erfolgreichen Reanimationen kam die Akzeptanz des Dienstes, berichtete Gutbrod. Vor zehn Jahren wurden auch in Kusterdingen und den Teilorten Helfer vor Ort etabliert. Heute zählt das DRK rund 640 Einsätze im Jahr. Im Schnitt werden also zwei Mal am Tag Ersthelfer gerufen. Und sie kommen zuverlässig. Am Tag oder in der Nacht. Als »wichtige Säule in der Rettungskette«, so der DRK-Kreisgeschäftsführer Martin Gneiting.

Mit Rasierschaum im Gesicht losgefahren

Es sind Menschen, »die nachts um drei den Funkmelder hören, keine Ausreden finden, sondern sich ins Auto setzen, die Notfalltasche greifen und losfahren«, beschrieb es Raster. Einer der Helfer war gerade dabei, sich zu rasieren, als der gerufen wurde. Noch mit Rasierschaum im Gesicht sei er losgefahren. Die Hilfeleistung war perfekt, erzählt der Bereitschaftsleitung. Und die Angehörigen verblüfft, dass jemand sofort den Rasierer aus der Hand legt und los eilt, um zu helfen.

Über 25 Helferinnen und Helfer sind derzeit beim DRK-Ortsverein Kirchentellinsfurt-Kusterdingen im Einsatz. Der Donnerstagabend war vor allem ein Dankeschön an die selbstlosen ehrenamtlichen Helfer. Was es heißt, sich auf diese Weise zu engagieren, konnten Besucher am Abend erleben: Ein Teil von ihnen stürmte noch während des Festakts zu zwei Einsätzen los.

Zivilcourage und Menschlichkeit

»Herzblut, Opferbereitschaft und Mut« erfordere der Dienst, sagte Peter Beckert. Der Kirchentellinsfurter CDU-Gemeinderat sprang als stellvertretender Bürgermeister ein, da Bernd Haug erkrankt war. Bei den Helfern vor Ort bedankte er sich für deren Zivilcourage und Menschlichkeit. »Sie sind Menschen, auf die man sich verlassen kann mit einem tiefen Verantwortungsgefühl für das Leben.« Beckert erinnerte auch an die Zeit, als das Kirchentellinsfurter DRK noch in zwei Garagen untergebracht war. 2018 war das zu Ende. Das Heim am Faulbaum konnte bezogen werden. »Hoch qualifiziert und engagiert« sei die Kirchentellinsfurter DRK-Einheit, lobte Beckert. Danke an die Helfer vor Ort sagte auch Elvira Hornung, die als stellvertretende Bürgermeisterin von Kusterdingen da war. In ihrer Gemeinde gibt es seit zehn Jahren Helfer vor Ort. Das soll im Herbst noch einmal gesondert gefeiert werden. (GEA)

Über 4.000 Einsätze innerhalb von 25 Jahren

Vor 25 Jahren gingen die ersten Helfer vor Ort in Kirchentellinsfurt in Einsatz. Vor zehn Jahren kamen Helfer in Kusterdingen und den Teilorten dazu. Mittlerweile haben sie mehr als 4.000 Einsätze absolviert und der Bedarf wächst. Anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums gibt es am Sonntag, 6. Juli, einen Tag der offenen Tür beim DRK am Kirchentellinsfurter Faulbaum. Der Tag beginnt mit einem Gottesdienst um 10 Uhr. In Kusterdingen wird gesondert gefeiert. Und zwar am 27. und 28. September.

Vergangenes Jahr zählte Bereitschaftsleiter Matthias Raster genau 637 Einsätze, 2019 waren es noch 480. Nur zur Coronazeit rückten die Helfer kurzfristig seltener aus. Drei Monate lang galt ein Verbot aufgrund von Ansteckungsgefahr. Der stetig wachsende Bedarf an Helfern vor Ort begründet Raster in erster Linie mit der alternder Bevölkerung.

Als der Dienst gegründet wurde, bestand der Ortsverein aus zehn Aktiven. Damals habe die Aufgabe des DRK in erster Linie daraus bestanden, Sanitätsdienst am Fußballfeld zu leisten, so Raster. Das hat sich deutlich geändert. Mittlerweile engagieren sich 70 Menschen bei DRK. Die rund 25 Helfer vor Ort rücken zuverlässig aus. Bei hundert Prozent der Alarmierungen in Kirchentellinsfurt waren sie sofort da. Ähnlich gut ist die Quote in Kusterdingen. (iwa)