KUSTERDINGEN. Kämmerin Heidi Hahn verlässt nach rund acht Jahren die Gemeinde Kusterdingen. Hahn, die eigentlich bereits am 13. Juni ihren letzten Arbeitstag im Kusterdinger Rathaus hatte, war am Mittwochabend eigens zur Gemeinderatssitzung gekommen, um sich von der Gemeinde und dem Gremium zu verabschieden. Zuvor hatte sie allerdings noch eine letzte Amtshandlung durchzuführen. Gemeinsam mit Bürgermeister Dr. Jürgen Soltau stellte sie sich beim Tagesordnungspunkt »Kenntnisnahme des Prüfberichts« den Gemeinderäten. Diese hatten zuvor den rund 50-seitigen Prüfbericht über die Finanzverwaltung der Jahre 2017 bis 2021 der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) erhalten.
Prüfung aus Personalmangel unterbrochen
Hinter dem Prüfbericht steht ein langer Prozess. 2023 musste die Prüfung aufgrund des Personalmangels im Kusterdinger Rathaus gar unterbrochen werden. Anschließend habe die Verwaltung nach dem Erhalt des Prüfberichts »kurzfristig reagieren müssen«, erklärte Hahn dem Gremium. Offenbar geht es um Summen, welche die Gemeinde von Gläubigern zurückerhalten kann - weitere Details wurden nicht bekannt. Bürgermeister Soltau erklärte nur, dass niemand im Rathaus Geld in die eigene Tasche gewirtschaftet habe. Es sei aber Geld unnötig ausgegeben worden. Dieses Geld will die Gemeinde offenbar zurückverlangen. Viele weitere Kritikpunkte der GPA seien auf Formfehler zurückzuführen, die Soltau teils mit dem genannten Personalmangel und sich ändernder Rechtslagen zu erklären versuchte. Öffentlich gemacht wurde der Bericht durch die Gemeinde nicht.
Gemeinderat Jens Deichmann (CDU) kritisierte, dass den Ratsmitgliedern nur knapp eine Woche Zeit gegeben worden sei, den 50-seitigen Prüfbericht zu verarbeiten. »Da fühlte ich mich schon erschlagen«, kommentierte Deichmann. Soltau konterte, dass die Gemeindeverwaltung den Bericht, den sie im Juni 2024 von der GPA erhalten habe, nicht unkommentiert weitergeben wollte: »Wir wollten unbedingt eine Stellungnahme der Verwaltung mitschicken, die die Dinge einordnet. Unkommentiert hätte der Bericht nur für Unruhe gesorgt.« Außerden habe die Gemeinde den Bericht selbst erst auswerten und teils auf den Inhalt desselben reagieren müssen - aufgrund gesetzlicher Fristen sei nun die Kenntnisnahme durch den Gemeinderat kurzfristig erforderlich. Was letztlich auch geschah. Die Zahlen der Vergangenheit werden das Gremium auch in Zukunft noch beschäftigen: So stehen die Jahresabschlüsse für 2022 bis 2024 noch aus, wie Gemeinderätin Vera Ambros (Härtenliste) feststellte. »Wir sollten nicht immer so einen Berg vor uns herschieben«, kritisierte Ambros.
Lissy Kuntzsch übernimmt
Darum wird sich künftig Lissy Kuntzsch federführend kümmern. Die stellvertretende Kämmerin, die erst im April ihren Dienst in Kusterdingen angetreten hat, wird nun die Nachfolge von Heidi Hahn übernehmen. Hierzu wird sie um Aufgaben im Personalamt entlastet, die künftig im Hauptamt organisiert werden. Bürgermeister Soltau dankte Hahn bei ihrer Verabschiedung für ihr Engagement, dass die 32-Jährige bis »zur Grenze der persönlichen Belastung« gebracht hätte.
GPA-Bericht: Nicht zur Veröffentlichung verpflichtet
Der Bericht der Gemeindeprüfungsansalt (GPA) ist nicht öffentlich zugänglich – und auch die Gemeinderäte konnten nur auf Verlangen Einsicht in das ganze Werk erhalten. Dies ist rechtens, wie Andreas Junt, Vizepräsident der GPA, auf GEA-Anfrage bestätigt. Demnach muss nur ein "Grundteil" den Gemeinderäten direkt zugestellt werden, um die Kenntnisnahme zu ermöglichen. Ob die Kommunen im Land die Berichte weitergehend veröffentlichen, ist ihnen überlassen. "Das wird im Land sehr unterschiedlich gehandhabt", erklärt Junt. Sicher ist: gravierende Verstöße würde die GPA an das jeweilige Landratsamt als Rechtsaufsichtsbehörde mitteilen. Eine Veröffentlichung des Berichts wäre indes mit Aufwand verbunden, so müssten etwa die Namen der Prüfer geschwärzt werden. (ath)
Hahn habe in der Kämmerei nie mit einer vollen Stellenbesetzung arbeiten können und habe dies durch einen hohen persönlichen Einsatz mit hunderten Überstunden immer wieder ausgeglichen. Der Bürgermeister erwähnte dabei auch den »dauerkranken« Stellvertreter, der bis zu seinem Ausscheiden quasi keine Unterstützung für Hahn leistete. »Sie haben einen großen Anteil an unserer unterdurchschnittlichen Verschuldung«, lobte Soltau dagegen die scheidende Kämmerein, die aus persönlichen Gründen die Gemeinde nach einem Umzug verlässt. Hahn selbst blickte auf eine erfolgreiche Karriere in Kusterdingen zurück. »Ich werde immer an Kusterdingen denken«, versprach die 32-Jährige. (GEA)