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Aktuell Ungeziefer

Stechmücken in der Region Neckar-Alb auf dem Vormarsch

Gewitter, heftiger Platzregen, aber auch der ein oder andere Schauer haben in den letzten Wochen für Brutstätten von Stechmücken in der Region Neckar-Alb gesorgt. Der GEA hat den Tübinger Biologen und Stechmückenexperten Dr. Alfons Renz gefragt, wo die Hotspots der Mücken sind.

Stille und stinkende Gewässer bevorzugen bestimmte Stechmücken als Brutstätte für ihre Nachkommen. Zudem fühlen sie sich im wärm
Stille und stinkende Gewässer bevorzugen bestimmte Stechmücken als Brutstätte für ihre Nachkommen. Zudem fühlen sie sich im wärmer werdenden Deutschland bei hohen Temperaturen wohl. Foto: Gustavo Amador/dpa
Stille und stinkende Gewässer bevorzugen bestimmte Stechmücken als Brutstätte für ihre Nachkommen. Zudem fühlen sie sich im wärmer werdenden Deutschland bei hohen Temperaturen wohl.
Foto: Gustavo Amador/dpa

REUTLINGEN/TÜBINGEN. Erste Tests mit Mückenfallen hätten ihm jüngst zwei Befürchtungen bestätigt, sagt Dr. Alfons Renz, Biologe und Mückenexperte am Institut für Evolution und Ökologie der Uni Tübingen: »In den Fallen waren vergleichsweise viele Tiere und unerwartet zahlreiche unterschiedliche Arten.« Das ließe darauf schließen, dass auch in diesem Jahr ein Mückensommer zu erwarten sei, sagt er im Gespräch mit dem GEA. Renz schätzt, dass in der Region etwa um die 50 verschiedene Arten von Stechmücken umherschwirren: »Dazu gehören unter anderem Kriebelmücken, Gnitzen, Bremsen, Ringelmücken oder Wadenstecher.«

Gerade die Kriebelmücken seien nicht zu unterschätzen. Deren Stiche seien nicht nur nervig und unangenehm für Menschen, sie könnten durchaus für eine Gefahr für Nutztiere auf der Weide werden. »Es gab eine Art Massenangriff im Donaugebiet in Osteuropa. Dort waren dutzende Rinder nach Stichen umgekommen. Auch in Nordrhein-Westfalen und am Fluss Iller in Bayern soll es Fälle von toten Weidetieren durch Kriebelmücken gegeben haben«, so Renz.

Lachen, Pfützen und kleine Tümpel als ideale Brutstätte

Doch zurück in die Region Neckar-Alb: Hier erwarte er zwar keinen Massenangriff von aggressiven Kriebelmücken, aber Stechmücken aller Art vermehrten sich gerade merklich. Dabei gelte es vor allem auf die Gebiete um den Kirchentellinsfurter See und den Neckar entlangzublicken. Gerade bei Pliezhausen biete der Fluss gute Voraussetzungen für eine massenhafte Vermehrung der Plagegeister. Denn dort bildeten sich an den Ufergebieten nach Regenfällen häufig Lachen, Pfützen und kleine Tümpel, die als ideale Brutstätte für die sogenannten Überschwemmungsmücken gelten. »Bestimmte Arten der Stechmücken benötigen solche Brutstätten. Beispielsweise die sogenannten Aedes, was übrigens im Altgriechischen lästig und unangenehm bedeutet«, erklärt Renz.

Aber auch abseits der Flusstäler fänden Stechmücken gerade jetzt gute Brutstätten: »Ich habe das auf landwirtschaftlichen Gebieten beobachtet, beispielsweise auf den Härten bei Kusterdingen«, berichtet Renz. Hier seien es offene Jauchegruben. Solche, die nicht gedeckelt seien. Diese gebe es nicht nur auf den Härten und sie zögen bestimmte Arten von Stechmücken durch ihren speziellen Geruch geradezu magisch an. »Diese Orte nutzen sie zur Eiablage.« Andere Stechmückengattungen, von denen es wiederum hunderte Unterarten gebe, legen laut dem Tübinger Biologen ihre Eier an oder in Baumstämme.

Mittel, um Stechmücken fernzuhalten und zu bekämpfen

Renz widerspricht der Annahme, Gartenteiche seien Brutstätten für Stechmücken. Bei biologisch intakten Teichen hätten die Mücken genügend Fressfeinde dort und könnten sich nicht übermäßig vermehren. Für Gartenbesitzer empfiehlt er dennoch die Anschaffung des biologischen Insektenmittels Bacillus thuringiensis (Bti): »Das Bti ist die Allzweckwaffe gegen Mückenplagen. Das für den Menschen völlig ungefährliche Mittel wird auch im großen Stil von den Stechmückenjägern am Oberrhein eingesetzt und sogar per Hubschrauber ausgebracht.« Es ist im Handel erhältlich.

Trotz all dieser Vorzeichen, erwartet der Tübinger Mückenfachmann keine Plage, aber eine große Anzahl an Tieren: »Das wechselt von Jahr zu Jahr bei der Ausbreitung und der Intensität.« Dennoch empfiehlt er den Menschen in der Region, sich mit ausreichend »Schmiermittel« gegen Mückenangriffe auszustatten. Die gängigen Sprays und Cremes im Handel würden zwar wirken und Stechmücken zunächst abhalten, sich auf die menschliche Haut zu setzen und zum Stichangriff überzugehen, doch die Wirkung der sogenannten Repellents lasse zu schnell nach: »Der zentrale Wirkstoff ist Diethyltoluamid (DEET). Dieser ist nach meiner Einschätzung in den gängigen Mitteln zu gering dosiert.« Renz empfiehlt deshalb, die Mittel wie Autan oder Antibrumm häufiger aufzutragen. Oder zu Produkten zu greifen, die eine höhere Dosierung des DEET oder des Wirkstoffes Icaridin enthalten. In der Apotheke gebe es entsprechende Produkte. (GEA)